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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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fliegt an ihren Beinen hoch.
    »Weitermachen«, sagt Lally vom Fenster aus. Er dreht sich von der Kamera weg und ruft über seine Schulter nach hinten: »Leona - schau dir mal an, was wir für die Sendung haben!«
    Ich greife mir Ella, deren Kleid halb in ihr Höschen geknautscht ist, und ziehe sie in den Flur raus. Zugleich versuche ich Moms Kamera festzuhalten, doch sie purzelt mir unterwegs runter. Vor uns poltert Deutschman ins Badezimmer, Mund und Augen weit aufgerissen. Ich laß das Foto zu ihm hineinsegeln.
    »Zerreißen Sie es, Sir, und was immer Sie tun - sprechen Sie nicht mit diesem Typen.«
    Die Bohlen federn, als wir zur Haustür rausstürzen und die Stufen runterpoltern. Regentropfen empfangen uns; sie fliegen seitlich durch das Licht der Veranda und schlingern auf uns zu wie wütendes Sperma. Kies stiebt hoch, als ich Ella um die Ecke zerre, wo ich im Schatten des Hauses mein Zeug verstaut hab. Dort steht Lally und erwartet uns mit seiner Kamera.
    »Holla, Kinder - immer mit der Ruhe.«
    Ich fasse Ella bei den Schultern und stoße sie weg. Sie wirbelt in Richtung Straße; einer ihrer Arme rudert in der Luft, der andere ordnet noch immer die Hinterseite ihres Höschens unter ihrem Kleid. Lally stolziert zu meinem Rucksack und baut sich zwischen mir und dem Rad auf. Dann knetet er ausführlich seine Eier.
    »Meine Güte, aus dir ist ja ein richtiger Karrieremann geworden.«
    Tausend Flüche ballen sich in meinem Kopf zusammen; kein einziger von ihnen erblickt das Licht der Welt. Statt dessen konzentriere ich mich auf sein fieses Grinsen, senke den Kopf und stürze mich in seine Eingeweide. »Dchuuf!« er fliegt nach hinten auf das Rad; die Kamera rotiert durch die Luft und prallt klappernd von seinem Schädel ab.
    »Rattendreck, verfluchter!« Er klaubt sich aus dem Fahrradrahmen zusammen und schlägt nach meinem Knöchel aus. Dann knurrt er: »Du willst doch nicht etwa im wirklichen Leben mitmischen, du kleiner Schwanzlutscher?«
    Ich schnappe mir die Kamera und reiß die Kassette heraus, dann nehme ich Maß und trete zu, mit allem, was in mir steckt. Mein Fuß trifft ihn hart, und er scheppert rückwärts aufs Rad, benommen und blutig. Kies wirbelt umher.
    »Wow, Lalito«, ruft Leona von irgendwo hinter dem Haus. »Dein Star hat eben eine Spinne gesehen - ist das etwa normal bei dem Job?«
    Ich zerre meinen Rucksack vom Boden hoch und sprinte zur Straße. Ella springt hinter dem geparkten Jeep hervor und stürzt sich auf meine freie Hand. Ich ziehe sie in die Dunkelheit der Abenddämmerung hinein, und so stürmen wir geduckt und Hand in Hand die Straße hinunter, verfolgt von rasend dahinziehenden Wolken.
    »Lalo«, höre ich Leona hinter uns. »Jetzt mal ganz ehrlich - findest du Vanessa oder Rebecca besser als Name?«
    Unsere pochenden Herzen zerren uns an windschiefen Schuppen und improvisierten Verandas mit baumelnden gelben Glühlampen vorbei, hinein in Bäche und über Felsvorsprünge hinweg; unsere Lungen saugen Luft an wie Flugzeugrotoren, bis wir nicht mehr können. Lally wird jetzt wieder auf den Beinen sein und unsere Spur aufgenommen haben, mit Schaum vorm Mund. Und wahrscheinlich dicht gefolgt vom Gesetz und seinen Hütern. Der Paradickmann schwillt an vor Wut.
    »Fuck«, schnauft Ella, als wir endlich anhalten.
    Ich knie neben ihr im Gebüsch hinter ihrem Haus. Von hier aus blickt man auf einen zugewachsenen Weg, der zwischen ihrem Zaun und der Hütte nebenan verläuft. Am Ende des Weges kann man gerade noch so die Johnson Road erkennen. Dahinter dehnt sich Keeter's in die Nacht, bis hin zu den Höhen des Escarpments. Mein Atem beruhigt sich langsam, und ich höre die ersten Grillen und das Rauschen der Gräser im Wind. Feuchte Luft aus Ellas Mund streicht über mein Gesicht. Ich drehe mich um und schaue durch das Gebüsch auf die funkelnden Lichter der letzten Ausläufer von Crockett's. Hinter der Stille hört man von weither die Lebensgeräusche der Stadt; dann nähert sich ein Auto. Eine Erkenntnis schleicht sich in meine Gedanken, warm wie eine Streicheleinheit: Mir bleiben sieben Sekunden, um den Rest meines Lebens zu planen.
    »Eil, ich muß dir was Wichtiges anvertrauen.«
    »Du kannst mir vertrauen, Bernie.«
    »Wir haben hundertvierzig Dollar. Das sind siebzig für jeden.« Ich ziehe das Geld aus der Tasche und blättere es durch, bis ich einen Zehndollarschein gefunden hab. Ich stecke den Zehner wieder ein und geb den Rest Ella. »Kannst du sechzig davon zum Beulah Drive

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