Jerry Cotton - 0561 - Die vertauschte Moerderin
Autoschlüssel des Morris und ihre Waffe, eine solide 34er Derringer-Pistole. Sie nahm beides an sich und rannte zu ihrem Wagen. Wütend fuhr sie in einem Tempo, das viel zu schnell war, den Weg zurück. Der Morris sprang durch die Schlaglöcher wie ein Gummiball. Diane nahm das Gas erst weg, als sie den freien Platz und die Blockhütte vor sich sah.
Die Pistole in der Hand, stieg sie aus und ging auf das Haus zu. Sie fand die Tür unverschlossen und stieß sie mit dem Fuß auf. Der Bau war leer. Diane entdeckte nichts, das darauf hindeutete, daß sich vor knapp zwei Stunden noch Menschen hier aufgehalten hatten.
Sie nahm sich die Zeit, auch den Boden rings um die Hütte abzusuchen. Sie fand Reifenspuren, die auf mindestens zwei Fahrzeuge hindeuteten, ihren Morris nicht mitgerechnet. Außer dem Waldweg, den sie benutzt hatte, führten von dem Platz aus noch zwei Wege in das Waldgelände. Da es keine Wegweiser gab und Diane nicht die geringste Ahnung hatte, wo sie sich befand, wählte sie einen Weg auf gut Glück.
Sie zündete sich eine Zigarette an, obwohl sie sonst selten rauchte. Der Gedanke, daß sie sich wieder festfahren könnte, beunruhigte sie. Noch bevor sie die Zigarette zu Ende geraucht hatte, schaltete sie das Radio ein. Die örtliche Station sendete ein Schlagerkonzert.
Nach einer Viertelstunde Fahrt weitete sich der Waldweg. Diane sah vor sich einen grauen Strich: Sie gab mehr Gas und erreichte eine asphaltierte Landstraße. »Na endlich«, knurrte sie. »Und jetzt werde ich mir diese Maskierten kaufen.«
Frank Sinatra verhauchte mit brüchiger Stimme den letzten Ton seines neuesten Hits. Eine nüchterne Sprecherstimme löste ihn ab. »Verehrte Hörer! Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit für eine Durchsage der Mordkommission der New Yersey State Police. Heute, kurz vor zwölf Uhi mittags, wurde die bekannte Millionärin Mrs. Eleonor Flinter in ihrer Villa ›The Precious‹ erschossen. Mrs. Eleonor Flinter befand sich in ihrem privaten Tresorraum, um einer von ihr engagierten Privatdetektivin ihre berühmten Juwelen zu zeigen. Sie wurde mit drei Schüssen niedergestreckt und war sofort tot. Als Täterin sucht die Mordkommission die Privatdetektivin Diane Jagg. Der Mörderin gelang es, unter Mitnahme der Juwelen die Villa zu verlassen. Sie ist seitdem verschwunden. Diane Jagg fährt einen roten Morris-Minor-Wagen mit Kennzeichen…«
Diane trat in die Bremse. Noch bevor der Wagen stand, riß sie die Tasche auf und nahm ihre Pistole heraus. Sie drückte den Auslöseknopf. Sie ließ das Magazin aus dem Griff gleiten. Eisiger Schrecken ließ sie erschauern. Im Magazin fehlten drei Kugeln.
***
Ich saß in meinem Büro in dem New Yorker FBI-Distriktgebäude und wühlte mich durch einen Aktenberg. Phil und ich hatten in letzter Zeit eine Betrüger-Gang gejagt, die ihre Netze über achtzehn Staaten der USA geworfen hatte. Es handelte sich um besonders feine Gentlemen, die nie jemandem auch nur ein Haar krümmten oder gar ein häßliches Instrument wie einen Revolver anfaßten, aber sie ruinierten mit ihren häßlichen Tricks mehr als tausend ehrsame Familien.
Am späten Nachmittag läutete das Telefon. Ich nahm ab und nannte meinen Namen. Am anderen Ende hing ein Mädchen. »Hallo, Jerry! Hier ist Diane Jagg!«
Obwohl ich Privatdetektive für so überflüssig halte wie Steuern, habe ich bei Diane Jagg immer eine Ausnahme gemacht. Der Grund? Nun, Diane sieht einfach so aus, daß jeder Mann immer und überall ihretwegen eine Ausnahme machen wird.
»Hallo, Diane!« antwortete ich. »Falls Sie mir einen Vorschlag für die Abendunterhaltung machen wollen, akzeptiere ich blind.«
»Hören Sie, Jerry! Anscheinend stecke ich furchtbar in uer Klemme. Ich soll Eleonor Flinter ermordet haben.«
»Wovon reden Sie? Wer ist Eleonor Flinter?«
»Haben Sie noch keine Informationen über diesen Mord?«
»Müssen wir Informationen haben? Ist es ein FBI-Fall?«
»Es wird sicherlich ein FBI-Fall werden. Die Mörderin raubte für rund drei Dollarmillionen Schmuck, und sicherlich bringt sie die Beute aus New Jersey über den Hudson nach New York. Das genügt für eine Einschaltung des FBI.«
»Warum setzen Sie sich nicht in Ihren Morris und kommen her? Wir können in meinem Büro oder in meiner Wohnung besser über alles sprechen als am Telefon.«
»Weil die Beschreibung und das Kennzeichen meines Wagens laufend im Rundfunk durchgegeben werden«, sagte sie wütend, »und weil ich nicht vom nächsten Streifenwagen
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