Jesus von Texas
schweren Metallrahmen. Aus dem Rahmen strahlt das Gesicht einer freundlichen Lady mit klaren, arglosen Augen und lockigen, flauschigen Haaren, die inmitten von Blüten im Wind wehen. Man sieht, daß der Wind vor langer Zeit geweht hat. Auf der anderen Seite des Zimmers ist ein einzelnes schmales Fenster, das in den Hinterhof rausgeht, wo man Gerumpel rumliegen sieht, unter anderem eine verrostete Hollywoodschaukel.
Ella steht am Bettrand und klemmt ihr Kleid unter ihrem Kinn fest. »Hii Das kitzelt - warten Sie, wollen Sie meinen Südpol sehen - oder meinen Nordpol?«
Sie zieht ihr Höschen zu den Knien runter. Aber von wegen langsam und sexy runterschieben - mit einem Ruck reißt sie sich den Stoff vom Arsch und lächelt dabei, als hätte man sie gerade im Mini-Mart aufgelesen. Das ist Ella - versteht ihr langsam, was ich meine?
»Was haben wir denn da?« Deutschmans Fingerspitzen zittern auf ihren nackten Hintern zu, sein Atem wird keuchend.
Ich hole ebenfalls tief Luft. Dann springe ich mit Moms Polaroid ins Zimmer hinein. Knips!
»Der Irre!« sagt Deutschman. Seine Lippen beben scheinbar freihängend in der Luft; dann plumpst sein Kopf auf seine Brust, aus Scham, nehm ich mal an.
»Mr. Deutschman, es ist schon okay«, sage ich. »Mr. Deutschman? Wir wollen Ihnen keinen Ärger bereiten, die junge Dame ist freiwillig hier, und ich begleite sie nur. Verstehen Sie?«
Er schaut aus einem matten Auge zu mir hoch und verschluckt ein paar stumme Worte. Dann blickt er wieder zu Ella. Sie legt ihren Kopf schief wie die Moderatorin einer Spielshow und fixiert ihn mit einem Lächeln. Gott, ist die schräg, ganz ehrlich.
»Mr. Deutschman«, sage ich. »Es tut mit wirklich leid, hier so reinzuplatzen, es ist nicht böse gemeint. Aber, sehen Sie, wir beide, Sie und ich, haben besondere Bedürfnisse, und wir können uns gegenseitig helfen.« Ol' Deutschman läßt seinen Mund offenhängen und hört zu, auf die texanische Art. »Sie sehen die junge Dame hier? Ich wette, Sie würden gern ein wenig Zeit mit ihr verbringen. Und wissen Sie was - Ihre Bedürfnisse werden wahrscheinlich befriedigt werden.« Ich kopiere die Verkäufer aus Dads Videos, die immer ihre Hände ausbreiten und sich eins lachen, so als ob du schon das dümmste Sackgesicht der Welt sein müßtest, um nicht zu kapieren, wie einfach alles ist. »Für das alles benötigen wir lediglich einen kleinen Betrag, als Entschädigung für unseren Aufwand. Bei einer Beitrittsgebühr von beispielsweise dreihundert Dollar, ganz unkompliziert zahlbar, pauschal und in einer Rate, könnte ich Sie beide noch ein wenig länger allein lassen. Sie werden mich nicht mehr zu Gesicht bekommen. Und, Mr. Deutschman - Sie erhalten dieses Foto, und wir werden Ihnen weder weitere Besuche abstatten noch irgend jemandem ein Sterbenswörtchen darüber sagen. Das versprechen wir Ihnen hoch und heilig, ist es nicht so, Miss?«
Ella steht da, die Schlüpfer um ihre Knie, stemmt die Hände in ihre Hüften und grinst wie ein Mouseketeer aus dem Disney-Club. Mr. Deutschman starrt eine Weile auf den Boden, dann greift er nach der Brieftasche auf seinem Nachttisch. Er nimmt sämtliche Scheine heraus und überreicht sie mir wortlos - es sind hundertsechzig Dollar. Mir sinkt der Mut.
»Sir, ist das alles, was Sie haben? Dieses Geld hier, sonst nichts?« Ich schaue auf ihn herab, wie er da sitzt, alt und zittrig, und mein Mut sinkt noch mehr. Ich falte das Geldbündel auseinander und ziehe einen Zwanziger von oben weg. »Hier, Sir, wir wollen Sie nicht ausnehmen oder so.«
Ein großartiger Krimineller bin ich. Scheiße. Er nimmt den Schein, ohne mich anzusehen. Doch plötzlich durchfährt mich ein Gedanke: Ella kriegt alle Aufmerksamkeit, die sie sich nur wünschen kann, und wird auch noch dafür bezahlt. Deutschman gibt ein bißchen abgegriffenes altes Bargeld aus und kriegt den Spaß, von dem er wahrscheinlich sein gesamtes Erwachsenenleben geträumt hat. Meine alte Dame kriegt ihren Seelenfrieden, was meinen sogenannten Job angeht, und macht nebenbei noch ein bißchen Umsatz. Und alles, was ich kriege, ist das Privileg, diesen riesigen Scheißhaufen aus Lügen und Schleim umherzuschieben. Die Sache zieht mich so runter, daß ich einfach nur noch raus will hier.
»Ich laß Sie beide jetzt allein«, sage ich und wende mich zur Tür.
Als ich dort ankomme, höre ich Deutschman hinter mir aufstöhnen. Ich wirble herum und sehe, wie er hastig aufspringt und dabei fast ausrutscht. Ellas Höschen
Weitere Kostenlose Bücher