Jetzt wirds ernst
Filmleute starrten mich an. Plötzlich zogen sich die Schweinsaugen des Produzenten zu winzigen Knöpfchen zusammen, und er fing an zu grinsen. Sein
ganzes Gesicht begann zu zittern und zu wackeln wie ein rosiger Geleehaufen. Schließlich brach er in ein schrilles Gelächter aus.
»Das ist doch genau der kleine Scheißer, den wir brauchen!«, prustete er heraus.
Auch der Regisseur rührte sich jetzt.
»Die Sache ist die …«, sagte er mit einem müden Lächeln, »uns ist kurzfristig ein Darsteller abgesprungen …«
Schlagartig riss das Gelächter des Produzenten ab.
»Er ist nicht abgesprungen, er ist gekündigt worden!«, sagte er gefährlich leise.
»Entlassen!«, verbesserte ihn der Regieassistent mit hochgezogenen Schultern und streberhaft erhobenem Zeigefinger.
»Entlassen! Gekündigt! Gefeuert!«, schrie der Produzent mit sich leicht überschlagender Stimme. »Abgebaut! Abserviert! In die Wüste geschickt! Ich habe ihm
persönlich den Arschtritt verpasst, verstehst du? Höchstpersönlich habe ich ihm diese maßgeschneiderten Lackschuhe in sein verkniffenes Arschloch getreten!«
Mit beiden Händen hob er seine Hosenbeine hoch und entblößte ein Paar glänzend aufgeputzte Herrenschuhe.
»Und warum haben sie das getan?«, wollte ich wissen.
»Das tut nichts zur Sache …«, zischte mich der Regieassistent an.
»Das tut sehr wohl was zur Sache!«, sagte der Produzent ruhig. »Der kleine Hundsfott hat meine Assistentin gevögelt!«
»Verstehe!«, sagte ich.
»Das freut mich!«, erwiderte der Produzent und ließ mit einem kleinen Seufzer seine Hosenbeine wieder fallen.
»Du bist doch Schauspieler?«, fragte der Regisseur.
»Auf dem Weg dahin«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
»Das ist mehr als man erwarten kann. Die Rolle ist klein. Ein Furz, um genau zu sein. Ein Auftritt. Zwei Sätze. Aber es ist eine Rolle. Willst du sie haben?«
Ich nickte.
»Gut. Drehbeginn ist morgen um acht. Sei pünktlich und nüchtern!«
Die Drei drehten sich um, stiegen im Gänsemarsch die Treppe hoch und verließen das Theater. Ich ging zum Ausschank und goss mir ein großes Bier ein. Ganz genau sah ich, wie der
Schaum über den Rand quoll und am Glas hinunterperlte.
EIN SATZ IST BESSER ALS KEINER
Pünktlich um acht erschien ich am Set. Auf einer Seite des Rathausplatzes h atte man den ehemaligen Strickwarenladen der alten Frau Chalupa ausgeräumt und stattdessen
eine kleine Zoohandlung eingerichtet, mit echten Hamstern, Hasen, Eidechsen, kleinen Katzen und so weiter. Sogar ein paar Aquarien, in denen sich eine Menge bunter Fische tummelten, hatte man
aufgestellt. Überall wuselten die karierten Jungs herum, schleppten Kabel, legten Schienen oder verschraubten Scheinwerfer. Der Regieassistent kam auf mich zu. Seine roten Haare glänzten
wie Dachziegel im Morgenlicht. Obwohl er ungefähr meine Größe hatte, schienen seine blassblauen Augen mich ständig von oben herab zu mustern.
»Damit eines klar ist«, sagte er. »Ich kann dich nicht leiden. Wenn es nach mir ginge, würdest du ewig in deinem Hinterhofkeller hocken!«
»Aber es geht nun mal nicht nach dir!«, sagte ich.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich seine Fäuste für einen Moment zu kleinen, weißen Knoten ballten. Kleine, eisharte Schneebälle. Danach entspannte er sich wieder und
verformte sein Schnöselmündchen zu einem spöttischen Lächeln.
»Wir sehen uns …«, sagte er, zückte ein riesiges, schwarzes Funkgerät, hielt es sich dicht vors Gesicht und verzog sich wichtig hineinsprechend ins
Zoogeschäft.
Eine Frau mit gelber Sonnenbrille kam, zerrte mich in eines der Wohnmobile und steckte mich in mein Kostüm: Hose, Hemd, Jacke, alles grau in grau. Danach wurde ich von einem freundlichen
Homo in roten Leggins abgeholt und nach nebenan in das Maskenmobil gebracht. Er setzte mich vor den Schminktisch und begann sofort damit, mir eine rosige Puderwolke im Gesicht zu verpinseln und
einen Haufen Gel in die Haare zu schmieren. Ob es denn mein erster Filmauftritt sei, wollte er wissen.
»Nein«, sagte ich, »selbstverständlich nicht!«
Gleich darauf erschien die rotgesichtige Aufnahmeleiterin und brachte mich ins Zoogeschäft. Alle waren schon da. Der Regisseur saß in seinem Stuhl und nickte mir müde zu, daneben
saß die Hauptdarstellerin und tat gelangweilt, im Hintergrund stand der Produzent, in der einen Hand einen Becher Kaffee, in der anderen die Titten seiner Assistentin. Offenbar hatte er ihr
den kleinen Ausrutscher
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