Jillian Hunter
angezündet.
Als die Luft sich wieder geklärt hatte, wurde Lord Wolver- ton angekündigt, und Chloe konnte ihren ersten neugierigen Blick auf den geheimnisvollen Mann werfen, der Dominics Freund war. Er war unbestreitbar sehr attraktiv, als er in den Kniehosen, dem spitzenbesetzten Hemd, dem Hut und der schwarzen Samtmaske eines Straßenräubers aus dem sieb- zehnten Jahrhundert in den Ballsaal schlenderte. Sie war nicht im Geringsten überrascht, dass er sofort von den Damen des Dorfes umringt war. Seine plötzliche Popularität warf al- lerdings die Frage auf, wie es ihr gelingen sollte, ihn ein paar Minuten lang alleine zu erwischen.
Der Viscount löste dieses Problem, indem er auf einmal sehr diskret neben ihr auf der Tanzfläche erschien.
Chloe konnte nur bewundern, wie es ihm gelungen war, all den wild entschlossenen Drachen zu entfliehen und zu ihr zu kommen, ohne dabei irgendjemanden zu beleidigen. Einige Augenblicke lang sagte er nichts. Auch sie schwieg. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart sofort sicher und behag- lich. Er schien die Art von Mann zu sein, die nach ihren ei- genen Gesetzen lebt, und diese Gesetze bedingten absolute Loyalität seinen Freunden gegenüber. Sie wusste, dass es ei- nen Grund dafür gab, dass er sie aufgesucht hatte. Ihr Herz schlug schneller.
„Lady Chloe, ich habe von unserem gemeinsamen Freund
viel über Sie gehört." Seine Stimme war tief und angenehm. „Verzeihen Sie mir, wenn ich Ihnen auf die Füße trete. Ich tanze alles andere als gut."
„Der Erbe eines Dukes? Soll nicht gut tanzen ..." Sie hielt es keine Sekunde mehr aus. Es gelang ihr nicht, zu kokettie- ren oder sie selbst zu sein, während ihr Herz von schreckli- cher Angst erfüllt war. Sie senkte die Stimme. „Bitte sagen Sie mir, dass Sie mich damit nicht auf schlechte Neuigkeiten vorbereiten wollen. Ist er hier? Hat er Sie geschickt, um mich zu holen? Geht es ihm gut?"
Bei seinem vergnügten Lachen wurde ihr schwindelig vor Erleichterung. „Ja. Ja. Und ja. Ist das alles, was Sie wissen wollen?"
Sie ließ ihren Blick über die Tanzfläche schweifen und be- trachtete auf der Suche nach Dominic jeden kostümierten Gast, jedes maskierte Gesicht. „Wo ist er?"
Er lächelte mit sanftem Vorwurf. „Benehmen Sie sich nicht so auffällig, Lady Chloe. Er ist noch nicht bereit, sein Geheim- nis mit irgendjemandem außer uns beiden zu teilen, selbst wenn er sein Versteckspiel bald wird beenden müssen. Und ich glaube, Dominic sehnt sich danach, dies alles hinter sich zu bringen."
Sie nahm einen tiefen Atemzug und wandte ihre Aufmerk- samkeit wieder seinem maskierten Gesicht zu. „Wann?"
„Irgendwann in den nächsten paar Tagen. Sie werden nicht in die tatsächliche Konfrontation verwickelt sein wollen."
„Nicht verwickelt." Sie breitete ihre Röcke aus und sprach leise weiter, während sie einen nachlässigen Knicks aus- führte. „Sie wissen nicht viel über meine Beziehung zu ihm, nicht wahr?"
Seine dunklen haselnussbraunen Augen funkelten gut ge- launt. „Ich weiß, dass er in Sie verliebt ist."
Chloe kämpfte gegen die Freude an, die sie überkam. „Das hat er Ihnen gesagt?"
„Meine Liebe, das musste er mir nicht sagen. Warum, glau- ben Sie, bin ich hier?"
„Aber - nun gut, wenn Sie sein bester Freund sind, wissen Sie besser als sonst jemand, wie gefährlich es für ihn ist, sei- nem Onkel alleine entgegenzutreten. Sie unterstützen diesen
wahnsinnigen Plan doch nicht etwa, oder?"
Er blickte sich über die Schulter, als wollte er sich verge- wissern, dass es sicher für sie war, die Unterhaltung fortzu- führen. Chloe bemerkte plötzlich, dass sie aus der Tanzfigur ausgebrochen waren und sich langsam und behutsam auf die Tür zubewegten, was vermutlich in dem Gewirr der überfüll- ten Tanzfläche unbemerkt blieb. „Natürlich unterstütze ich ihn."
Irritiert blickte sie sich um. Justin sah sie mit gerunzelter Stirn an, dann wandte er sich ab und schenkte seiner Tanz- partnerin ein Lächeln. Ihre Tante und die anderen Matronen beobachteten interessiert, wie Pamela mit Justins jüngerem Bruder Charles, einem ernsten Studenten der Rechtswissen- schaften, tanzte. Der Einzige, der Chloe zu bemerken schien, war ihr Onkel.
„Ich werde mich um ihn kümmern", sagte Lord Wolverton ruhig, als er ihrem Blick folgte.
Sie sah erschrocken zu ihm auf. „Das ist mein Onkel! Wa- gen Sie es nicht, ihm etwas anzutun."
Sein Lachen ließ sie erröten. „Ich meinte damit, dass ich ihn ablenken
Weitere Kostenlose Bücher