Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jerry Cotton - 0576 - Der Tod im Handgepaeck

Jerry Cotton - 0576 - Der Tod im Handgepaeck

Titel: Jerry Cotton - 0576 - Der Tod im Handgepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
handlichen und wirkungsvollen Flammenwerfer in der Hand. Vor zwei Jahren hatte sie das einmal an einem Gangster ausprobiert, der in ihrer Tasche die Tageskasse vermutete und sie für älter, gebrechlicher und einfallsloser einschätzte, als sie war.
    Der Bursche war seit einem Vierteljahr wieder frei, aber sein Gesicht war nach Melina Frederics Feuerüberfall derart gekennzeichnet, daß er seinen alten Beruf aufgegeben hatte und seit seiner Entlassung einer halbwegs ehrlichen und zurückgezogenen Arbeit nachging.
    Miß Frederic schloß die Hand um die kleine Sprayflasche, als ihr die Schritte auch in die kleine Seitenstraße folgten, in der sie ihre Zweizimmerwohnung über einer versteckten und nicht ganz salonfähigen Bar bewohnte. Falls jemand es auf sie abgesehen hatte, wollte sie ihm eine Wiederholung ihrer damaligen Vorstellung bieten. In der anderen Hand hielt sie schon das Feuerzeug, als sie die Haustür aufstieß und die ersten Stufen unter die Füße nahm.
    In der zweiten Hälfte ihres nunmehr achtundvierzigjährigen Lebens hatte sie gelernt, auf Bedrohungen jedwelcher Art nicht mehr mit hystrischem Weinen, sondern nur noch mit stärkeren Drohungen zu antworten. Vor der Korridortür verhielt sie. Um den Schlüssel aus der Tasche zu holen, brauchte sie eine freie Hand. Deshalb nahm sie kurz entschlossen das Feuerzeug zwischen die Zähne und fischte nach dem Schlüsselbund.
    Aus der Bar im Erdgeschoß kam Musik, kamen Stimmen, die durcheinander redeten. Trotzdem vernahm sie, wie die Haustür abermals aufgestoßen wurde und zögernde Schritte zur Treppe tasteten. Die unterste Stufe knarrte.
    Melina Frederic schloß die Tür zu ihrer Wohnung auf, steckte den Schlüssel ein und nahm aufs neue das Feuerzeug in die Hand.
    Die zweite Stufe knarrte. Entschlossen hob sie die Spraydose.
    »Komm ’rauf, Junge«, sagte sie. »Wenn du die Visage verbrannt haben willst — komm ’rauf!«
    Unten war kein Geräusch mehr, so als lausche der Unbekannte auf ihre Stimme. Dann klang es von unten, unterdrückt und leise: »Melina…«
    Beim Klang dieser Stimme ließ Melina Frederic die Sprayflasche sinken. Der Ausdruck ungläubigen Staunens trat in ihr Gesicht.
    »Sag — sag das noch mal!« forderte sie leise.
    »Melina…!«
    »Wanja?« fragte sie verhalten.
    »Ja.«
    Sie war überzeugt, aber noch nicht beruhigt.
    »Wie hieß dein Vater?« fragte sie leise zurück.
    »Wie deiner, Melina. Unser Vater hieß Wladimir Iljitsch!«
    Sie stieß ihre Flurtür auf und machte Licht. »Komm!« sagte sie einfach.
    ***
    Wanja Bedrich hatte es sich in einem der beiden weißgestrichenen Korbsessel bequem gemacht und rauchte eine Zigarette. Seine Schwester hantierte an dem kleinen Elektroherd.
    »Tee, Wanja?« fragte sie.
    Er nickte.
    »Und hinterher?«
    »Irgend etwas. Ich habe seit gestern mittag nichts mehr zu mir genommen. Was du eben hast, Melina.«
    Sie nahm eine Speckschnitte aus dem Kühlschrank, schnitt sie in kleine Stücke, die sie in die heiße Pfanne warf. Dann fügte sie eine Handvoll kleingeschnittener Zwiebeln hinzu, drehte den Schalter auf und ließ es brutzeln, bis der würzige Duft das kleine Zimmer erfüllte. In einem zweiten Topf bereitete sie einen Zwiebelreis mit Curry, und schließlich öffnete sie eine Dose Steakspitzen und briet sie in der Pfanne kurz an. Sie gab etwas Sahne zu, pfefferte kurz und trug das Gericht in zwei ovalen, buntbemalten Schüsseln auf. Bedrichs Augen wurden gierig.
    »Laß es dir schmecken«, sagte seine Schwester und setzte sich neben ihn. Sie aßen schweigend, und als sie die Teller geleert hatten, lehnte sich Bedrich zurück und sagte: »Jetzt noch ein Wodka oder ein Zwetschgenwässerchen, Schwester, und man könnte denken, man wäre wieder zu Hause!«
    Melina Frederic stand auf, brachte eine bauchige Flasche und schenkte zwei Gläser voll.
    »Das kannst du auch hier trinken, Wanja«, sagte sie hart. »Und du brauchst nicht zurückzudenken an zu Hause. Das gibt es nicht mehr.« Sie stellte das kleine Glas knallend auf den Tisch.
    »Vielleicht…« murmelte Bedrich versonnen, »vielleicht doch, Schwester. Steht schon etwas in der Zeitung?«
    »In der Zeitung?«
    »Über… mich?«
    »Ich habe die Zeitungen noch nicht gelesen heute. Ich hatte keine Zeit. In der Wäscherei war von morgens bis abends Betrieb. Ich bin kaum dazu gekommen, den Tagesabschluß zu machen. Was sollte über dich in der Zeitung stehen, Wanja?«
    Bedrich goß sich sein Glas noch einmal voll, trank es aus und warf es in

Weitere Kostenlose Bücher