Jerry Cotton - 0554 - Das Geheimnis der Millionenbande
bis zu den Telefonzellen. Der Betrieb auf dem Rummelplatz lief auf vollen Touren. Ich mußte das Tempo des Wagens stark drosseln. Die Leute, die dem Jaguar ausweichen mußten, fluchten. Ich hielt an und stieg aus.
Der Hauptweg der Plaza war verstopft von Menschenmassen, die sich langsam an den Schaubuden und Karussells vorbeischoben. Ich kämpfte mich durch. Die Youth-Dancing-Hall lag etwa in der Mitte der Hauptstraße. Über die Frontseite liefen Kaskaden von Neonlicht und schrien in roten und blauen Buchstaben: »Beat! Fun! Beat!« Eine Gruppe von Jugendlichen blockierte den Eingang. Ich räumte zwei Lederjacken aus dem Weg, und sie waren so überrascht, daß sie nicht einmal Streit begannen.
Die kreisrunde Tanzfläche war gestopft voll von tanzenden Jugendlichen. Hämmernder Beat drohte die Trommelfelle zu sprengen, und der Sänger, der sich am Mikrofon wand, als erhielte er elektrische Schläge, kreischte Wort- und Tonfetzen heraus.
Unmittelbar an der Tanzfläche stand ein Mann, sah mich an und machte eine Kopfbewegung in Richtung auf eine der Theken. Ich schob mich an den Tischen auf die Theke zu, und als ich auf zwanzig Schritte herangekommen war, sah ich den Kunstschützen. Er wandte mir den Rücken zu, hatte den Kopf in den Nacken gelegt und trank aus einem Glas. Er setzte es ab, und wie ein Tier, das die Witterung des Feindes wahrgenommen hat, wandte er sich mit einem Ruck um. Wir blickten uns genau in die Augen. Seine Finger öffneten sich; das Glas, das er in der Hand gehalten hatte, zerschellte auf dem Boden.
***
Diane Jagg schloß die Tür ihrer kleinen Wohnung auf. Sie hörte, daß das Telefon läutete, und beeilte sich. Mit drei langen Sätzen durchquerte sie die Diele, stürzte in den Wohnraum und hob den Hörer ab. »Hier Diane Jagg«, sagte sie.
»Endlich, Miß Jagg!« flüsterte eine Frauenstimme. »Seit zwei Stunden versuche ich, Sie zu erreichen.«
»Wer sind Sie?« fragte Diane.
»Hattie Doukas! Sie müssen sofort kommen. Ich habe etwas… Wichtiges entdeckt.«
Eine Sekunde lang wußte Diane nicht, wer Hattie Doukas war. Dann fiel ihr die rothaarige Sekretärin ein.
»Worum handelt es sich, Miß Doukas?« fragte sie kühl.
»Bitte, können Sie sofort in die Bank kommen? Ich bin von Mrs. Cabbrey dazu verdonnert worden, gewisse dringende Aufstellungen abzuschreiben. Bitte, kommen Sie doch! Ich muß Ihnen etwas zeigen, das ich gefunden habe.«
»Können Sie es mir nicht am Telefon erklären?«
»Ja und nein. Hören Sie, Miß Jagg! Ich durchstöberte Howards Schreibtisch. Ich tat es aus Eifersucht. Howard hat mir versprochen, mich zu heiraten, aber ich weiß, daß er mit anderen Mädchen… Nun, das tut nichts zur Sache. Ich fand eine Kassenabrechnung, aus der hervorgeht, daß Howard sich vierzigtausend Dollar auszahlen ließ, und zwar einen Tag, bevor Forest verschwand. Verstehen Sie die Bedeutung dieser Abrechnung? Howard und Forest haben auf irgendeine Weise gemeinsame Sache gemacht, und es ist möglich, daß Howard den Kassierer…« Sie brach in Schluchzen aus. »Der Gedanke ist zu schrecklich.«
»Sind Sie allein in der Bank?«.
»Der Wächter ist hier. Er wird Sie hereinlassen.«
»Gut, ich komme, Miß Doukas. Vielen Dank für den Anruf!«
Diane legte auf. Sie besaß einen Gerätekoffer, und sie entnahm ihm eine kleine Kamera und ein Blitzlichtgerät, das nicht größer war als ein Daumen. Sie dachte, daß es wichtig sein könnte, die Listen zu fotografieren.
Als ihre Hand schon auf der Türklinke lag, fiel ihr etwas ein, und sie kehrte noch einmal um. Sie rief beim FBI an und bat, mit Jerry Cotton verbunden zu werden. Sie erhielt die Auskunft, daß Cotton sich in einem Einsatz befände und nicht zu erreichen wäre.
»Bitte, sagen Sie ihm, daß Diane Jagg um seinen Anruf bittet.«
»Es ist nicht bekannt, wann Special Agent Cotton zurückkommen wird.«
»Hinterlassen Sie, daß er auf jeden Fall anrufen soll. Der Zeitpunkt spielt keine Rolle!« Sie nannte noch einmal ihre Nummer. Dann legte sie auf, ließ die Gabel wieder hochschnellen und wählte die Nummer des Telefondienstes. »Bitte, übernehmen Sie meinen Anschluß! Wenn angerufen wird, geben Sie dem Anrufer die Auskunft: Diane Jagg befindet sich zur Zeit in der Cabbrey-Investitions-Bank. Vielen Dank!« Sie verließ die Wohnung, fand ein Taxi und ließ sich zur 34. Straße fahren. Hinter den Fenstern der Bank schimmerte kein Licht. Diane entdeckte vor dem Gitter, das den Haupteingang verschloß, eine Klingel. Sie
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