Jerry Cotton - 0571 - Ich gegen die Mafia
Zeery, der neben dem Tischchen am Fenster lag.
Zeerys Jackett hatte sich an der Brust mit Blut vollgesogen. Lungensteckschuß, dachte Steve, als er die Wunde sah. Verdammt, hoffentlich kommen die Kerle vom Medical Centre bald. Während er es dachte, hörte er draußen schon die Sirene des Unfallwagens. Er schob eins der Fenster hoch und beugte sich hinaus. Als unten zwei weißbekittelte Männer aus dem Wagen sprangen und eine Trage herausrollten, rief er ihnen zu: »Hierher! Vierte Etage! Rechts vom Fahrstuhl!«
Die Männer nickten und eilten ins Haus. Steve hob den noch immer baumelnden Telefonhörer hoch, unterbrach die einseitige Verbindung und wählte eine Nummer, die er auswendig wußte.
»Mordabteilung Manhattan Ost«, sagte eine Männerstimme.
»G-man Steve Dillaggio. Verbinden Sie mich mit Lieutenant Easton oder Sergeant Ed Schulz.«
Ein paar Sekunden später drang die Stimme des Sergeant durch den Hörer: »Hallo, Dillaggio! Das ist aber lange her, daß wir von Ihnen was gehört haben. Wie geht’s denn so, Steve?«
»Wie soll’s gehen, Ed. Ich habe gerade einen Mord entdeckt. Ein Mädchen, in die Stirn geschossen. Es ist euer Gebiet. Einer unserer Leute ist dabei schwer verletzt worden. Lungensteckschuß, wie mir scheint. Hoffentlich kommt er durch.«
»Wo ist das?« fragte Sergeant Ed Schulz, stellvertretender Leiter der 2. Mordkommission Manhattan East. Steve gab ihm die Adresse durch und legte auf.
In der offenen Tür erschienen die beiden Männer mit der Trage. Steve zeigte auf den bewußtlosen blassen Zeery. Gemeinsam hoben sie ihn vorsichtig hoch und betteten ihn auf die Trage.
»Ich komme später vorbei und regle die Aufnahmeformalitäten«, versprach Steve. »Jetzt helft ihm erst einmal, damit er am Leben bleibt.«
»Natürlich, Mister«, meinte einer der beiden, während sie behutsam mit der Trage umgingen.
Steve sah ihnen nach. Er packte die Tür und drückte sie wieder an. Auf der Innenseite war in der Türverschalung ein Stück Holz mit der Metallplatte des Schlosses herausgesprungen, aber die Tür blieb trotzdem zu. Allerdings hätte jetzt ein leichter Fingerstoß genügt, um sie zu öffnen.
Schalldämpfer, dachte Steve, während er wieder das Mädchen ansah. Die Kerle — oder war es nur einer? — müssen eine Waffe mit Schalldämpfer verwendet haben. Sonst hätten sich längst Leute aus dem Hause gemeldet, weil sie den Krach hätten hören müssen. Schließlich ist man hier nicht in den Slums, wo sich jeder aus allem heraushalten will, solange es ihn nicht unmittelbar betrifft.
An der Tür klingelte es. Steve zog wieder seinen Revolver. Er trat dicht neben die Tür, faßte den Revolver fester und riß die Tür auf.
***
Während B. T. Randolph beim FBI-Arzt saß, um sich die kleine Beule behandeln zu lassen, die vom Lauf meines Revolvers herrührte, saß Nick Jackson in unserem Office, damit wir ihn vernehmen konnten. Aber »saß« ist nicht der richtige Ausdruck, denn Jackson rannte im Zimmer herum und tobte wie ein Berserker. Zwei Minuten ließen wir ihm Zeit, dann stellte ich mich ihm in den Weg.
»Schluß jetzt, Jackson!« fauchte ich ihn an.
Er holte tief Luft und brüllte: »Das werdet ihr bereuen! Ich verklage euch alle wegen Freiheitsberaubung! Ich werde vor den Obersten Bundesgerichtshof gehen! Ich bringe euch alle hinter Gitter! Das könnt ihr mit mir nicht machen!«
Ich zog die mittlere Schublade meines Schreibtisches auf und holte ein rotes vorgedrucktes Formular hervor, in dem nur ein paar Zeilen mit Schreibmaschine hinzugefügt waren.
»Jackson«, sagte ich und zeigte auf das Blatt, »dies ist ein gültiger Haftbefehl gegen'Sie. Sie können zu jedem Gericht der Welt gehen, wenn Sie wollen. Für uns ist der gültige Haftbefehl ausschlaggebend.«
»Was wollt ihr mir denn vorwerfen?« fragte er mißtrauisch.
»Es wird eine Anklage wegen Totschlags gegen Sie erhoben werden«, kündigte ich ihm an. »Und je renitenter Sie sich verhalten, um so mehr erschweren Sie sich Ihre Lage. Benehmen Sie sich endlich wie ein erwachsener Mann! Setzen Sie sich hin! Wir wollen uns mit Ihnen unterhalten.«
Der Vorwurf des Totschlags schien ihn getroffen zu haben. Obgleich ich mich wunderte, daß er noch nichts davon gehört haben sollte, welches Verfahren gegen ihn anhängig war. Aber wir haben immer wieder erlebt, daß Gangster von einer gewissen Größenordnung an sich für nahezu unantastbar halten und sich deswegen nicht vorstellen können oder wollen, daß »ein paar
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