Jetzt Reichts Mir
Ausdrücke benutzen sollte. Die fünfzehn Seiten waren übersät mit seinen Korrekturen.
Die ganze Sache war mir extrem peinlich, vor allem auch deshalb, weil sich die ganze Gruppe in ihrer Kritik einig war. Meine Unterlagen waren gelinde gesagt... korrekturbedürftig. Dabei hatte ich wochenlang an diesen Unterlagen gearbeitet. Ich hielt sie für optimal und fehlerfrei. Und jetzt stellte sich heraus, dass sie es nicht waren.
Kritik – Weltuntergang oder ein Geschenk?
Als das Ganze passierte, war es für mich ein echter Tiefschlag. Dabei war die Kritik meiner Teilnehmer durchweg sehr konstruktiv. Sie war kein Angriff, auch kein Sich-lustig-Machen. Hier und da redeten ein paar Teilnehmer miteinander und es fielen Sätze wie: »Na ja, das kann passieren, wenn man noch Anfänger ist.« Oder: »Solche Unterlagen lässt man am besten von jemandem gegenlesen.«
Für mich war die Sache damals ein kleiner Weltuntergang. Ich fühlte mich hilflos einer Kritik ausgeliefert, um die ich nicht gebeten hatte. Ich wurde gegen meinen Willen kritisiert. Es kam raus, dass ich die Sache mit den Unterlagen nicht gut beherrschte und dass ich noch Anfängerin war. Und genau das hätte ich so gern versteckt.
Im Nachhinein gesehen war diese unerwartete Kritik das Beste, was mir passieren konnte. Ich lernte dadurch sehr schnell, wie gute Trainingsunterlagen auszusehen haben.
Und ich lernte durch diese Kritik nicht nur, welche Fehler ich gemacht hatte, ich lernte auch die Bedürfnisse meiner Teilnehmer kennen. Sie bevorzugen übersichtliche Strategien statt langatmiger, theoretischer Texte. Sie möchten lieber klare, kurze Sätze lesen, mit möglichst wenigen Fremdwörtern. Ich lernte, die Trainingsunterlagen so zu gestalten, dass man sie im späteren Alltag wie ein Rezeptheft benutzen konnte. Diese Kritik war ein Segen für mich. Aber als sie mich traf, war es ein einziger Albtraum.
Wichtige Frage
Können Sie von sich aus andere Leute um eine Rückmeldung bitten?
Kritik als Weltuntergang
Ergreifen Sie die Initiative statt sich der Kritik auszuliefern
Ich habe damals eine wichtige Lektion gelernt: Eine brauchbare Kritik kann mich enorm bereichern und weiterbringen. Aber es ist für mich besser, wenn ich aktiv um eine Rückmeldung bitte. Schlechter ist es für mich, wenn ich von einer Rückmeldung überrumpelt werde.
Trifft mich eine Kritik plötzlich und unerwartet, fühle ich mich hilflos, als wäre ich ein Opfer. Dieses hilflose Gefühl habe ich auch, wenn die Kritik konstruktiv und brauchbar ist. Ich mag es nicht, aus heiterem Himmel kritisiert zu werden. Deshalb habe ich mir angewöhnt, aktiv um ein Feedback zu bitten. Am Ende eines jeden Trainings stelle ich zwei Fragen: Was war gut und kann so bleiben? Was könnte ich weglassen oder verändern?
Im Laufe der Jahre hat das präzise Feedback meiner Teilnehmer dafür gesorgt, dass meine Arbeit als Kommunikations-trainerin
immer besser wurde. Ich lernte, eine Dienstleistung abzuliefern, die den Leuten wirklich dient. Wenn ich ein Buchmanuskript zum Verlag schicke, weiß ich, dass das nächste Gespräch mit meiner Lektorin ein Kritikgespräch ist. Ich kann mich innerlich darauf einstellen und mir die Kritik ruhig anhören.
Kritik als Geschenk
Drei gute Gründe, um aktiv zu werden und andere um eine Rückmeldung zu bitten
1. Sie können mitbestimmen, wann und wo das Feedback stattfindet
Dabei wählen Sie natürlich Umstände aus, die für Sie günstig sind, z.B. ein Gespräch unter vier Augen, in einem Raum, in dem Sie sich wohl fühlen. So verhindern Sie, dass man Ihnen zwischen Tür und Angel ein Kritikgespräch aufdrängt. Und das womöglich in einer Situation, in der Sie sich gestresst oder schwach fühlen.
2. Sie können sich innerlich wappnen
Bevor Sie um eine Rückmeldung bitten, gehen Sie innerlich in einen Kritik-Aufnahme-Zustand. Genauer gesagt: Sie sperren die Ohren auf und schrauben Ihre Empfindsamkeit ein wenig runter. Jetzt sind Sie bereit, sich etwas Positives wie auch etwas Negatives anzuhören – ohne allzu sehr überrascht und irritiert zu sein.
3. Sie zeigen sich stark und unabhängig
Sie übernehmen die Leitung. Damit sind Sie nicht mehr das hilflose Opfer, das sich eine Kritik gefallen lassen muss. Nein, Sie lenken das Gespräch in die Richtung, die für Sie gut und brauchbar ist.
Warten Sie nicht, bis Ihr Gegenüber mit der Sprache rausrückt. Wenn Sie etwas geleistet haben, was mit Sicherheit beurteilt wird, dann nehmen Sie das Ruder in die
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