Jillian Hunter
der Fantasie fängt man keinen Geist. Und sie wird uns auch nicht dabei helfen, Geld für die Reparatur des Kirchturmes zu sammeln."
„Sollen wir ihm eine Falle stellen?", fragte eine Dame voll- kommen ernst.
„Eine Falle?" Tante Gwendolyn schürzte die Lippen, nach- dem Chloe mit einem missbilligenden Stirnrunzeln in den Raum gerauscht war.
Sie war stark versucht, die weichherzige Dame dafür zu schütteln, dass sie Dominic so impulsiv an ihre Freundinnen verraten hatte. Hoffentlich legte Sir Edgar diese Entwicklung als weibliche Hirngespinste aus, wenn er davon hörte. Würde er wirklich glauben, dass seine ältliche Nachbarin im Garten mit Dominics Geist gesprochen hatte?
Die rothaarige Lady Ellington schüttelte den Kopf. „Eine von uns müsste sich freiwillig melden, um als, nun ja, Lockvo- gel zu dienen."
„Ich mache es", bot Pamela mit dem Mund voller Honigku- chen und einem unschuldigen Ausdruck auf dem Gesicht an.
„Du wirst nichts dergleichen tun", widersprach ihre Mutter entsetzt und wedelte eine Serviette in ihre Richtung.
„Warum nicht?", fragte Pamela. „Madame Dara hat doch gesagt, dass er mich will. Also wäre ich die logische Wahl für einen Lockvogel."
„Sie sind viel zu jung, um sich Gefahren auszusetzen", er- klärte Lady Ellington. „Wir benötigen eine Frau mit genügend Lebenserfahrung, um dieser Seele Ruhe zu verschaffen."
Lady Wheaton, eine Baroness, die selbst fünf Töchter hat- te, stimmte zu. „Dies ist ein gefährliches Unterfangen. Eine ältere Frau würde eher mit ihm fertig werden, wenn er sich gegen sie wendet."
„Hat Stratfield ... versucht, zudringlich zu werden?", fragte Lady Ellington Gwendolyn.
„Ich habe Vorsichtsmaßnahmen getroffen, meine Lieben", erwiderte Gwendolyn recht selbstzufrieden.
Die acht anwesenden Damen lehnten sich gleichzeitig vor.
„Vorsichtsmaßnahmen?", flüsterte die Baroness.
Gwendolyn nickte. „Ich habe einen schützenden Kreis aus Salz um meine Füße gestreut, bevor ich mit dem Ritual begon- nen habe."
Die Gruppe blickte erwartungsvoll zu Chloe, die die Augen- brauen hob. „Nun, sehen Sie mich nicht so an. Ich habe den Geist nicht gesehen", murmelte sie.
Das konnte man wirklich nicht als Lüge bezeichnen. Der Dominic, den Chloe kannte, war ein atmender Mensch aus Fleisch und Blut, der einen zur Raserei bringen konnte. Ein Mann, der in der Lage war, überaus fleischliche, irdische Ge- fühle in ihr zu wecken. An der Art, wie er von ihrem Leben Be- sitz ergriffen hatte, war auf jeden Fall gar nichts Flüchtiges.
„Wie sollen wir diese Falle stellen?", fragte Lady Wheaton.
„Sollen wir alle dabei mitmachen?"
„Sollte der Pastor anwesend sein?"
„Wird es nötig sein, ihn anzulocken? Ich meine den Geist von Stratfield und nicht den Pastor."
Ein erneuter Sturm von Geplapper brach los. Die Auswir- kungen eines solch mutigen Opfers wurden in allen Einzelhei- ten diskutiert. Die Versammlung war nicht eben unglücklich, als sie zu der Schlussfolgerung gelangte, dass der Geist sei-
ne nächtlichen Verführungen sehr wahrscheinlich fortsetzen würde, bis man ihm Einhalt gebot.
Der genaue Schlachtplan für die Falle trat vorübergehend in den Hintergrund, weil zuerst lebhaft darüber diskutiert werden musste, wer wohl das nächste Opfer des Geistes sein würde, nun, da Pamela unter dem Schutz ihrer Mutter stand.
„Ich weiß nicht, warum er überhaupt zu Ihnen gekommen ist, Gwendolyn", bemerkte Lady Harwood ein wenig säuerlich.
Pamela sprang ihrer Mutter verteidigend zur Seite. „Zu- nächst einmal leben wir in einem Haus, das früher ihm gehört hat. Wir waren seine nächsten Nachbarn."
„Und wir haben seinen geliebten Hund unter unsere Fitti- che genommen", fügte Tante Gwendolyn hinzu.
Die Damen blickten den massigen Hund an, der sich vor dem Kamin breitgemacht hatte, als wäre ihnen eben erst der Gedanke gekommen, das Tier mit seinem verruchten Herrn in Verbindung zu bringen. Vor ihren Augen schien der brave Ares plötzlich die bedrohliche Gestalt eines Höllenhundes an- zunehmen.
„Glauben Sie, das Tier kommuniziert mit dem Geist des Viscounts?", flüsterte Lady Ellington hinter vorgehaltener Hand.
Tante Gwendolyn nickte. „Natürlich."
Lady Fernbrook verengte die Augen. „Warum bitten wir ihn nicht darum, uns das nächste Opfer seines Herrn zu zeigen?"
„Eine ausgezeichnete Idee", stimmte Tante Gwendolyn zu. Sie schloss die Augen und presste die Fingerspitzen in einer gebetsähnlichen Haltung
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