Jerry Cotton - 0588 - Sie hatten mich schon eingesargt
haben, wenn es nötig werden sollte.
Peretti wohnte zu ebener Erde, aber als wir an der Wohnungstür schellten, antwortete niemand.
Ich klopfte.
Hinter uns tat sich eine andere Tür auf.
»Wenn Sie zu Peretti wollen«, sagte eine junge Frau im geblümten Kittel, »dann versuchen Sie es mal im Hof. Da hat er so eine Art Werkstatt, wo er meist sitzt.«
»Danke!« Wir lüfteten die Hüte und gingen durch die rückwärtige Tür in einen engen Hof, der zudem noch halb von einem Schuppen mit Beschlag belegt war. Hinter den Fenstern brannte helles bläuliches Licht. Als wir anklopften, erlosch es, und erst beim Eintreten gewahrten wir die normale Lampe, die außerdem noch brannte.
Peretti war ein schmaler südländischer Typ mit fahrigen Händen und stechendem Blick. Als wir uns auswiesen, fuhr er leicht zusammen.
»Sie hatten mir versprochen, nichts weiter zu unternehmen«, sagte er bitter und mit fremdartigem Akzent, »und jetzt schicken sie mir doch noch die Polizei auf den Hals.«
»Weswegen sind Sie entlassen worden?« fragte Phil. Peretti riß die Augen auf.
»Das wissen Sie doch. Gewerkschaftskarte gefälscht. Alles ’rausgekommen. Ich auch, aber an frische Luft. Seitdem hier. Schlecht und recht. Es hat gerade gereicht für die kleine Werkstatt und etwas Werkzeug. Jetzt repariere ich Fernseher.«
Es sah in der Tat auch so aus.
»Warum haben Sie die Gewerkschaftskarte gefälscht?« wollte Phil noch wissen.
»Weil ich keine bekommen hätte und eine brauchte für die Arbeit bei TTC. Capito?«
»Haben Sie ein Alibi für die letzten Tage und Abende?« fuhr ich dazwischen. Er warf die Hände in die Luft.
»Fragen Sie im Haus! Jeder kann mich sehen. Und abends bin ich immer bei Alberto. Kleines Restaurant drüben in Valley Avenue.«
Ich stieß Phil an. Wir entschuldigten uns für die Störung, versicherten ihm, daß soweit alles in Ordnung sei und gingen hinaus.
***
Hart starrte gegen die Decke. Er wartete die ganze Zeit auf den krampfartigen Schmerz, der sich um sein Herz zusammenziehen mußte. Jetzt war schon eine Viertelstunde seit dem letzten Anfall verstrichen. Allerdings hatte er auch nur so getan, als nähme er die Tabletten, die ihm der Lange gab. Sie hatten geholfen, das mußte er zugeben, aber für immer kürzere Zeit, und hinterher war ihm immer übler gewesen. Das war es, was er auf die Gefahr eines neuen und viel schlimmeren Anfalls hatte nachprüfen wollen. Und der Anfall war ausgeblieben.
Das war es, was er auch die ganze Zeit über schon geahnt hatte.
Er überlegte. Was wußte er von dem Langen? Vor einem Vierteljahr hatte er ihn aufgestöbert. Sie hatten sich eigentlich von Anfang an verständen. Aber kehrte der Lange in der letzten Zeit nicht ein wenig den Boß hervor? Seit dem rätselhaften Anfall, der ihn vor zwei Tagen plötzlich umgeworfen hatte?
War das eigentlich wirklich ein Schlaganfall gewesen? Es schien alles dafür zu sprechen. Hart wälzte sich herum. Aber die Tabletten, die Weigerung des Langen, ihn wieder in sein eigenes Haus zu bringen. Auf der anderen Seite war er sicher, bis die Bestätigungen seiner Aktienkäufe angekommen waren und sie ihr Geld geteilt hatten. Vorher konnte der Lange nicht ans Geld.
Er mußte sehen, daß er dann wieder auf eigenen Füßen stehen konnte. Daß er sich eventuell wehren konnte. Vielleicht wollte der Lange lieber das ganze Geld, als sich mit einem Drittel zufriedenzugeben. Das würde bedeuten, daß er Hart zur Unterschrift zwingen mußte.
Zum erstenmal kam Hart zum Bewußtsein, wie schwach er war. Zwar hatte er das Geld, und nach dem Gesetz konnte es ihm niemand streitig machen. Auch der Lange nicht. Aber ohne das Gesetz, auf Gangstermanier… und der Lange war ein Gangster. Das hatte Hart von Anfang an gewußt, und er hatte geglaubt, es einkalkulieren zu können. Daß seine Rechnung falsch gewesen war, sah er jetzt auf dieser Couch ein, während er auf den nächsten Anfall der gräßlichen Schmerzen wartete.
Schon eine halbe Stunde über die Zeit, konstatierte er mit einem Blick auf seine Armbanduhr. Hoffnung glomm in seinen Augen auf. Er konnte es noch schaffen. Die Rechte tastete nach dem Revolver in der Hosentasche.
Den hatte der Lange nicht gefunden, als er ihm zur Erleichterung der Atmung die Schulterhalfter abgenommen hatte…
***
»Ich möchte mit dem letzten auf deiner Liste ein Experiment machen, Phil.«
»Was für ein Experiment? Dazu ist keine Zeit, fürchte ich.«
»Doch. Entweder ist deine Liste unvollständig, oder
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