Jesus von Texas
nach Houston«, sagt Leona. »Und kauf noch ein paar Sportsachen ... « Nummer vier - neuer Rekord. Mom lächelt nur überlegen und schmiegt sich in Lallys Arme.
»Verdammt, Doris, ich geh sie gleich selber holen«, sagt George. »Sie laden das verfluchte Ding schon ab, schaut doch mal!« Ich recke meinen Hals; tatsächlich parkt vor Lechugas Auffahrt ein JC-Penney's-Lieferwagen. Sein Hinterrad hat einen Teddybär geplättet.
»Äh, na ja, warte mal ...«, sagt Mom.
Es gab mal dieses Pferd, das auf der Bühne Rechenaufgaben löste. Alle dachten, das Pferd ist irre schlau, weil es die Lösungen mit dem Huf klopfte und sich nie verrechnete. Dann stellt sich raus, das verdammte Pferd hatte überhaupt keine Ahnung von Mathe - es hat einfach immer weiter geklopft, bis sich die Anspannung im Publikum löste. Sobald es die richtige Zahl geklopft hatte, entspannten sich alle, und das merkte das Pferd und hörte einfach auf zu klopfen. So macht es jetzt auch Lally: Er deutet die Anspannung im Raum richtig.
»Tss, die Special Edition?« sagt er. »Baby, sie haben dich so lange hingehalten, da hab ich angerufen und die Bestellung storniert. Tut mir leid. Fahren wir eben nach San Antone, ich brauch sowieso neuen Ginseng.«
»Ach herrje, na dann.«
»Aber du hast doch hellbraun bestellt, oder nicht?« fragt George. »Und sie laden eine neue hellbraune Kühl-Gefrier-Kombination bei Nancie ab, eine Special Edition, schaut doch mal!«
»Was für ein Tag«, sagt Leona. Ihr Gesicht verliert jeden Ausdruck, so angestrengt versucht sie, ihre vierte Prahlerei wieder einzusaugen. Zu spät, Süße.
Mein Blick klettert mühsam über die Frühstücksbar hinweg, an der Stromrechnung vorbei, die hinter der Keksdose angepinnt ist, und ins Wohnzimmer hinein; unterwegs klammert er sich an jeden Strohhalm menschlicher Würde. Dann kommt Brad in einem Paar nagelneuer Timberlands herein. »Beng!« knallt die Tür zu. Er zieht seine Rotze hoch und nimmt sofort Kurs auf den Fernseher. Gleich wird er auf dem Läufer sitzen und den Leuten in der Jerry Springer Show die »Beeps« von den Lippen ablesen, jede Wette.
Mein Gesicht sackt zusammen. So werde ich großgezogen, so sieht er aus, mein beschissener Kampf um Erkenntnisse und Ruhm: ein Eintopf aus Lügen, Zellulitis und ganz doll viel Liebe.
Ich mache kehrt und will in mein Zimmer gehen, doch Lally greift mich am Kopf. Er tut so, als ob er meine Haare verwuschelt, doch in Wirklichkeit hält er mich fest. »Großer - laß uns mal ein paar Worte wechseln.«
»Genau«, sagt Mom, »besprecht ihr mal eure Männersachen; ich setz uns inzwischen ein Tasse auf und bringe meine Mädchen hier auf den neuesten Stand, was die Diät einer gewissen Person angeht.«
»Was denn«, sagt Leona, »jetzt doch wieder Weight Watchers?«
»Doktor Sears«, sagt Mom, »das Optimum.«
Mehr kriege ich nicht mit; Lally drängt mich in die dunkle Ecke des Wohnzimmers. Ich werde auf Pams Seite des Sofas plaziert, also dort, wo es am niedrigsten ist. Er breitet sich am erhöhten Ende aus und betrachtet stirnrunzelnd meine Schuhe.
»Tss - was glaubst du eigentlich, was deine Mutter wegen dir durchgemacht hat. Hast du dir mal vorgestellt, ich wäre nicht zur Stelle gewesen, um die Scherben aufzukehren?«
Will er mich verarschen oder was? Seit sieben Tagen ist er hier, und jetzt sind wir, keine Ahnung - verwandt? Ich stiere nur auf den blöden Läufer. Ein Meter davon verrottet.
»Die Sache fordert uns einiges ab, Vern, gelinde gesagt.«
Ich rappele mich vom Sofa hoch. »Es sind deine verdammten Scherben.«
»Wie war das?« Er hält mich am Arm fest.
»Du kannst mich mal«, sage ich.
Er haut mir mit der flachen Hand eine runter. »Noch ein verdammter Fluch.«
Die Geräusche locken Brad an; er kommt auf seinem Arsch rübergerutscht. Der Griff von Lally Hand an meinem Arm wird fester.
»Lalito, wie möchtest du deinen Kaffee haben?« ruft Mom.
»Heiß und süß, genau wie meine Frau.« Lally lächelt Brad zu und zwinkert. Ich male mir den Schaden aus, den eine schirmlose Tischlampe an den Dickdärmen der beiden anrichten würde. Lally zieht mich zu sich heran und senkt die Stimme. »Ich hab da was von einer Waffe gehört. Weißt du was von einer zweiten Waffe?«
Ich halte einfach meinen Mund.
Er mustert mich einen Moment lang, dann zieht er seine Augenbrauen weit nach oben. »Erinnerst du mich daran, daß ich Dr. Goosens anrufe?« Er wartet auf eine Reaktion, doch er kriegt keine. Erwartet noch ein bißchen,
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