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Jesus von Nazaret

Jesus von Nazaret

Titel: Jesus von Nazaret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Prinz
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allein gesehen. Ist das nicht Wahnsinn?«
    Bei diesem Wahnsinn bleibt es.
    Dietrich und Maria leben ihre kurze Liebe über Briefe aus. Zuletzt gibt es nicht einmal mehr Briefe. Der Kontakt zwischen den beiden reißt ab, als die Nazis ihn aus seinem Berliner Gefängnis holen, um ihn über mehrere Stationen quer durch Deutschland ins Lager Flossenbürg zu bringen. Als er dort am 9. April gehängt wird, wissen weder Maria noch seine Angehörigen, wo er ist, ob er noch lebt oder schon tot ist. Erst nach Kriegsende können sie mühsam in Erfahrung bringen, wie die letzten Monate in Dietrich Bonhoeffers Leben endeten.
    Aus welchem Holz muss einer geschnitzt sein, der solch einen Leidensweg auf sich nimmt? Bonhoeffer hätte nach seiner Verlobung noch rechtzeitigaussteigen, sich aus der Gefahr begeben, mit seiner Maria ins Ausland fliehen können. Jeder normal verliebte Mensch hätte das getan, hätte sich gesagt: Pfeif auf Hitler, pfeif auf den Widerstand, die Liebe meines Lebens ist mir jetzt wichtiger, ich muss an unsere gemeinsame Zukunft denken. Er hat es nicht getan.
    Und sie, Maria? Sie trug es mit. Nie hat sie ihn gebeten, um ihrer gemeinsamen Zukunft willen von seinem gefährlichen Tun abzulassen. Sie hat gebangt, gezittert um ihn, aber sich nie beklagt, nie daran gezweifelt, dass er tun muss, was er tut. Beide stimmten darin überein, dass es etwas gibt, was das Menschsein übersteigt und wichtiger ist als alles andere, wichtiger auch als ihre Liebe.
    Wie wird man so? Wie entwickelt sich aus einem Kind ein junger Erwachsener, der lieber ins Gefängnis geht und seinen Tod in Kauf nimmt, als seine Verliebtheit auszuleben? Woher weiß einer, wann er ruhig mit dem Strom schwimmen kann und wann unter gar keinen Umständen? Woher nimmt er die Kraft, gegen den Strom zu schwimmen, woher den Mut, die Sicherheit des eigenen Urteils? Und woher die Gelassenheit gegenüber der Gefahr des Todes?
    Bei den Menschen, die wir heute als Widerstandskämpfer bezeichnen, handelte es sich um sehr unterschiedliche Charaktere. Die einen waren zu Beginn für Hitler oder zumindest nicht gegen ihn und haben längere Zeit gebraucht, um gegen ihn zu sein, und noch länger, um ihn aktiv zu bekämpfen. Viele Offiziere der Wehrmacht gehörten zu dieser Gruppe. Andere, meist eher unpolitische Menschen, verhielten sich anfangs neutral, gleichgültig, abwartend, bis sie aktiv wurden. Eine dritte Gruppe wusste von Anfang an: Diesen Hitler, seine Helfer, deren Weltanschauung und deren Politik muss man bekämpfen, kompromisslos. Das waren in der Regel Kommunisten, die aber zuvor leider auch die Demokratie bekämpft und deshalb mit dazu beigetragen haben, Hitler zu ermöglichen. Und: Sie waren gegen Hitler, weil sie für Stalin waren, den anderen Diktator und Massenmörder.
    Und dann gab es noch einige wenige wie Bonhoeffer, die von Anbeginn gegen diese ganze Diktatur kämpften, aber nicht, weil sie Kommunisten waren, sondern Christen. Und von jenen war Bonhoeffer der Entschiedenste, der schon ganz früh öffentlich opponierte und wusste: Da gibt es nicht viel zudiskutieren, da hat man keinen Entscheidungs- und Interpretationsspielraum. Entweder ist man Christ, dann kann man kein Nazi sein. Oder man ist Nazi, dann kann man kein Christ sein. Und dann gab es plötzlich massenhaft beides, christliche Nazis, nationalsozialistische Christen. Etwas, was Bonhoeffer zwar erschütterte, aber nicht verunsicherte, sondern nur sein theologisches Denken tief greifend veränderte.
    Schon als junger Mann hatte er, wo andere schwankten, ein entschiedenes Urteil, kein vorschnelles, sondern eines, das Bestand hatte über den Tag hinaus. Als der 16-jährige Schüler Bonhoeffer im Jahr 1922 hörte, der Reichsaußenminister Walther Rathenau sei von Rechtsextremisten erschossen worden, habe Bonhoeffer mit großer Entrüstung reagiert, berichtet einer seiner Mitschüler. Rathenau war ein auf Ausgleich bedachter Friedenspolitiker, der Deutschland zu einem verlässlichen Partner in Europa entwickeln wollte. Seine Position war jedoch damals in konservativen Kreisen, im Adel, im Militär höchst umstritten. Nur wenige teilten sie, zu den wenigen gehörte Bonhoeffer.
    Ãœber dessen Reaktion auf den Rathenau-Mord sagte der genannte Mitschüler: »Ich erinnere mich, dass er fragte, wo denn Deutschland hinkommen solle, wenn man ihm seine besten Führer ermorde. Ich erinnere

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