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Jerry Cotton - 0565 - Ein Teenager soll sterben

Jerry Cotton - 0565 - Ein Teenager soll sterben

Titel: Jerry Cotton - 0565 - Ein Teenager soll sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
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sein durfte. Er hatte gewisse Zweifel, ob die Gangster ihm dieses Entgegenkommen honorieren würden.
    »Ist was, James?« fragte der Sheriff und musterte James Webster eindringlich. »Sie sehen plötzlich so verändert aus!«
    Ich sollte es ihnen sagen, schoß es Webster durch den Kopf. Zum Henker, ich stehe doch auf der Seite des Gesetzes! Die Burschen haben sich auf dem Dachboden verborgen. Wenn ich sie verpfeife, können sie mir gar nichts anhaben. Man wird sie hopp nehmen und damit basta. .
    »Mein Herz«, murmelte er, fast gegen seinen Willen. »Es macht mir immer wieder zu schaffen.«
    »Legen Sie sich hin, das hilft — oder rufen Sie den Arzt«, meinte der Sheriff. »Wir sind hier gleich fertig.«
    Sie gingen hinab zum Ufer und bogen die Zweige der Rhododendronbüsche zur Seite. Dann warfen sie einen Blick in die ehemalige Scheune. Der Sheriff schwang sich sogar auf den Kutschbock eines ausrangierten Pferdewagens, um das Gerümpel übersehen zu können. Dann kamen die Männer zurück.
    »Sie kennen ja meine Nummer, James«, meinte der Sheriff beim Abschied. »Rufen Sie mich an, sobald Sie etwas Verdächtiges bemerken. Und halten Sie beide Augen offen. Die Burschen sind geliefert, wenn jeder am See richtig aufpaßt. Wir müssen die Gangster fassen. Es sind gemeingefährliche Mörder!«
    James Webster begann zu schwitzen. Ja, es waren Mörder. Seltsamerweise vergaß man diese Tatsache, wenn man die jungen Burschen anschaute. Sie traten zwar selbstsicher und zynisch auf, aber irgendwie hatte man dabei das Empfinden, daß das nur eine Masche von ihnen war. Sie machten nicht den Eindruck gewöhnlicher Gangster oder gar Mörder.
    »Ich weiß Bescheid, Sheriff«, murmelte Webster.
    Er stieß erleichtert die Luft aus, nachdem der Sheriff und seine Begleiter gegangen waren. Die Klappe, die zum Dachboden führte, glitt zurück. Sunderman und Leaven sprangen ins Zimmer. Sie hatten Baseballschuhe an den Füßen und setzten mit der federnden Elastizität von Sportlern auf.
    »Gute Arbeit, Opa«, lobte Leaven und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Auf dem niedrigen Dachboden hatte eine stickige, nahezu unerträgliche Hitze geherrscht. »Ich wette, wir kommen in den nächsten Wochen prächtig miteinander aus.«
    »In den nächsten Wochen?« fragte Webster verwirrt. »Wollen Sie denn so lange hierbleiben?«
    »Eine Woche bestimmt«, versicherte Sunderman grinsend. »So lange jedenfalls, bis Gras über die Geschichte gewachsen ist und die Bullen glauben, daß wir mit dem Moos längst über alle Berge sind. Bis dahin muß uns jemand verpflegen und bekochen — und das wirst du sein, Opa!«
    ***
    Gerade als ich Brooklyn erreicht hatte, meldete sich das District Office. Phil war an der Strippe.
    »Du hast Besuch, mein Junge«, sagte er.
    »Mach es nicht so spannend. Wer ist es?«
    »June Forster«, sagte er.
    Ich war froh, daß ich vor einer Ampelkreuzung bei Rot auf die Bremse treten konnte. »Wer?« fragte ich ungläubig.
    »June Forster«, wiederholte er. »Sie will dich sprechen. Ich habe schon ein Dutzend Fragen an sie gerichtet, aber sie besteht darauf, mit dir zu quatschen. Herzlichen Glückwunsch, Mr. G-man! Sie haben Eindruck auf die Dame gemacht.«
    Die Ampel sprang auf Grün. Ich warf den Hörer aus der Hand und brauste los. Für den Rest der Strecke empfand ich jede Fahrtbehinderung als Qual. Mir schien es fast so, als hätten sich die Schaltphasen bei Rotlicht verdoppelt.
    Endlich erreichte ich das Distriktgebäude. Ich ließ den Wagen im Hof der Fahrbereitschaft stehen und fuhr mit dem Lift in die vierte Etage. June saß an der Schmalseite meines Schreibtisches auf dem Besucherstuhl, blaß, mädchenhaft und trotz ihrer Größe von scheinbar porzellanhafter Zerbrechlichkeit.
    Phil stand am Fenster. Er rauchte eine Zigarette und blickte auf die 69. Straße hinab. »Bist du zu Fuß gekommen?« frotzelte er mich und drehte sich um.
    »Klar«, knurrte ich. »Ich bin ein leidenschaftlicher Spaziergänger.«
    June hatte einen Kaffeebecher vor sich stehen. In ihren schönen Augen glänzten Tränen. Das blonde Haar fiel weich und lose auf ihre Schultern herab. Sie trug wieder den plissierten Rock und den alten Schulpulli.
    »Wo haben Sie gesteckt?« fragte ich sie.
    »Darf ich von vorn beginnen?« hauchte sie.
    »Was heißt das — von vorn?« wollte ich wissen. »Mit Rowles’ Ankunft in New York?«
    »Nein, viel früher.« Sie sprach so leise, daß ich sie kaum verstehen konnte.
    Ich steckte mir eine Zigarette an.

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