Jerry Cotton - 0565 - Ein Teenager soll sterben
Herausforderung, ein Abenteuer, ein Riesenspaß! Papa bestärkte sie noch in dieser Ansicht. Bestimmt hätten sie — und auch Papa — die Finger davongelassen, wenn die Folgen vorausschaubar gewesen wären. Sie wollten niemanden töten. Sie konnten nicht ahnen, daß die beiden Männer in dem Transportwagen ertrinken würden.«
»Und was ist mit dem Sporttaucher, den sie harpunierten? Für das, was geschehen ist, gibt es keine Entschuldigung.«
»Ich entschuldige sie nicht, ich versuche nur, die Zusammenhänge zu erklären.«
Ich blickte Phil an. »Nehmen wir ein Protokoll auf«, sagte ich.
»Und dann?« fragte June.
»Dann können Sie gehen«, sagte ich.
***
June ließ sich von einem Taxi nach Brooklyn bringen. Phil und ich folgten dem Wagen. Noch ehe das Girl die Court Street erreichte, stoppte das Taxi vor einem Schnellrestaurant. June entlohnte den Fahrer und betrat das Lokal.
Phil und ich klemmten uns mit dem Chevy in eine freiwerdende Parklücke auf der anderen Straßenseite. June setzte sich an eines der großen, an der Straßenseite liegenden Fenster. Kurz darauf nahm ein Mann an ihrem Tisch Platz. Er musterte das Girl bewundernd und zog es in ein Gespräch. Es war zu spüren, daß June ihm nur widerstrebend antwortete.
»Sieht aus wie eine Zufallsbekanntschaft«, meinte Phil. »Wenn sie das nicht sein sollte, wird sie von beiden hervorragend gespielt.«
June erhob sich. Der Mann blickte ihr hinterher und bohrte dann mit einem Zahnstocher in seinem Gebiß herum. Ich blickte auf meine Uhr. June blieb genau sieben Minuten weg. Dann kehrte sie an ihren Platz zurück.
Der Mann versuchte das Gespräch fortzusetzen. June gab ihm nur einsilbige, sichtlich abweisende Antworten. Er zuckte mit den Schultern und griff nach der Speisekarte. June zahlte und verließ das Restaurant.
»Knöpf dir mal den Burschen vor«, bat ich Phil. »Ich folge June nach Hause.«
»Wer sagt dir, daß sie nach Hause geht? Ich frage mich, wo sie fast zehn Minuten lang gesteckt hat. Vor dem Spiegel der Toilette?«
»Vielleicht«, sagte ich, »aber möglicherweise hat sie auch telefoniert.«
»Mit wem?«
Ich tippte grüßend an den Rand meines Sporthutes. »Wir werden es bald wissen, Amigo. See you later!«
Phil überquerte die Straße. Ich stieg gleichfalls aus, warf eine Münze in die Parkuhr und folgte June in sicherem Abstand.
June Forster ging direkt nach Hause. Sie hatte einen elastischen jungmädchenhaften Schritt, eine Beschwingtheit, die jeden männlichen Blick gefangennahm. Ich betrat wenige Minuten nach ihr das Haus und klingelte an der Forsterschen Wohnungstür. June öffnete mir. Ihre Augen weiteten sich verblüfft, als sie mich sah.
»Was gibt es denn?« fragte sie, fast ein wenig atemlos. »Ich komme doch geradewegs von Ihnen.«
Ich lächelte verbindlich. »Darf ich eintreten? Mir sind noch ein paar Fragen eingefallen.«
June führte mich ins Wohnzimmer und bot mir einen Stuhl an. Sie wurde rot dabei. Wahrscheinlich erinnerte sie sich daran, welche Komödien sie mir in diesem Raum vorgespielt hatte. Ich setzte mich in die Nähe des Telefons. June war blaß und nervös. »Möchten Sie etwas trinken?« fragte sie mich.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich gern ein Glas Fruchtsaft zu mir nehmen, irgend etwas Erfrischendes.«
»Ich hole eine Dose aus dem Kühlschrank«, meinte June und eilte in die Küche.
Ich fischte einen flachen, etwa dollargroßen Metallknopf aus der Anzugtasche und klebte ihn unter den kleinen runden Tisch, auf dem das Telefon stand. Die Metallscheibe enthielt ein Minimikrofon mit einem winzigen, aber äußerst leistungsfähigen Verstärkerelement.
June kam zurück. Sie füllte zwei Gläser mit Grapefruitsaft und setzte sich mir gegenüber. »Also, was gibt es?«
Ich nahm dankend das Glas entgegen und fragte: »Wie oft waren Sie im Tuxedo — und warum?«
»Es war Eimers Idee«, meinte sie zögernd. »Ihm gefiel das Lokal. Er spielt selbst gut Klavier und fand die Band prima. Ich bin weder oft im Tuxedo gewesen, noch blieb ich lange, aber natürlich fand ich das Ganze interessant und erregend.«
»Warum nahmen Sie Ihre Kleider mit?«
June war noch nicht fertig. Offenbar hielt sie es für wichtig, einige Erklärungen hinzuzufügen.
»Alle meine Klassenkameradinnen sind schon in Bars gewesen, auch, wenn sie noch nicht das dafür erforderliche Alter erreicht haben«, sagte sie. »Das ist doch nicht so schlimm!«
»Was war mit den Kleidern?«
»Auch das war Eimers Idee«,
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