Jillian Hunter
erhob sich zu- gleich mit Grayson, um sie zu begrüßen.
Sie schenkte Dominic ein warmes Lächeln. Es schien bei- nahe so, als habe sie Verständnis für seine Situation. „Seid alle gewarnt. Ich bin auf Chloes Seite."
„Ohne alle Fakten zu kennen?", forderte ihr Ehemann sie heraus.
„Ganz genau", erwiderte Jane, die von seinen strengen Wor- ten unbeeindruckt blieb. „Ich unterstütze sie schon aus Prin- zip." Sie blickte den gut aussehenden Marquess mit einem gespielten Stirnrunzeln an. „Und ebenso sehr auch wegen meiner vergangenen Erfahrungen mit den hinterhältigen Me- thoden des ältesten Mitglieds dieser Familie. Damit bist du gemeint, Grayson."
„Mein geliebter Advokat des Teufels", sagte Grayson und schenkte ihr einen Blick voller Herzlichkeit und Bewunde- rung.
„Irgendjemand muss ja ein wenig Sinn für Gerechtigkeit in diese Familie bringen", erklärte Jane.
„Ich bin stets gerecht", widersprach Heath lachend.
Emma blickte zu ihm hinüber. „In der Liebe ebenso wie im Krieg?"
„Ich glaube nicht, dass Heath je verliebt war", verkündete Grayson beiläufig. „Oder, Heath?"
Heath lächelte geheimnisvoll in die Runde. „Meine Privat- angelegenheiten oder mein Mangel an Privatangelegenheiten stehen hier nicht zur Debatte. Nimm dir doch einen Stuhl, Dominic. Es hat keinen Sinn, so zu tun, als wollten wir dir körperlichen Schaden zufügen."
„Warum nicht?", fragte Grayson düster.
Jane ging zum Schreibtisch ihres Mannes hinüber. „Weil er Chloe liebt und weil sie ihn liebt und weil ich vermute, dass ihre Beziehung zueinander bereits außerhalb deiner Kont- rolle liegt." Ihre Stimme war sanft und mehr als nur ein we- nig verständnisvoll. „Habe ich recht, Lord Stratfield?"
Er lächelte sie an. „Lady Sedgecroft, Sie haben mir ins Herz geblickt."
Grayson zog eine Grimasse. „Nun, Sie haben verdammt
noch mal Glück, dass ich es Ihnen nicht entfernt habe. Setzen Sie sich an den Schreibtisch, Stratfield, und nehmen Sie sich etwas zu trinken. Mein Sekretär wird in einer Stunde mit dem Vertrag hier sein. Heath möchte mit Ihnen unter vier Augen einiges zu Sir Edgar besprechen."
Dominic fühlte sich unendlich erleichtert. Und natürlich wollte er sich nicht setzen. Er wollte Chloe sehen und sie in sein Stadthaus holen. Es war zwar sehr viel kleiner und we- niger beeindruckend als das Londoner Haus des Marquess, dafür aber sehr viel persönlicher und für das, was er im Sinn hatte, viel besser geeignet. Zwar machte er sich nicht mehr ganz so viele Sorgen um sie, dennoch war er immer noch un- ruhig. Er wünschte sich, Chloe stets in Sichtweite zu wissen. Einige der Ängste, die er entwickelt hatte, würden ihn vermut- lich den Rest seines Lebens begleiten.
Seine Erfahrungen hatten ihn ohne Zweifel zu einem neu- en Menschen gemacht, und er konnte nur hoffen, dass diese Veränderung zugleich auch eine Verbesserung war. Chloe zur Frau zu haben wäre in jedem Fall eine gewaltige Verbesserung gegenüber seinem früheren Leben. Wo war sie jetzt? War sie von ihrer Familie bestraft worden? Hatten ihre Geschwister sie dazu gebracht, sich für ihre Liebe zu schämen? Er ertrug den Gedanken nicht, von ihr getrennt zu sein. Sie musste ir- gendwo in diesem Haus versteckt sein. Er blickte zu der ho- hen Stuckdecke hinauf. Wie er Chloe kannte, so lauschte sie mit einem Ohr auf dem Boden dieser Unterhaltung, dessen war er sich sicher.
Bei dem Gedanken musste er lächeln.
„Wo ist sie?", fragte er Grayson.
„Sie ruht sich gerade in ihrem Zimmer aus", erwiderte der Marquess.
„Wann darf ich sie sehen?"
Grayson zuckte mit den Schultern. „Sobald der Vertrag un- terzeichnet ist - ich nehme ohnehin nicht an, dass ich einen von euch beiden daran hindern könnte."
28. KAPITEL
Chloe war vollständig bekleidet auf dem Himmelbett einge- schlafen. In der Nacht zuvor war sie zu rastlos gewesen, um Ruhe zu finden, zu sehr von der Hoffnung erfüllt, dass Domi- nic sie in letzter Minute vor dem Schicksal erretten würde, sich ihrer Familie zu stellen.
Als sie in der Dämmerung endlich aus dem Bett aufgestan- den war, hatte sie es sich auf ihrer Chaiselongue bequem ge- macht und den Geräuschen der erwachenden Stadt gelauscht. Karren und Droschken klapperten über das Kopfsteinpflas- ter, Kühe wurden zum Markt geführt, Straßenverkäufer plau- derten, während sie ihre Waren ausbreiteten, Händler riefen sich gegenseitig etwas zu. Das wundervolle Durcheinander der Stadt, ihres Londons, und doch ... nun,
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