Jerry Cotton - 0571 - Ich gegen die Mafia
unsichtbare Lasten zu tragen. Kaum hatte er die Tür geöffnet, da hielt ihm Easton schon die Dienstplakette unter die Nase und befahl seinem Stellvertreter: »Ed, Sie bleiben bei ihm, bis wir wieder herunterkommen. Damit der gute Junge nicht das Telefon in die Hand nimmt, während wir hinauffahren.«
»Okay, Lieutenant«, meinte der riesige Detektiv ergeben. »Kommen Sie, Mister. Wir setzen uns da drüben auf eine Bank und erzählen uns was Hübsches. Lange wird es sowieso nicht dauern.«
Wir stiegen in den nächsten Lift und fuhren nach oben. Wir zählten die Apartmenttüren von links ab. An der dritten preßte ich mein Ohr gegen die Türritze. Mir war, als ob ich ein unterdrücktes Stöhnen hörte.
»Nehmt eure Schießeisen, Jungs«, sagte ich und trat einen Schritt zurück.
Ich hob den rechten Fuß, nahm Maß und trat mit aller Wucht zu. Wir fegten in das Apartment hinein wie ein Wirbelsturm. Und wir kamen gerade noch zurecht.
Jimmy Calgate hing mit dem Oberkörper nach unten über eine Sessellehne. Seine Hand- und Fußgelenke waren an die Beine des Sessels gebunden. Er war geknebelt. Auf seinem nackten Rücken gab es zwei häßliche Wunden. Und darübergebeugt stand Nick Jackson — in der linken Hand eine Säureflasche, in der rechten ein Glasstäbchen, wie man es zum Umrühren von heißem Punsch benutzt. Nur daß er es gerade erneut in die Säure tauchte.
»Sieh mal an«, sagte ich. »Unser lieber Mr. Jackson. Aber, aber! Das ist ja schlimmer als in einem Gruselfilm.«
Phil hatte sich bereits der Pistole mit dem Schalldämpfer bemächtigt, die auf einem Tisch lag. Ich lief ins Badezimmer und holte Wasser, um es über Calgates Säurewunden zu gießen. Easton hielt seinen Revolver in der rechten Hand, während er die Fesseln des Mannes löste.
Ich klopfte Jackson nach weiteren Waffen ab. Er hatte keine mehr. Ich deutete auf die Couch, die am weitesten von der Tür entfernt war.
»Sie bleiben da sitzen, Jackson. Und versuchen Sie nichts. Was wir da eben gesehen haben, nimmt einen so für Sie ein, verstehen Sie? Man möchte sich fast wünschen, daß Sie angreifen.«
Jackson preßte die Lippen hart aufeinander, aber er gehorchte schweigend. Mit den Gummihandschuhen an seinen Händen sah er plötzlich komisch aus. Ich bewachte unsere beiden Freunde, während Phil und Easton sich an eine Durchsuchung der Wohnung machten. Es dauerte nicht lange, da kam der Lieutenant aus dem Badezimmer wieder heraus.
»Die sollten sich wirklidi mal was Neues einfallen lassen«, meinte er kopfschüttelnd und zeigte uns eine Pistole und einen Schalldämpfer, an denen noch Klebestreifen von Heftpflaster hingen. »In den Spülkasten der altmodischen Toilette geklebt. Sollte mich wundern, wenn das nicht die Kanone ist, mit der Vitessa Baran erschossen wurde. Wir haben die Kugel, die sie tötete. Unsere Ballistiker wissen in einer Viertelstunde, ob das die Mordwaffe ist. Sieht so aus, Calgate, als hätten Sie für den Rest Ihres Lebens ausgesorgt.«
Ich gab Jackson einen Wink.
»Okay, Mister. Heute nacht haben Sie freie Fahrt. Aber freuen Sie sich nicht zu früh. Wir sehen uns wieder, das verspreche ich Ihnen.«
Er wollte etwas erwidern. Ich sah ihn an. Er schwieg. Und nach zwei Sekunden senkte er den Blick.
***
Randolph ging ruhelos in seiner Bibliothek auf und ab. Er zerbrach sich den Kopf darüber, wie eine Übergabe des Geldes durchgeführt werden könnte, bei der man der Polizei keine Chance ließ, den Boten zu verfolgen. Es war jenes Problem, das er gemeinsam mit Jackson hatte erörtern und lösen sollen. Dann war die überraschende Festnahme dazwischengekommen, und nun sah es ganz danach aus, als ob er allein mit diesem Problem würde fertig werden müssen.
Das Telefon klingelte.
Randolph sah auf die Uhr. Es war bereits Mitternacht.
Zögernd nahm er den Hörer ab und fragte: »Ja?«
»Sind Sie es, Mr. Randolph?«
Die Stimme kam ihm bekannt vor.
»Ja, am Apparat«, sagte er. »Sind Sie das…«
»Keine Namen!« fiel ihm der Anrufer schnell ins Wort. »Hören Sie genau zu! Ich meine es gut mit Ihnen, denn Sie waren immer ein fairer Bezirksboß. Ganz oben hat man beschlossen, Sie umzulegen. Nach der Verhaftung sind Sie für die Mafia nicht mehr tragbar. Aber Sie wußten zuviel, als daß man Sie in den Händen der Polizei hätte lassen können. Das Rollkommando bricht jeden Augenblick auf oder ist vielleicht sogar schon unterwegs. Wenn Sie am Leben bleiben wollen, verschwinden Sie, aber schnell!«
Die Leitung war
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