Jerry Cotton - 0558 - Ballett mit Maschinenpistolen
drei Namen stehen. Fillipin, Stuck und Klimp. Diese drei Namen können jetzt gestrichen werden. Und die ›Star of Yucatan‹ schwimmt jetzt schon fast im Atlantik. Ich meine, wir haben jetzt Zeit, um alle Zusammenhänge zu prüfen.«
»Schreibtischarbeit«, stöhnte Phil. »Und wir können nicht einmal etwas dagegen unternehmen. Für die ›Star of Yucatan‹ besteht wirklich keine Gefahr mehr!«
Auch ich nickte zu dieser Feststellung.
***
Am Abend dieses ereignisreichen Tages ging die Sonne 23 Minuten nach acht Uhr Ortszeit unter. Knapp 30 Minuten später war es auf hoher See stockdunkel.
Schemenhaft leuchtete der breite weiße Streifen des von der »Star of Yucatan« aufgewühlten Kielwassers aus der blauen Dunkelheit. Vom wolkenlosen Himmel leuchteten die Sterne.
Die »Star of Yucatan« befand sich im Atlantik, etwa 80 Seemeilen westlich der Küstenstadt Asbury Park im Staate New Jersey. Ihre genaue Position war 40 Grad 1 Sekunde nördlicher Breite und 72 Grad 11 Sekunden westlicher Länge. Der Dampfer lief mit einer Geschwindigkeit von rund zwölf Knoten nach Osten.
Der Matrose Ralph Cornwall, der zur Zeit Freiwache hatte, lehnte an der Reling auf dem A-Deck am Heck des Schiffes. Er starrte in die Nacht hinaus und dachte zurück an Annie, das Girl aus der McLean Avenue in der Bronx.
Ralph Cornwall spuckte in die aufgewühlte See und lachte.
Annie würde er nie vergessen, sie war sein abenteuerlichstes Girl überhaupt. Denn die McLean Avenue in der Bronx befindet sich genau am nördlichsten Punkt New Yorks. Die »Star of Yucatan« aber hatte ziemlich weit im Süden Manhattans gelegen. Cornwall hatte bis 5.30 Uhr morgens Landurlaub gehabt.
Er lachte leise, als er daran dachte.
Um 4.45 Uhr hatte er sich von Annie getrennt. Und…
Der Seemann zuckte zusammen. Annie aus der Bronx war plötzlich vergessen.
Deutlich hatte Ralph Cornwall einen unterdrückten Schrei und einen schweren Fall gehört.
Er fuhr herum und lauschte.
Ganz von ferne tönten Musikfetzen herüber. Cornwall wußte, daß sie aus dem Salon vom Promenadendeck kamen. Dort spielte die Wallpaper Big Band. Tafelmusik zum ersten großen Essen für die Passagiere und die von Mr. Urban ebenfalls eingeladenen Schiffsoffiziere.
Das Essen war der Auftakt für den ersten der drei rauschenden Gala-Abende an Bord. Abende, die bis in die Morgendämmerung dauern würden. Und vielleicht noch etwas länger.
Von irgendwo hallte ein girrendes Lachen durch die Nacht.
Cornwall seufzte unhörbar und drehte sich wieder um.
Kümmere dich nicht darum, dachte er. Auf diesem Dampfer wird in den nächsten drei Nächten und zwei Tagen noch manches passieren, was sonst nicht passiert. Geschlossene Gesellschaft!
Die Girls sind an Bord. Die »Beachgirls«.
Cornwall glaubte, Bescheid zu wissen. Er las fast regelmäßig die Klatschspalten in den Zeitungen. Und ein paar Magazine. Über die »Beachgirls« wurde ziemlich viel geschrieben.
Über einige der Gäste des Mr. Urban übrigens auch. Und auch über einige Begleiterinnen dieser Gäste.
Cornwall lehnte sich wieder an die Reling und starrte erneut in den fahl leuchtenden Streifen des Kielwassers.
Und dann plötzlich hörte er, wie ein schwerer Gegenstand auf dem Wasser aufschlug. Er glaubte sogar, einen hellen Fleck im Wasser zu sehen. Sekundenlang. Dann war es vorbei.
Mann über Bord, dachte Ralph Cornwall.
Er wirbelte herum. Einen Moment stand er noch abwartend, dann lief er los. In Richtung zum Mittelschiff.
Noch einmal blieb er stehen, schaute über die Reling nach unten. Schwarz lag der Atlantik unter ihm. Nur an der Bordwand war ein heller Streifen schäumenden Wassers. Sonst nichts.
Zur Brücke, dachte Cornwall. Maschinen stoppen, Boot aussetzen.
Er wollte weiterlaufen.
Plötzlich standen die beiden Mädchen vor ihm.
»He…« sagte er verblüfft.
Die beiden »Beachgirls« lachten belustigt.
»Habt ihr es auch gehört?« fragte Cornwall.
»Was?« fragte die große Blondine, deren Figur in einem Pulli steckte, der geeignet war, Cornwalls Gedanken sowohl von Annie als auch von dem nach seiner Meinung über Bord gefallenen Mann abzulenken.
Doch Cornwall riß sich zusammen.
»Ich glaube, es ist ein Mann über Bord«, stieß er hervor. »Habt ihr nichts gehört?«
»Nein«, sagte die etwas kleinere Dunkelhaarige, die einen enganliegenden Hausanzug trug.
»Unsinn«, verbesserte die Blonde. »Natürlich haben wir es gehört. Du hast recht, Seemann: Mann über Bord.«
»Das…« stammelte
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