Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch
Untertanen schmeichelte er durch den Ausbau des Tempels von Jerusalem zu einer prächtigen Anlage.
Weil er wusste, wie wichtig Häfen für die Seemacht Rom waren, errichtete er eine der größten Hafenstädte der damaligen Welt. Er nannte sie Cäsarea, zu Ehren des Kaisers Augustus. Um ihre politische Bedeutung hervorzuheben, ließ er auf einem Hügel einen Tempel mit einer kolossalen Augustus-Statue bauen. Die religiöse Überhöhung der weltlichen römischen Macht konnte gläubigen Juden nicht gefallen. Sollten sie sich im Schmelztiegel des multiethnischen Riesenreichs assimilieren? Herodes, so der israelische Historiker Abraham Schalit, verkörperte die »absolute Überlegenheit des hellenistisch-römischen Königtums als Lebensgefühl«. Die Vorstellung aber, nicht der erwartete Messias, sondern ein fremder Imperator sollte ihnen das Heil bringen, war für die Juden völlig unakzeptabel. Sie sahen darin einen Versuch, dem jüdischen Volk »die Einmaligkeit seiner geistigen Gestalt« zu nehmen, schreibt Schalit.
Die Aufnahme in die imperiale Gemeinschaft, die anderen Völkern Fortschritt, Wohlfahrt und Kultur versprach, bedeutete in den Augen der Juden Erniedrigung und ein Ende ihrer Exklusivität. Da nützte es Herodes nichts, dass er sich um ein »inniges Verhältnis« (Schalit) zu den Juden bemühte. Es half ihm nicht, dass er als Baumeister in einer von Armut geprägten Gegend Tausende in Arbeit und Brot brachte, Steuern senkte und Hungersnöte bekämpfte. Als er 4 v. Chr. in seinem Palast in Jericho starb, war dies für die Juden ein Anlass zur Freude. Nachfolger wurde sein Sohn Archelaos. Bald forderten die jüdischen Untertanen von ihm, jene Männer zu bestrafen, die unter seinem Vater an der Hinrichtung der beiden religiösen Würdenträger beteiligt waren.
Es kam zu Massenprotesten, gegen die Archelaos mit brachialer Gewalt vorging; etwa 3000 Menschen sollen getötet worden sein. Nach der Niederschlagung der Rebellion begab sich Archelaos nach Rom zu Kaiser Augustus. Doch der verlieh ihm nicht wie erhofft die Königswürde, sondern nur den Titel eines untergeordneten Volksfürsten (»Ethnarch«). Das kaiserliche Misstrauen gegen den Vasallen ermutigte Juden und Samariter, Archelaos bei Augustus zu verklagen: Sein Regierungsstil sei grausam und launisch. Der Kaiser enthob den Ethnarchen seines Amtes, beschlagnahmte sein Vermögen und verbannte ihn nach Vienna (heute Vienne) in Gallien. Das Herrschaftsgebiet des Geschassten kam direkt unter römische Verwaltung. Zu den fortan amtierenden Präfekten zählte 20 Jahre später Pontius Pilatus.
Zwei weitere Söhne des Herodes durften im römischen Auftrag über Teile des väterlichen Königreichs herrschen: Herodes Philippos und Herodes Antipas. Philippos kontrollierte nördliche Landstriche, darunter den Golan. Wie sehr er um die Gunst Roms buhlte, zeigte seine Politik der neuen Ortsnamen. An den Quellen des Jordan baute er die Stadt Paneas zum Cäsarea Philippi aus. Und den am See Genezareth gelegenen Flecken Betsaida nannte er »Julias«, zu Ehren von Augustus’ Frau. Konflikte mit den Juden brauchte Philippos kaum zu fürchten, denn sein Sprengel war mehrheitlich von Nichtjuden griechischer oder syrischer Abstammung bewohnt. Nach seinem Tod 34 n. Chr. schlug Rom dessen Gebiet zunächst der Provinz Syrien zu. Sein Halbbruder Antipas, der nach biblischer Darstellung Johannes den Täufer festsetzen und hinrichten ließ, regierte nach dem Tod seines Vaters als Herrscher von Galiläa und Peräa. Als es im Jahr 26 im benachbarten Judäa zu einem Konflikt mit der römischen Besatzungsmacht kam, ergriff der Herodianer für die Juden Partei: Der römische Statthalter Pontius Pilatus wollte in seinem ersten Amtsjahr imperiale Feldzeichen nach Jerusalem bringen – für die Juden eine Provokation. Als Antipas einige Jahre später versuchte, in Rom den Königstitel zu erhalten, ereilte ihn das Schicksal seines Bruders Archelaos: Der Kaiser schickte ihn in die Verbannung nach Gallien.
Den begehrten Königstitel von Judäa erhielt ein Herrscher der Herodianer-Dynastie erstmals wieder im Jahr 37. Kaiser Caligula übertrug Herodes Agrippa I., einem Enkel des großen Herodes, die Würde eines Monarchen. Agrippa war in Rom aufgewachsen, wurde gemeinsam mit einem Kaisersohn erzogen und pflegte schon früh beste Kontakte zum Hof. Welches Vertrauen Caligula ihm entgegenbrachte, zeigte sich, als er ihm die Herrschaftsgebiete des verstorbenen Philippos übertrug. Der neue
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