Jillian Hunter
der Colonel mit einem tiefen Lachen zu. „Sie sind ekelhafte Kreaturen, die im Dreck und in der Dunkelheit leben."
Justin schwenkte den gefundenen Handschuh über seinem Kopf. Von seinen Stiefeln und seinen Kaschmirhosen tropfte Wasser auf den Boden. „Ich habe ihn gefunden! Ich wusste, dass ich Tom im Schilf gesehen habe. Kommen Sie, und for- dern Sie mit mir zusammen den Preis ein, Chloe!"
Sie wehrte sich nicht, als er sie von Sir Edgars Seite zog. Es kostete sie all ihre Willenskraft, sich nicht noch einmal zu der Diele umzudrehen, die sich bewegt hatte. Sie war sich voll- kommen sicher, dass es keine Einbildung gewesen war.
Wusste Sir Edgar etwas? Er hatte nicht den Anschein er- weckt, als hege er den Verdacht, Dominic könnte überhaupt noch leben. Wenn er es doch tat, musste er äußerst geübt darin sein, seine Gedanken zu verbergen. Chloe fragte sich, wie er wohl reagieren würde, wenn er erfuhr, dass sie sich mit dem Neffen eingelassen hatte - den er hatte töten wollen.
Sie zog die Handschuhe wieder an, ihre Fingerspitzen wa- ren eiskalt. „Kommen Sie doch mit uns hinaus, Sir Edgar. Die- ser Ort ist bedrückend."
Hatte sie überzeugend geklungen? Sie glaubte zu sehen, wie er sich noch einmal umblickte, bevor er sich ihr zuwandte.
Pamela öffnete die Tür der Mühle, Licht flutete in den Raum und warf Schatten auf die unnachgiebigen Kanten von Sir Ed- gars Gesicht. Er lächelte Chloe an, aber zuvor hatte sie noch das harte Funkeln in seinen Augen gesehen.
Auch nach ihrer Rückkehr in das Sonnenlicht wurde ihr nicht wärmer. Sie fror innerlich. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Colonel die Wahrheit herausfand und etwas un- ternahm. Dominic musste sein tödliches Spiel möglichst bald zu Ende bringen.
Dominic öffnete langsam die Faust. Er spürte, wie auf den angespannten Muskeln seines Rückens der kalte Schweiß der Erleichterung ausbrach. Von seiner eingezwängten Position unter der Falltür im hinteren Teil der Mühle aus hatte er je- des Wort der Unterhaltung zwischen seinem Onkel und Chloe mit angehört. Er hatte gelauscht, während er innerlich vor Wut kochte.
Wenn Sir Edgar sie berührt oder auf irgendeine Weise be- droht hätte, wäre alles vorbei gewesen. Er wäre unter Dominics Hand gestorben, bevor ihm bewusst wurde, wie ihm geschah. Erst jetzt, wo Chloe fort und in Sicherheit war, ließ Dominic den Dolch los, den er die ganze Zeit über fest umklammert hatte. Das unangenehme Gefühl, als das Blut in seine Finger zurückströmte, half ihm, wieder zur Vernunft zu kommen.
„Ich kann nicht so weitermachen", murmelte er, während er sich blind den Weg zurück durch den Kreidetunnel ertas- tete. Er würde bis zum Abend warten müssen, bevor er in sein Haus zurückkehren konnte. Ihm standen Stunden voller klaustrophobischer Ungeduld bevor, ohne zu wissen, was sein Onkel tat oder wo er war.
Und doch war Dominic noch nie so kurz davor gewesen, seine Rache zu vollenden, wie jetzt. Vor zwei Nächten hatte er Dokumente entdeckt, die in der Truhe des Colonels versteckt waren und neue Beweise für dessen Verbrechen enthielten, da- für, wie er rebellische Gurkhas dafür bezahlt hatte, Brandon und Samuel in einen Hinterhalt zu locken, und wie er Militär- geheimnisse an die Franzosen verkauft hatte. In seinem arro- ganten Glauben, dass er zu klug war, um je enttarnt zu wer- den, hatte Sir Edgar einige kompromittierende Details über seinen Verrat zu Papier gebracht: Hinweise auf die Identität der Agenten, die während des Krieges mit ihm zusammengear- beitet hatten, und Einzelheiten zu den Informationen, die er in Portugal verkauft hatte, während er noch in der regulären Armee gedient hatte.
Mit Adrians Hilfe hatte Dominic genug Beweise gesammelt, um die Lücken zu schließen und eine offizielle Untersuchung durch die Behörden anzustoßen. Es war an der Zeit, die Kar- ten auf den Tisch zu legen.
19. KAPITEL
Sie hätte wissen müssen, dass es ihrer Tante nicht lange ge- lingen würde, Stillschweigen über den Vorfall im Rosengar- ten zu bewahren. Am Tag nach dem Picknick kam Chloe von einem Nachmittagsspaziergang mit ihrem Onkel nach Hau- se und fand im Salon wieder einmal einen einzigen Tumult vor. Das Klirren der Teetassen war neben dem aufgeregten Geplapper der Frauen kaum zu hören. Jede Matrone aus Chistlebury schien zu dieser Notsitzung erschienen zu sein.
„Meine Damen, bitte lassen Sie uns Ruhe bewahren", bat die vernünftige Witwe Roberts eindringlich. „Mit überborden-
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