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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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auf, und schließlich sagt er: »Das kostet dich aber den Preis für die ganze Strecke, ab Austin - dreizehn fünfzig.«
    Ich klettere in den Bus, ohne auch nur zu gucken, wo das Cowgirl sitzt oder ob überhaupt irgendwo ein Cowgirl sitzt. Die Aura zerknüllter Bettwäsche schlägt mir entgegen; ich würge sie runter und schlurfe zu einer leeren Sitzreihe im hinteren Drittel, vorbei an Reisenden, die, zermürbt vom unruhigen Schlaf, an den Sitzen kleben. Die Tür schließt sich, der Bus fährt an, und mein Nebennierenmark hustet mir eine Überdosis Adrenalin ins Blut, weil ich halb damit rechne, daß gleich Lally auftaucht oder Ellas Mom oder keine Ahnung wer. Lieber nicht so genau drüber nachdenken, sonst kriegt man's vom Schicksal prompt in den Hintern gerammt. Es verfolgt nämlich genau, was man denkt.
    »Bchrrr« - der Autobus nimmt an Fahrt auf, und ein paar anonyme Meilen weiter hänge ich über der offenen Klinge des Schlummers. Mein Gehirn ist wie Kristallgrütze. Wir kommen an einem Jauchefeld oder so vorbei und sind gerade mitten drin in einem dieser Lüftchen, die deine Eltern immer angestrengt ignorieren, wenn du mit ihnen Auto fährst, als plötzlich Taylor Figueroa meine Sinne überflutet, keine Ahnung, warum. Ganz in der Nähe ist sie, in einem Feld neben der Straße, hinter einem Gebüsch - auf allen vieren und nackt bis auf ein blaues Synthetikhöschen, das tief ins Dreieck ihrer Schenkel schneidet und überreif schimmert. Ich bin bei ihr. Wir fühlen uns sicher und behaglich und haben alle Zeit der Welt. Meine Nase gleitet über ihren Schonbezug, folgt der klebrigen Spur ihres Bouquets entlang schimmernder Ränder und biegt hinab zum Bein, wo das Lüftchen strenger wird - saure Schokolade, die mir scharf in die Nase sticht und mich nach hinten wirft, weg von ihrer Muschi. Ich pralle eindeutig zu weit nach hinten in meinem Traum. Dann sehe ich, daß wir in einem Feld voller Kackrüben sind, und plötzlich weiß ich nicht mehr, ob der Geruch von Taylor kommt oder vom Feld. Ich krieche wieder auf ihre Grotte zu, doch die Ränder verschwinden, und der verbotene Duft verwandelt sich zu Körperwärme und Aftershave. Als ich erwache, sauge ich wie ein Wahnsinniger Luft durch meine Nase. Taylor ist weg, und ich bin im Bus. Draußen ziehen leere Weiten vorbei.
    Ich richte mich in meinem Sitz auf und versuch mir gerade einzureden, daß alles ganz normal ist, als die Wellen schon heranbranden, Flutwellen des Horrors, die den schönen Traum von eben überschwemmen und durch grelle Bilder von Jesus ersetzen. Er schaut mich nicht an. Abgewandt steht er da und schiebt sich den warmen Lauf in den Mund, umschließt ihn mit seinen Lippen. Milchige Augen sprenkeln den Schulhof wie eine Blumenwiese; erschrocken fliegen ihre Blicke umher, werden müde und erlöschen. Abgehackte Atemstöße, Husten und Würgen, das Zischen von verzweifelt gerinnendem Blut, schwerwiegende letzte Botschaften, die niemand hört. Dann der Schuß. Mr. Nuckles, der Lehrer, ist auch da, sein Gesicht ist benetzt von Bläschen jungen Blutes. Die Erinnerung ist zurückgekehrt. Und dann schießen mir die Tränen nur so aus den Augen, Tränen für die Gefallenen, für Max Lechuga, Lori Donner und all die anderen. Ich bin erledigt, das weiß ich - für den Rest der Fahrt sowieso und vielleicht für den Rest des Lebens. Sie haben sich meinen Schwanz gegriffen und mich ans größte verfügbare Kreuz genagelt. Wie können sie nur glauben, daß ich das war? Doch ich kenne die Antwort: Ausgeschert aus der Meute bin ich, hab's gewagt, mit dem Underdog rumzuziehen, und jetzt bin ich selber der Underdog, und alles, was ich jemals gesagt oder getan hab, hat einen finsteren Anstrich erhalten. Zum ersten Mal kann ich ihn verstehen.
    »Geht es dir nicht gut?« Eine alte Lady kommt durch den Gang auf mich zu. Wahrscheinlich bin ich hier hinten am Japsen wie ein Fisch. Sie berührt mein Gesicht mit ihrer Hand, und ich schmiege mich an sie, als wäre es die Hand Gottes.
    »Es geht schon«, sage ich durch einen Vorhang aus Speichel. Sie zieht ihre Hand zurück, doch mein Gesicht, gierig nach mehr, strebt ihr gegen meinen Willen nach.
    »Du hast Ärger, oder? Das tut mir so leid. Ich sitz gleich dort vorn, falls du ein wenig Gesellschaft brauchst, gleich dort vorn.« Dann tastet sie sich an den Rückenlehnen entlang zu ihrem Platz.
    Ein wahrer Engel Gottes, diese Lady, aber alles, was ich fühle, sind Schmerz und Dunkelheit, die Dunkelheit der Hölle. Ich sitz da,

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