Jerry Cotton - 2907 - Blei ist keine Waehrung
hilfsbereit. Die Abteilung für Interne Angelegenheiten der City Police, gefürchtet als Polizei in der Polizei, ermittelt bei allen Arten von Beamtendelikten – ungerechtfertigter Schusswaffengebrauch, unangemessene Gewaltanwendung gegenüber Verdächtigen, Drogenmissbrauch, Korruption.
Zunächst hatte Novak Dateien aufgerufen, die ehemalige Cops und Detectives enthielten, die den Dienst verlassen mussten und jetzt als Privatdetektive arbeiteten, Sicherheitsfirmen betrieben oder für solche arbeiteten. Es waren eine ganze Menge. Doch der Kerl aus dem Midway Guesthouse war nicht dabei.
Erst als Novak den nächsten Datensatz Revue passieren ließ, landete ich den Treffer. Das fleischige Gesicht des Mannes mit dem eckigen Schädel erkannte ich sofort.
»Das ist er«, sagte ich.
Novak rief die zugehörigen Daten auf. »Donald G. Miller, 48 Jahre alt«, las er vor, »er war Detective in Midtown North. Das ganze Programm – Sitte, Raub, Mord. Ich erinnere mich an ihn.«
»Warum ist er ausgeschieden?«, fragte ich, als Novak innehielt.
Novak ließ einen Teebeutel über einem Becher mit heißem Wasser kreisen wie ein Pendel. Er wusste etwas und schien zu überlegen, ob er damit herausrücken sollte.
»Ein Lehrer hat die Tochter seines Kollegen befummelt«, sagte er schließlich. »Sie war elf. Und er schien das auch bei anderen Kindern getan zu haben.«
Miller hatte ihn aufgesucht. Anschließend hatte sich der Lehrer aus dem Fenster seiner Wohnung im 22. Stock gestürzt.
»Hat er nachgeholfen?«
»Nur wenn er ihn hypnotisiert hat. Die Überwachungskamera im Lift zeigte Miller, während der Lehrer den Abflug machte. Ein besseres Alibi gibt es nicht. Glauben Sie mir, wir haben alles geprüft.«
»Und dann?«
»Es gab Beifall von der falschen Seite. Und ziemlichen Druck von den Medien. Die Polizeiführung hat ihn im Stich gelassen. Zumindest war er davon überzeugt. Er ist einigen von den oberen Rängen schwer auf die Zehen getreten. Bevor sie ihn feuern konnten, hat er die Brocken hingeschmissen. Das Ganze ist gut zwei Jahre her.«
Endlich versenkte Novak den Teebeutel in dem Becher. Sofort wehte der Duft von Fenchel über den Schreibtisch.
»Mein Magen«, sagte er entschuldigend und nahm einen kleinen Schluck. »Der Mann hat noch viele Freunde im Präsidium. Fans, könnte man sagen.«
Auch Novak schien zu Millers Fanclub zu gehören. Doch was der ehemalige Kollege jetzt machte, wusste er nicht.
»Er bezieht eine Pension, die hatte man ihm nicht abgesprochen.«
»Kann es sein, dass er für einen Gangster arbeitet? Als was auch immer.«
»Möglich ist alles. Wie schon gesagt, die Polizeiführung hat ihn im Stich gelassen. Zumindest war er davon überzeugt. Und ist es vermutlich immer noch.«
Novak tippte Anfragen in mehrere Suchmasken.
»Eine Lizenz als Privatermittler oder eine Gewerbeerlaubnis im Bereich Sicherheitsdienste hat er nicht beantragt.« Novak lehnte sich zurück. »Fragen Sie bei der Steuerbehörde nach. Wenn er außer seiner Pension Einkommen bezieht, ob als Wachmann, Taxifahrer oder Schriftsteller, muss er dort registriert sein.«
»Haben Sie eine aktuelle Adresse?«
»Hier kommt immer dieselbe Anschrift. 341 East 9th. Aber ich glaube kaum, dass er dort noch wohnt. Seine Frau hat ihn verlassen, habe ich gehört. Sie ist nach North Carolina gezogen. Ihre Familie lebt dort.«
»Drucken Sie mir das Foto bitte aus.«
***
Gleich nach seiner Ankunft auf dem Airport Minneapolis-St. Paul hatte er ohne große Formalitäten den Mietwagen übernommen, den Don Miller für ihn reserviert hatte, einen dunkelgrünen Ford Taurus.
Er war schon einige Male in Minnesota gewesen, kannte sich aber in dem Ballungsgebiet der beiden ineinander übergehenden Zwillingsstädte St. Paul und Minneapolis nicht besonders gut aus. Deshalb hatte er die Adresse gleich ins Navigationsgerät eingegeben.
Es führte ihn über den Glumack Drive zur Interstate 35. Er überquerte den Mississippi, hinüber nach St. Paul. Die Straße stellte den kürzesten Weg zur Verwaltung dar.
Er steuerte den Taurus hinter eines der sechsstöckigen Klinkergebäude an der University Avenue. Die großen Parkplätze waren leer, nur an den Verwaltungsgebäuden und neben dem hellen Anbau, in dem die Campus-Polizei untergebracht war, standen ein paar Fahrzeuge. Die Campus-Polizei würde er jedoch nur dann aufsuchen, wenn er auf andere Weise nicht weiterkäme.
Als er ausstieg, betastete er erneut den Umschlag mit den Dollars, die Don Miller
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