Jerry Cotton - 2909 - Rache ist ein einsames Geschaeft

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schaute vielsagend zu mir herüber. Hank Hamilton schien eine Mordsangst davor zu haben, mit seiner Attraktivität die falsche Aufmerksamkeit am falschen Ort zu erregen.
    »Wollen Sie nicht auf Ihren Anwalt warten?«, fragte ich ihn vorsichtshalber.
    Hank schüttelte den Kopf. »Das wird nicht nötig sein. Sie werden sehen.«
    Als wir die Befragung fortsetzten, hielt ich mich zunächst im Hintergrund und überließ es Blair und Phil, dem jungen Hamilton sein Geheimnis zu entlocken.
    »Manchmal sage ich meinen Eltern, dass ich Pizza ausfahre, obwohl es nicht stimmt. Ich habe nämlich einen Job, von dem sie nichts wissen dürfen. Mein Vater … er würde ausrasten und mich zu Brei schlagen, wenn er dahinterkäme. Sie müssen mir versprechen, ihm nichts zu sagen.« Flehend richtete er seinen Blick auf uns.
    »Versprechen können wir Ihnen nichts, bevor wir nicht wissen, worum es geht«, antwortete Blair. »Sagen Sie uns einfach, wo Sie waren und was Sie gemacht haben.«
    Hank räusperte sich, dann wurde er rot.
    »Ich will da raus«, murmelte er. »Raus aus dieser Siedlung und dem ganzen Gesocks dort. Meine Eltern schaffen das nicht mehr, und ich habe seit dem Verschwinden meiner Schwester immer das Gefühl gehabt, sie nicht alleine lassen zu dürfen. Aber jetzt spüre ich, dass es nicht mehr geht. Ich wünsche mir ein anderes Leben.«
    Sein Kopf ruckte nach oben.
    »Agents, ich arbeite seit einiger Zeit für einen Escort-Service. So auch an diesem Abend. Nur ein guter Kumpel von mir, bei dem ich auch gelegentlich übernachte, kennt dieses Geheimnis.«
    Blair und Phil waren bemüht, bei diesem Geständnis ihre Mimik unter Kontrolle zu halten. Was Hank sagte, klang zwar ungewöhnlich, aber ehrlich. Er sah gut aus, war zwar einfach gestrickt, aber er wollte etwas aus seinem Leben machen – auch wenn der Weg, den er eingeschlagen hatte, nicht unbedingt der Beste war.
    »Hank, Sie wissen aber schon, dass Sie damit gegen Gesetze verstoßen und sich gerade selbst belastet haben?«, fragte Phil.
    Hank kaute ein wenig auf der Innenseite seiner Backentasche herum, dann hob er den Blick und schüttelte den Kopf. »Tue ich nicht. Ich bin kein Gigolo, sondern ein Begleiter für alleinstehende Damen. Kino, Theater, Konzert, Restaurants. Was soll daran ungesetzlich sein?«
    Phil konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. »Nun gut, das können wir später überprüfen. Und das werden wir auch. Aber jetzt interessiert uns, in welchem Konzert oder Theater Sie an dem fraglichen Abend waren und wen Sie begleitet haben.«
    Hank Hamilton wurde innerhalb von Sekunden so bleich wie ein Laken.
    »Sie haben doch nicht gedacht, Sie könnten uns einfach etwas erzählen, ohne dass wir es nachprüfen?« Blair schüttelte verärgert über Hamiltons offensichtliche Naivität den Kopf.
    »Die Dame … sie wird nicht wollen, dass ich ihren Namen nenne«, stotterte Hamilton, jetzt in höchstem Maße nervös. Es war der Moment, in dem ich mich einmischte.
    »Besitzen Sie dunkle Hosen und eine dunkelgrüne, wattierte Jacke oder einen Parka?« Hamilton wirkte zunehmend verwirrt, er nickte mechanisch. »Und war Ihre Kundin vielleicht eine Stammkundin, die Sie schon öfter begleitet haben? Hieß sie Dr. Doris Gillmore?«
    Hamilton quollen fast die Augen aus dem Kopf, als ihm aufging, in was für einer Lage er sich befand.
    »Nein«, schrie er und sprang auf. »Nein, nein, nein!« Er drehte sich um sich selbst, die Fäuste geballt. »Ich habe niemanden umgebracht, ich kenne diese Frau nicht, glauben Sie mir doch!«
    »Wir behalten Sie heute Nacht hier«, teilte ich ihm mit. »In einer Einzelzelle. Und morgen gibt es eine Gegenüberstellung. Wir haben eine Zeugin, die vielleicht den Mörder gesehen hat.«
    ***
    Clarice Hines erwachte aus einem Schlaf, der sich so langsam zurückzog, dass er an Betäubung grenzte. Ihr Gehirn begann nur sehr zögerlich zu arbeiten. Wo war sie? Noch in Atlantic City? Ein Lächeln glitt über ihre Seele und ihr Gesicht. Atlantic City. Ein ganzes Wochenende voller Leben. Genau das, was sie so lange vermisst hatte.
    »Bist du da?«, fragte sie in die undurchdringliche Dunkelheit hinein, erhielt jedoch keine Antwort. Etwas verwirrte sie, aber sie konnte nicht greifen, was es war. Wieder schwirrten ihre Gedanken zurück zu den Abenden im Spielerparadies, an die Spieltische. Roulette und Black Jack hatten sie gespielt. Clarice war zunehmend unternehmungslustiger und wagemutiger geworden, hatte ihre Einsätze nach oben geschraubt und