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Jerry Cotton - 0564 - Der Mann mit der roten Peruecke

Jerry Cotton - 0564 - Der Mann mit der roten Peruecke

Titel: Jerry Cotton - 0564 - Der Mann mit der roten Peruecke Kostenlos Bücher Online Lesen
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muß.«
    »Verdammt«, brummte Phil enttäuscht. »Da war ich gerade oben auf dem Bahnsteig.«
    »Ich denke, du solltest die Damentoiletten im Auge behalten, bis ein paar weibliche Cops der City Police eingetroffen sind?«
    »Ich mußte weg. Sie haben mit ihren Klingeln den zweiten Alarm gegeben. Die Bankfiliale oben auf dem Bahnsteig ist ausgeraubt worden.«
    »Doch nicht etwa von diesen jungen Halunken, die mich da drin bearbeitet haben?«
    »Ich weiß noch gar nichts. Aber Alster soll es erwischt haben.«
    Ich sah Phil betroffen an.
    »Alster? Erwischt? Ist er schwer verletzt?«
    »Keine Ahnung, Jerry. Aber willst du nicht lieber erst mal zum Arzt?«
    »Fang du nicht auch noch an. Ein paar Schrammen werde ich wohl noch aushalten. Los, wir wollen erst einmal sehen, wie es Alster geht. Alles andere hat Zeit.«
    Wir spurteten quer durch die breite Unterführungshalle. Von hier aus führten Treppen zu den achtzehn Bahnsteigen dieses großen U-Bahn-Knotenpunktes hoch. Wenn man die beiden Geschosse mitrechnete, die von der Eisenbahn beansprucht wurden, hatte man hier einen Bahnhof mit praktisch vier unterirdischen Geschossen, denn selbst die Eisenbahnen hier im westlichen Manhattan verkehrten unter der Erde. Sie kommen unter dem Hudson River her in der Höhe der ersten Dreißigerstraßen in die Stadt hinein, zweigen auf zwei Etagen auseinander zum Bahnhofsgelände und laufen dann wieder unterirdisch quer durch Manhattan, unter dem East River hinweg und, immer noch unterirdisch, weit in den Bezirk von Queens hinein. Unter ihnen erstreckt sich der große Bahnhof der U-Bahn-Linien, unter denen dieser riesige Tunnel wieder eine Unterführung als Zugangsmöglichkeit zu den einzelnen Bahnsteigen bildet. Der Himmel mochte wissen, wie viele zigtausend Menschen in diesen Minuten in allen Geschossen dieses verkehrsreichsten Verkehrsknotenpunktes herumwimmelten. Der Überfall auf eine kleine Bankfiliale hier unten war etwas, was achtzig Prozent der Leute, die in diesen Minuten hier waren, gar nicht mitbekamen.
    Während wir die Treppe zum Bahnsteig hinaufstürmten, fiel uns allerdings etwas auf, mit dem man hier normalerweise unter keinen Umständen rechnen konnte. Hier war die Luft pausenlos erfüllt vom Trappeln Tausender von Füßen, von dem Gewirr Tausender von Stimmen in Dutzenden von Sprachen, vom Zischen, Stampfen, Rattern, Quietschen und Brummen ein- und ausfahrender Züge, vom Plärren der Lautsprecher und vom Gedudel der Transistorradios, die unentwegt lärmbedürftige Zeitgenossen mit sich herumschleppten. Daß es hier jemals still sein könnte, mußte man für unmöglich halten.
    Und dennoch war es so. Dieser eine Bahnsteig bildete plötzlich eine Oase erschreckender Ruhe. Wir merkten es, als uns oben am Ende der Treppe unsere eigenen Schritte plötzlich laut in den Ohren klangen. Die anderen Bahnsteige mit ihren Geräuschen schienen auf einmal meilenweit entfernt zu sein.
    Phil blieb stehen und stieß mich an. Er zeigte auf einen älteren Mann, der uns den Rücken zuwandte und genau wie rund zweihundert andere Leute nach vorn starrte zum mittleren Abschnitt des langen Bahnsteigs hin. Als Phil mich anstieß, nahm der Mann gerade den Hut ab. Er folgte dem Beispiel aller Männer, die in diesem Augenblick auf dem Bahnsteig standen. Es war eine stumme, bedrückende Geste.
    Wir gingen langsamer und schoben uns mit leise gemurmelten Entschuldigungen durch einen Kreis dichtgedrängt stehender Menschen bis zu der Stelle, wo Lieutenant Fred Alster mit schmerzverkrümmtem Leib auf dem Bahnsteig lag. Ein Sergeant kniete neben ihm und legte Alsters Dienstabzeichen auf die Brust des Toten. Dem Sergeant liefen die Tränen über die von scharfen Furchen gezeichneten Wangen.
    Es war noch keine dreißig Minuten her, daß wir mit Fred Alster zusammen Kaffee getrunken hatten. Es war nicht länger als drei Tage her, seit wir ihn überhaupt erst kennengelernt hatten. Und nun lag er stumm und verkrümmt und reglos zu unseren Füßen. Natürlich würde morgen ein anderer an seiner Stelle stehen. Aber was half das schon! Auch auf der Gegenseite stand mit jedem, den wir verhafteten, ein neuer auf und hob das Messer oder den Revolver oder die abgesägte Schrotflinte und tötete.
    Während wir stumm und bewegt hinabblickten auf die Leiche unseres gefallenen Kameraden, durchlebten wir wieder pinmal jene Minuten des Zweifels, da man sich fragt, welchen Sinn dieser ewig währende Kampf haben soll. Da man sich fragt, warum es denn nie ein Ende gibt

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