Jim Knopf 02 - Jim Knopf und die Wilde 13
fuhr der Drache fort, »jener König mit dem dunklen Antlitz, der weise Kaspar, hatte einen schlimmen Feind. Und dieser Feind - war ich. Du weißt ja, dass Drachen uralt sind. Er aber vermochte noch nicht, mich zu besiegen und zum »Goldenen Drachen der Weisheit‹ zu verwandeln. Das tatest erst du, Prinz Myrrhen.«
Unter den Piraten entstand eine Bewegung und Jim blickte sich nach ihnen um. Einer der riesenhaften Kerle trat auf ihn zu und musterte ihn von oben bis unten. »Spricht der Drache die Wahrheit?«, fragte er schließlich mit rauer Stimme. »Du hast ihn besiegt ?«
»Mit Lukas zusammen«, antwortete Jim und nickte.
»Und du hast ihn auch so verwandelt?«, forschte der Pirat weiter.
»Nein«, sagte Jim nachdenklich, »eigentlich nicht. Wir haben ihn bloß nicht totgemacht, sondern mitgebracht. Verwandelt hat er sich dann ganz von allein.«
»Ja«, brummte Lukas, »so war es.«
»Jim Knopf«, rief der Pirat mit blitzenden Augen, »du hast uns besiegt und du hast uns das Leben geschenkt. Du hast auch den Drachen da besiegt mit deinem Freund zusammen und auch ihm hast du das Leben gelassen, darum hat er sich verwandelt und nennt dich seinen Herrn. Wir haben geschworen, dass es aus ist mit der ›Wilden 13‹, wenn wir besiegt werden, aber wir waren ja niemals die ›Wilde 13‹. Also ist es jetzt sowieso aus mit ihr. Darum will ich dich fragen, ob du nicht unser Hauptmann werden willst. Den roten Stern trägst du ja schon.«
Jim wechselte einen verblüfften Blick mit Lukas, der seine Mütze ins Genick schob und sich hinter dem Ohr kratzte.
»Ich glaub nicht«, sagte Jim nach einigem Bedenken, »ich will kein Piratenhauptmann sein.«
»Könnten wir uns nicht vielleicht auch verwandeln wie der Drache?«, fragte einer der Piraten hoffnungsvoll.
»Nein«, tönte es aus dem Innern des »Goldenen Drachen der Weisheit« und abermals spielte das geheimnisvolle Lächeln um seine Mundwinkel, »dessen bedürft ihr nicht. Ihr braucht einen Herrn. Wenn aber dies Kind euer Herr sein soll, so müsst ihr ihm zuvor seine Herrschaft geben.«
»Das tun wir doch!«, meinte einer der Piraten. »Wir werden unserem neuen Hauptmann gehorchen auf Tod und Leben, das schwören wir.«
»Das schwören wir«, murmelten die Übrigen dumpf.
»Was ihr tun sollt«, antwortete der Drache, und seine Stimme klang gewaltig, »das darf euch niemand befehlen. Freiwillig müsst ihr's vollbringen. Es ist so voll Schrecken, dass niemand außer euch den Mut aufbringt, und es bedarf solcher Kraft, dass niemand außer euch die Stärke besitzt. Diese Tat sei eure Sühne. Und nicht eher wird Prinz Myrrhen sein Land betreten können, ehe nicht ihr zwölf gleichen Brüder aus freiem Willen gesühnt habt.«
»Was müssen wir tun?«, fragte einer der Piraten.
»Das große Reich König Kaspars ist in den Wassern versunken«, sprach der Drache, »dort unten liegt es nun schon seit über tausend Jahren.«
»Warum is' es denn versunken?«, fragte Jim mit großen Augen.
»Weil ich es versinken ließ, um den König mit dem dunklen Antlitz, meinen Feind zu jener Zeit, zu vernichten. Durch vulkanische Gewalten, über die wir Drachen Macht haben, ließ ich das schreckliche ›Land, das nicht sein darf‹ aus der Tiefe des Meeres emporsteigen. Dadurch musste das Land Jamballa, wie auf dem anderen Ende einer großen Waage, versinken. So ist es verschwunden und ward nicht mehr gefunden bis heute.«
»Ach«, sagte Jim, »und wenn man jetzt das ›Land, das nicht sein darf‹ versenkt, steigt dann mein Land wieder auf?«
»So ist es«, tönte es aus dem Innern des Drachen, »das aber vermag niemand. Selbst ich nicht, weil ich jetzt verwandelt bin. Nur diese zwölf, die dreizehn zu sein vermeinten, können es tun.«
»Wir sollen unsere eigene Heimat, unsere Burg ›Sturmauge‹ versenken?«, riefen die Piraten.
»Ich weiß, dass ihr den Tod nicht fürchtet«, sprach der »Goldene Drache der Weisheit«, »aber dies Opfer ist schwerer.«
Die Piraten schwiegen. Schrecken malte sich auf ihren zerfurchten Gesichtern.
»Höret weiter«, tönte die geheimnisvolle Stimme machtvoll aus dem Innern des »Goldenen Drachen der Weisheit«, »in jener Burg ›Sturmauge‹, mitten im ›Land, das nicht sein darf‹ ist ein Raum mit zwölf uralten, kupfernen Türen.«
»Das Verlies, in dem wir waren«, raunte Lukas Jim zu.
»Öffnet ihr diese Türen«, sprach der Drache weiter, »so wird die Flut des Wassers hereinstürzen, wird durch die Gänge und tausend Kanäle
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