Jim Knopf 02 - Jim Knopf und die Wilde 13
du«, fragte er besorgt, »es macht uns nichts, wenn wir dagegenstoßen ?«
»Gar nichts«, beruhigte ihn Lukas, »höchstens, dass es etwas feucht ist, wenn wir gerade durch eine Regenwolke fliegen. Achtung, es ist so weit!«
Sie hatten den unteren Saum der Wolke erreicht und als sie höher stiegen, befanden sie sich plötzlich in einem undurchdringlich dichten Nebel. Es war ungefähr wie in einer großen Waschküche, nur nicht so warm, sondern sogar ziemlich kühl und feucht.
So flogen sie eine ganze Weile, ohne dass sie recht wussten, ob sie sich überhaupt noch vom Fleck bewegten. Dann teilte sich ganz plötzlich der Nebel über ihnen und das »Perpetumobil« schwebte über eine blendend weiße Wolkenlandschaft in einen leuchtend blauen Himmel hinauf, von dem die Sonne in unbeschreiblicher Pracht und Reinheit herniederstrahlte.
Sprachlos vor Staunen ließ Jim seine Blicke über das wunderbare Wolkenland zu seinen Füßen schweifen. Um Seen wie aus Milch lagen schneeige Berge; Burgen und Türme wie aus Puderzucker ragten über sie empor, umgeben von Gärten und Wäldern, in denen alle Bäume und Sträucher aussahen, als seien sie aus feinsten Federn und Daunen gemacht. Alles war immerfort in langsamer Bewegung und verwandelte sich. Was eben noch ausgesehen hatte wie das Kopfkissen eines Riesen, änderte seine Form und wurde zu einer großen weißen Tulpenblüte; was einer Alabasterbrücke zwischen zwei Berggipfeln glich, bildete sich um zu einem Nachen, der über ein schäumendes Meer dahinglitt; und wo gerade noch eine geheimnisvolle Höhle zu sehen war, erhob sich im nächsten Augenblick ein riesiger Springbrunnen, der aussah, als sei er zu Eis und Schnee erstarrt.
Lukas hatte am Sonnenstand die Richtung gefunden, in der sie fliegen mussten, und ließ Emma wieder unter die Wolkendecke tauchen, denn hier oben war die Luft so dünn, dass man es nicht lange aushalten konnte.
Als sie einige Zeit wieder über dem Meer geflogen waren, erblickten sie vor sich am Horizont einen hellen Streifen. Dort hörte die dichte Wolkendecke endlich auf und die Sonne schien auf das Meer herunter. An der Grenze aber zwischen dem guten und dem schlechten Wetter, dort wo der letzte Saum der Wolken lagerte, wölbte sich über den Wogen ein schimmernder Regenbogen.
Lautlos und feierlich schwebte das »Perpetumobil« mit seinen beiden Passagieren auf dieses wunderbare Tor aus Farben und Licht zu und flog ganz dicht unter ihm hindurch, so nah, dass Jim seine Hand in das sanfte Glänzen und Leuchten halten konnte. Aber er fühlte natürlich nichts, denn Licht und Luft kann man nicht anfassen, außer man ist selber auch aus Licht und Luft.
Sie ließen den Regenbogen hinter sich und flogen in das schöne Wetter hinaus. Als die Sonne sich langsam dem Horizont zuneigte und sich in einen zarten Schleier von Abendrot hüllte, erblickte Jim in der Ferne eine Küste. Kurze Zeit später flogen sie darüber hin und Lukas ließ die fliegende Emma ein wenig tiefer hinunter, damit sie feststellen konnten, was für ein Land es war.
Jim legte sich mit dem Bauch auf das Dach des Führerhäuschens, um besser hinunterspähen zu können. Und was er erblickte, kam ihm ganz und gar vertraut vor. Durch die Landschaft schlängelten sich kleine Bäche, über die sich zierliche Brücken mit sonderbaren spitzen Dächern schwangen. Dazwischen standen die verschiedenartigsten Bäume, die alle etwas gemeinsam hatten, nämlich, dass sie durchsichtig waren wie aus farbigem Glas. Und ganz in der Ferne erhob sich über den Horizont ein gewaltiges Gebirge aus unzähligen Gipfeln, alle rot und weiß gemustert. Es gab keinen Zweifel, um was für ein Land es sich dort unten handelte.
Jim richtete sich auf und sagte:
»Es is' Mandala.«
Lukas nickte befriedigt.
»Ich habe es mir gedacht. Dann sind wir auf dem richtigen Weg zu Herrn Tur Tur.«
»Schau«, rief Jim und zeigte nach unten, wo es von der Erde herauf ganz wunderbar glitzerte und glänzte, »da sind auch die goldenen Dächer von Ping! O Lukas, könnten wir nicht vielleicht landen und dem Kaiser und Ping Pong guten Tag sagen?«
Aber Lukas schüttelte ernst den Kopf.
»Lieber nicht, Jim. Stell dir doch mal vor, wenn wir mit unserem Magneten der Stadt zu nahe kämen, dann würde alles, was aus Eisen ist, angezogen werden und uns entgegenfliegen. Nein, für diesmal müssen wir auf einen Besuch verzichten. Ich denke sogar, wir sollten vorsichtshalber noch ein Stück höher steigen, damit auch
Weitere Kostenlose Bücher