Jerry Cotton - 0561 - Die vertauschte Moerderin
Fußtritt auf. Sie wechselte die Nachschlüssel gegen ihre Pistole und glitt geduckt in den Raum hinter der Tür.
Das Licht brannte. Sie sah einen langen Flur vor sich. Die Tapete war verschlissen und hing an mehreren Stellen in Fetzen von den Wänden. Vorsichtig ging Diane den Flur entlang. Die Türen zu den Räumen befanden sich alle auf der linken Seite. Sie drückte die Klinke der ersten nieder, spürte, daß die Tür nicht verschlossen war, und stieß sie auf.
Der Raum lag im Dunkeln. Nur das wechselnde Licht irgendeiner Lichtreklame draußen fiel durch das gardinenlose Fenster. Diane tastete nach einem Schalter, fand ihn und drehte ihn, aber eine Lampe flammte nicht auf.
Auch die zweite Tür fand Diane unverschlossen. Hier funktionierte die Beleuchtung. Diane befand sich in einem schlecht eingerichteten, schmutzigen Raum, der offenbar als Schlafzimmer diente. Auf einem Frisiertisch standen Gegenstände, die zur Ausrüstung jeder Frau gehörten: Haarbürsten, zwei Kämme, Augenbrauenstift, Wimperntusche und ein Flakon Parfüm. Diane nahm die winzige Flasche in die Hand und roch daran. Das Parfüm verbreitete einen schweren, schwül-süßen Geruch.
Die nächste Tür auf der linken Seite des Korridors stand offen. Diane traf ein kalter Windzug. Sie hörte das Aufschlagen eines harten Gegenstandes und hob ihre Pistole. Das Geräusch wiederholte sich. Die Detektivin begriff, daß es von einem offenstehenden Fenster herrührte, das im Wind hin und her schlug.
Sie ertastete den Lichtschalter, drehte ihn. Ein Kronleuchter flammte auf. Grelles Licht erfüllte den Raum. In der Mitte des Zimmers stand ein Schreibtisch. Mit dem Oberkörper auf der Platte lag der Mann mit den Narben.
Sein Kumpan war vor dem Schreibtisch zusammengesackt. Die Kugel, die ihn getötet hatte, war ihm in den Hinterkopf gedrungen. Sein fahles Haar war von Blut getränkt.
Diane ging in einem Bogen an den toten Männern vorbei zu dem schlagenden Fenster. Sie blickte hinaus. Unmittelbar neben dem Fenster endete die Feuerleiter. Unter ihr lag der Hinterhof des Blocks mit der Ausfahrt zur Mott Street.
Das Mädchen fühlte sich einen Moment ratlos. Die Männer, von denen sie gehofft hatte, daß sie sie würde zwingen können, ihre, Dianes Unschuld an dem Flinter-Mord zu beweisen, lagen tot vor ihren Füßen. Für den Augenblick empfand Diane nur den Wunsch, die unheimliche Wohnung so schnell wie möglich zu verlassen. Sie hastete zum Korridor zurück, erreichte die Tür, stockte aber, als sie Schritte hörte. Sie kamen die Treppe herauf. Diane erkannte, daß der Rückweg für sie versperrt war.
Sie rannte wieder in den Wohnraum. Noch einmal mußte sie an den beiden ermordeten Männern vorbei. Sie vermied es, sie anzublicken, sprang auf die Fensterbank und schwang sich auf die Feuerleiter hinaus. So schnell sie konnte, hastete sie die schmalen Stahlstufen hinunter. Dabei schoß ihr der Gedanke durch den Kopf, daß sie auf demselben Weg floh, den der Mörder für die Flucht benutzt haben mußte.
***
Ein Haufen fluchender und kämpfender Männer wälzte sich aus der Tür des Diamond-Klubs, in dem Mercolano und der Blonde verschwunden waren. Ich stand auf der anderen Straßenseite, hielt den Hörer des Funksprechgeräts ans Ohr und sprach mit unserem Einsatzleiter. »Wo sind unsere Leute?« fragte ich.
»Broadway!« antwortete er. »Noch drei Minuten, Jerry!«
»Okay. Ich gehe schon ’rein! Irgendwer hat in dem Laden eine mächtige Schlägerei entfesselt.«
Die ersten Männer rollten über das Pflaster. Der Negerportier, der bisher den Eingang bewacht hatte, griff sich einen relativ schmächtig ausgefallenen Burschen und feuerte ihn bis zur Hälfte der Fahrbahn. Ein Riese mit einer Bürstenfrisur setzte einem Mann in einem gestreiften Pullover die Faust auf die Nase, und der Mann überschlug sich wie ein Zirkusclown, der einen verunglückten Rückwärtssalto zeigt. Innerhalb weniger Minuten lagen sieben Männer auf der Straße. Der Blonde, der Negerportier und zwei andere Männer sperrten den Eingang.
Ich ging hinüber, stieg über einen ausgeknockten Mann hinweg und marschierte auf den Eingang zu. Der Blonde hob die Faust.
»Überlegen Sie es sich!« warnte ich und zeigte den Ausweis. »FBI!«
Er ließ die Faust sinken. »Noch mehr Ärger! Wollen Sie sich wirklich um ’ne simple Schlägerei kümmern, G-man? Ich denke, ich habe das Recht, renitente Gäste an die Luft zu setzen.«
»In Ordnung. Die Gäste sind draußen, und ich will
Weitere Kostenlose Bücher