Jillian Hunter
werde."
„Warum?", flüsterte sie, die Stimme tief vor Aufregung, die Nerven zum Zerreißen gespannt. Wo versteckte Dominic sich? Was hatte er vor? Wann würde sie ihn sehen?
Der Tanz ging zu Ende, und noch bevor der nächste begin- nen konnte, gab es einen Tumult am Ende des Saales. Eine Frau kreischte, und andere Gäste begannen zu lachen, als ein riesiges Schaf, das seiner kostümierten Schäferin entkommen war, mitten durch die Menge lief.
Belustigt schüttelte Chloe den Kopf und blickte wieder zu Adrian hoch. „Das ist genau, was uns fehlt, ein Bauern- hof ..."
Ihre Bemerkung verklang mit einem erstaunten Ächzen. Sie wusste sofort, dass es Dominic war und nicht der Vis- count, der sie für den nächsten Tanz in seine starken Arme zog. Er trug haargenau das gleiche Kostüm eines schneidi- gen, maskierten Straßenräubers wie sein Freund, aber sie er- kannte den Unterschied bis ins Innerste ihres Seins. Die Be- rührung keines anderen Mannes zeigte ihr so deutlich, dass
sie nur ihm gehörte, und ließ sie derart vor sinnlicher Erre- gung erschauern.
Und seine Augen. Sie hätte diesen spöttischen, männlichen Blick, der sie dahinschmelzen und ihr Herz vor wilder Sehn- sucht schneller schlagen ließ, überall wiedererkannt. Sie stol- perte. Er fing sie auf, stützte sie, sein Mund streifte ihr Ohr. So nah bei ihm zu sein raubte ihr die Kraft. Sie fühlte sich mag- netisch von ihm angezogen, von seinem stählernen Körper, und nichts konnte die Macht mindern, die er auf sie ausübte.
„Chloe", murmelte er, „es tut so gut, dich wiederzusehen."
„Warum hier?", flüsterte sie, und ihre Augen leuchteten vor Aufregung.
„Mein Onkel beabsichtigt zu kommen. Ich bin mir nicht si- cher, ob er es zu seinem Vergnügen tut oder ob er sich hier mit jemandem trifft."
Sie lachte leise, so glücklich darüber, ihn zu sehen, dass selbst ihr Feind ihr die Laune nicht verderben konnte. „Viel- leicht ist es pure Langeweile - obwohl Chistleburys alljährli- cher Maskenball kaum etwas ist, wo man zu seinem Vergnü- gen hingeht."
Seine Augen verdunkelten sich. „Es sei denn, er wollte dich sehen."
„Das bezweifle ich, Dominic."
„Warum?", neckte er. „Mir gelingt es auch nicht, dir fernzu- bleiben."
„Du wusstest nicht einmal, dass ich hier sein würde."
„Ach nein? Sollte die Belle von Chistlebury etwa zu Hause bleiben und Trübsal blasen?"
Sie hielt den Atem an und wartete, bis der Tanz sie einander wieder näher brachte, bevor sie ihm flüsternd antwortete. „In meinem Zimmer sind in letzter Zeit einige interessante Dinge geschehen, das solltest du am besten wissen."
„Nicht wahr?", bestätigte er leise. „Jetzt hör mir gut zu. Rechts von dir ist eine Hintertür. Du wirst zuerst hinaus- schlüpfen, dann folge ich dir."
„Was ist, wenn man uns zusammen sieht?"
„Es wird so aussehen, als wärest du in die Garderobe gegan- gen, um deinen Fächer zu holen. Adrian wird mich in meiner Abwesenheit decken."
„Adrian?"
„Links von dir."
Aus dem Augenwinkel sah sie die schattenhafte Gestalt des
Viscounts. Er hielt vor der Tür in der schwach beleuchteten
Eingangshalle Wache. In der gleichen Kostümierung waren
sich die beiden Männer von Größe und Körperbau her ähn-
lich genug, um als ein und dieselbe Person durchzugehen. Es
sei denn, Sir Edgar hatte bereits den Verdacht, dass man ihm
eine raffinierte Falle stellte. Chloe blickte sich auf der Suche
nach Dominics Onkel in dem überfüllten Tanzsaal um.
Sie sah Dominic wieder an. Er blickte aufmerksam über
ihren Kopf hinweg. Vermutlich beobachtete er die Tänzer,
um den perfekten Augenblick für ihren Abgang zu finden. Er
schien die Situation vollkommen unter Kontrolle zu haben -
sie konnte sich nur wünschen, dass er all den Aufwand betrie-
ben und Lord Wolverton in diese raffinierte Maskerade verwi-
ckelt hatte, nur um sie zu sehen. Sie wollte mit ihm alleine
sein, wieder in seinen Armen liegen und all ihre Probleme
vergessen. Sie wollte nicht daran denken, dass er dem Colonel
vielleicht am Ende des Abends entgegentreten würde.
Sie spürte eine dunkle Vorahnung, als sie dem fragenden
Blick ihres Onkels auf der anderen Seite des Raumes begeg-
nete. Sicherlich hatte er Dominic in seiner Verkleidung nicht
erkannt. Das war auf diese Entfernung schier unmöglich. Ihr
Onkel starrte sie nur so an, weil Tante Gwendolyn ihm das
Versprechen abgenommen hatte, sie im Auge zu behalten. Da.
Endlich wandte er den Blick ab. Chloe
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