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Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)

Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)

Titel: Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI.,
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Israel …“ (Num 24,17).
    Matthäus, der es liebt, Geschehnisse im Leben und Wirken Jesu als Erfüllung alttestamentlicher Worte darzustellen, zitiert merkwürdigerweise diesen Text nicht, der in der Geschichte der Auslegung der Erzählung von den Weisen aus dem Morgenland eine bedeutende Rolle spielt. Gewiss, der Stern, von dem Bileam spricht, ist nicht ein Himmelskörper; der kommende König selbst ist der Stern, der über die Welt hinleuchtet und ihre Geschicke bestimmt. Aber der Zusammenhang von Stern und Königtum könnte doch auch den Gedanken an einen Stern beeinflusst haben, der Stern dieses Königs sei und auf ihn hinweise.
    So kann man durchaus annehmen, dass dieses nichtjüdische, „heidnische“ Verheißungswort in irgendwelchen Formen außerhalb des Judentums umging und suchenden Menschen zu denken gab. Auf die Frage, wie Menschen außerhalb Israels gerade im „König der Juden“ den Träger eines sie angehenden Heils sehen konnten, werden wir noch zurückkommen müssen.

Wer waren die „Sterndeuter“?
    N un ist aber vor allem zu fragen: Was waren das für Männer, die Matthäus als „Magier“ aus dem „Land des Sonnenaufgangs“ bezeichnet? Der Begriff Magier (mágoi) hat in den in Frage kommenden Quellen eine erhebliche Bedeutungsbreite, die vom ganz Positiven bis ins ganz Negative hineinreicht.
    Die erste von vier Hauptbedeutungen versteht unter Magiern Angehörige der persischen Priesterkaste. Sie galten in der hellenistischen Kultur als „Walter einer eigentlichen Religion“, ihre religiösen Vorstellungen wurden aber zugleich als „stark beeinflusst durch philosophisches Gut“ angesehen, so dass man die griechischen Philosophen vielfach als ihre Schüler dargestellt hat (Delling, a. a. O., S. 360). Es gibt wohl irgendeinen nicht genau zu bestimmenden Wahrheitskern in dieser Meinung; schließlich sprach auch Aristoteles von der philosophischen Arbeit der Magier (vgl. ebd.).
    Die anderen Bedeutungen, die Gerhard Delling aufführt, sind: Inhaber und Ausüber eines übernatürlichen Wissens und Könnens sowie Zauberer. Und schließlich: Betrüger und Verführer. In der Apostelgeschichte finden wir diese letztere Bedeutung: Ein Magier namens Barjesus wird von Paulus als „Sohn des Teufels, Feind jeder Gerechtigkeit“ (13,10) bezeichnet und in die Schranken gewiesen.
    Die Ambivalenz des Begriffs Magier, auf die wir hier stoßen, zeigt die Ambivalenz des Religiösen als solchen auf. Es kann Weg zu wahrer Erkenntnis, Weg zu Jesus Christus hin werden. Wo es sich aber angesichts seiner Gegenwart nicht für ihn öffnet, sich gegen den einen Gott und den einen Erlöser stellt, wird es dämonisch und zerstörerisch.
    Im Neuen Testament begegnen wir so beiden Bedeutungen des „Magiers“: In der Magiergeschichte des heiligen Matthäus ist offenbar die religiöse und philosophische Weisheit eine Kraft, die Menschen auf den Weg bringt; die Weisheit, die zuletzt zu Christus hinführt. In der Apostelgeschichte hingegen finden wir die andere Seite des Magiers. Er stellt seine eigene Macht gegen den Boten JesuChristi und tritt so auf die Seite der Dämonen, die aber von Jesus schon überwunden sind.
    Für die Magier in Mt 2 gilt offenbar wenigstens in einem weitläufigen Sinn die erste der vier Bedeutungen. Auch wenn sie nicht gerade Angehörige der persischen Priesterschaft waren, so doch Träger einer religiösen und philosophischen Erkenntnis, die dort gewachsen war und noch immer bestand.
    Selbstverständlich hat man versucht, noch genauere Einordnungen zu finden. Der Wiener Astronom Konradin Ferrari d’Occhieppo zeigte, dass in der zur Zeit Jesu schon verfallenden Stadt Babylon, die einst Zentrum wissenschaftlicher Sternkunde gewesen war, „noch eine kleine, allmählich aussterbende Gruppe von Sternkundigen“ ausharrte … „Dicht mit Keilschriftzeichen beschriebene Tontafeln mit astronomischen Berechnungen  … sind dafür untrügliche Beweise“ (a. a. O., S. 27). Die Konjunktion der Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild Fische, die in den Jahren 7–6 v. Chr. – dem heute vermuteten wirklichen Zeitraum der Geburt Jesu – stattfand, sei für die babylonischen Astronomen berechenbar gewesen und habe sie auf das jüdische Land und auf einen neugeborenen „König der Juden“ verwiesen.
    Auf die Frage des Sterns werden wir später noch einmal zurückkommen. Einstweilen beschäftigen wir uns mit der Frage, was dies für Menschen waren, die sich auf den Weg zu dem König

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