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Jesus von Nazareth - Band II

Jesus von Nazareth - Band II

Titel: Jesus von Nazareth - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI
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Knochen zerbrochen werden darf (Ex 12,46). Jesus erscheint hier als das wahre Pascha-Lamm, das rein und vollkommen ist.
    So dürfen wir in diesem Wort zugleich einen stillen Rückverweis auf den Anfang der Geschichte Jesu erblicken – auf die Stunde, in der der Täufer gesagt hatte: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegträgt!“ (Joh 1,29). Was damals noch unverständlich bleiben musste, nur ein geheimnisvoller Vorverweis auf Künftiges war, ist jetzt Wirklichkeit. Jesus ist das von Gott selbst erwählte Lamm. Am Kreuz trägt er die Schuld der Welt und trägt sie fort.
    Zugleich aber klingt auch Psalm 34 durch, wo es heißt: „Der Gerechte muss viel leiden, doch allem wird der Herr ihn entreißen. Er behütet all seine Glieder, nicht eines von ihnen wird zerbrochen“ (v. 20f). Der Herr, der Gerechte, hat vieles, alles erlitten, und doch hat Gott ihn behütet: Kein Knochen an ihm ist zerbrochen worden.
     
    Blut und Wasser flossen aus dem durchbohrten Herzen Jesu. In allen Jahrhunderten hat die Kirche, dem Wort des Sacharja gemäß, auf dieses durchbohrte Herz geschaut und in ihm die Quelle des Segens erkannt, die im Blut und Wasser vorgedeutet ist. Das Wort drängt geradezu zu der Suche nach tieferem Verstehen dessen, was da geschehen ist.
    Eine erste Stufe dieses Verstehens finden wir im Ersten Johannes-Brief, der mit Nachdruck die Rede von Blut und Wasser aus Jesu Seite aufnimmt: „Dieser ist es, der durch Wasser und Blut gekommen ist: Jesus Christus. Er ist nicht nur im Wasser gekommen, sondern im Wasser und im Blut. Und der Geist ist es, der Zeugnis ablegt; denn der Geist ist die Wahrheit. Drei sind es, die Zeugnis ablegen: der Geist, das Wasser und das Blut; und diese drei sind eins“ (5,6ff).
    Was will der Verfasser wohl mit der nachdrücklichen Feststellung sagen, dass Jesus nicht nur im Wasser, sondern auch im Blut gekommen ist? Man wird annehmen dürfen, dass er auf eine Strömung anspielt, die nur auf die Taufe Jesu Wert legte, das Kreuz aber beiseiteschob. Und das bedeutet wohl zugleich, dass man nur das Wort, die Lehre, die Botschaft für wichtig hielt, nicht aber „das Fleisch“, den lebendigen Leib Christi, der am Kreuz verblutet war; dass man ein Christentum des Gedankens undder Ideen zu schaffen versuchte, aus dem man die Realität des Fleisches   – Opfer und Sakrament – wegnehmen wollte.
     
    Die Väter haben in diesem doppelten Strom von Blut und Wasser ein Bild für die beiden Grundsakramente   – Eucharistie und Taufe – gesehen, die aus der durchbohrten Seite des Herrn, aus seinem Herzen entspringen. Sie sind der neue Strom, der die Kirche schafft und die Menschen erneuert. Bei der geöffneten Seite des am Kreuz entschlafenen Herrn haben die Väter aber auch an die Erschaffung Evas aus der Seite des schlafenden Adam gedacht und so in dem Strom der Sakramente zugleich den Ursprung der Kirche gesehen: die Erschaffung der neuen Frau aus der Seite des neuen Adam.

Das Begräbnis Jesu
     
    A lle vier Evangelisten erzählen uns, dass ein wohlhabender Ratsherr, Josef von Arimathäa, Pilatus um den Leichnam Jesu bat. Markus (15,43) und Lukas (23,51) fügen hinzu, dass Josef einer war, „der auf das Reich Gottes wartete“, während Johannes (19,38) ihn als einen geheimen Jünger Jesu bezeichnet, der dies aus Furcht vor den herrschenden jüdischen Kreisen bisher nicht offen gezeigt hat. Johannes erwähnt außerdem noch die Beteiligung des Nikodemus (19,39), von dessen Nachtgespräch mit Jesus über Geburt und Wiedergeburt des Menschen er im 3.   Kapitel (v. 1   –   8) berichtet hatte. Nach dem Drama des Prozesses, in dem alles gegen Jesus verschworen und keine Stimme mehr für ihn zu sprechen schien, lernenwir jetzt das andere Israel kennen: Menschen, die wartend sind. Menschen, die den Verheißungen Gottes trauen und nach ihrer Erfüllung ausschauen. Menschen, die im Wort und Wirken Jesu den Einbruch von Gottes Reich, die beginnende Erfüllung der Verheißungen erkennen.
    Solche Menschen hatten wir in den Evangelien bisher überwiegend unter den einfachen Leuten kennengelernt: Maria und Josef, Elisabeth und Zacharias, Simeon und Anna – dazu die Jünger, die zwar aus verschiedenen Bildungsschichten und Strömungen in Israel stammten, aber doch alle nicht den maßgebenden Kreisen zugehörten. Nun – nach dem Tode Jesu – begegnen uns zwei angesehene Persönlichkeiten der gebildeten Schicht Israels, die zwar noch nicht gewagt hatten, ihre Jüngerschaft zu bekennen,

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