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Jhereg

Jhereg

Titel: Jhereg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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beeindruckend aus. Zu jener Zeit war es das einzige schwebende Schloß.
    Ich sollte vielleicht erwähnen, daß es vor dem Interregnum jede Menge schwebender Schlösser gegeben hat. Vermutlich ist der Zauberspruch nicht allzu kompliziert, wenn man überhaupt soviel Arbeit in die Sache stecken möchte. Der Grund, warum sie im Augenblick so aus der Mode sind, ist das Interregnum selbst. Eines Tages, das ist jetzt mehr als vierhundert Jahre her, funktionierte die Zauberei nicht mehr – einfach so. Wenn man die richtigen Ecken auf dem Land kennt, kann man dort heute noch kaputte Gerüste und verstreute Überreste von einstmals schwebenden Schlössern finden.
    Lord Morrolan e’Drien wurde während des Interregnums geboren, welches er größtenteils im Osten verbrachte. Dort studierte er die Hexenkunst, was für einen Dragaeraner äußerst ungewöhnlich ist. Und als die Ostländer das Versagen der Zauberei auf Dragaera ausnutzten, um zur Abwechslung mal über sie herzufallen, erwarb Morrolan still und leise Macht und Geschick.
    Als dann Zerika aus dem Hause Phönix auf den Pfaden des Todes hervortrat, das Gestirn des Imperiums in ihren gierigen kleinen Händen, war Morrolan zur Stelle und half ihr, sich auf den Thron zu drängen. Danach trug er wesentlich dazu bei, die Ostländer zurückzuschlagen, und er half dabei, die Seuchen zu bekämpfen, die sie als kleines Andenken zurückgelassen hatten.
    Das alles führte dazu, daß er die aus dem Ostreich stärker tolerierte, als es für einen Dragaeraner, insbesondere einen Dragonlord, üblich war. Und das ist auch mit ein Grund dafür, daß ich regelmäßig für ihn arbeite, nachdem wir uns beim ersten Treffen beinahe umgebracht hatten. Kleines Mißverständnis, weiter nichts.
    Allmählich wurde mir klar, daß der Lord Morrolan tatsächlich eines schwarzen Schlosses würdig war – nicht, daß er auch nur das Quieken eines Teckla auf meine Meinung gegeben hätte. Außerdem verstand ich zum Teil den Grund für die Namensgebung.
    Dazu muß man wissen, daß Dragonlords, besonders wenn sie noch jung sind (der aufmerksame Leser wird bemerkt haben, daß Morrolan jünger ist als fünfhundert Jahre) – wie soll ich sagen –, leicht reizbar sind. Morrolan wußte sehr genau, daß es ein bißchen anmaßend war, seine Behausung so zu nennen, und er wußte außerdem, daß ihn von Zeit zu Zeit andere deswegen verspotten würden. In dem Fall forderte er sie zum Duell heraus und brachte sie dann mit dem größten Vergnügen um.
    Lord Morrolan aus dem Hause der Dragon war einer von verdammt wenigen Adligen, die diesen Titel verdienten. Ich habe an ihm die meisten der Eigenschaften beobachten können, die man von Adligen erwartet: Höflichkeit, Güte, Ehrenhaftigkeit. Darüber hinaus war er meiner Meinung nach einer der blutdürstigsten Mistkerle, die mir je begegnet sind.
     
     
    Wie immer begrüßte mich Lady Teldra aus dem Hause der Issola im Schwarzen Schloß. Keine Ahnung, was Morrolan ihr für die Dienste als Empfangskomitee und Begrüßungsdame zahlte. Lady Teldra war groß, wunderschön und so anmutig wie ein Dzur. Ihre Augen hatten die Sanftheit eines Iorichflügels, und sie bewegte sich weich und fließend, mit der Zartheit einer Hoftänzerin. Dazu kam die entspannte, selbstsichere Art einer, naja, eben einer Issola.
    Ich verneigte mich tief vor ihr, und sie tat das gleiche, begleitet von einem Schwall bedeutungsloser Schmeicheleien, die mich so glücklich über meinen Besuch machten, daß ich den eigentlichen Grund fast aus den Augen verlor.
    Dann führte sie mich in die Bibliothek, wo Morrolan über einem gewaltigen Band mit Inschriften gebeugt saß und beim Lesen Notizen machte.
    »Tritt ein«, sagte er.
    Das tat ich, und er nahm meine tiefe Verbeugung zur Kenntnis.
    »Was gibt es, Vlad?«
    »Schwierigkeiten«, warnte ich, und Lady Teldra huschte an ihren Platz am Schloßeingang zurück. »Was sollte ich wohl sonst hier suchen? Du glaubst doch nicht, daß ich mich nur mal so zum Plaudern hierher bemühe, oder?«
    Darauf erlaubte er sich ein kurzes Lächeln und streckte den rechten Arm nach Loiosh aus, der hinüberflog und sich am Kopf kratzen ließ. »Natürlich nicht«, gab er zurück. »Und neulich auf dem Fest, das war bloß ein Doppelgänger.«
    »Genau. Daß du das bemerkt hast. Ist Aliera hier?«
    »Irgendwo hier. Wieso?«
    »Die Schwierigkeiten gehen sie genauso an. Und wenn wir schon mal dabei sind, Sethra sollte auch eingeweiht werden, wenn sie in der Nähe ist. Es

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