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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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so ein Brummen in ihren Ohren, wirklich seltsam. Sie hatte das Gefühl zu schweben, weil sie plötzlich alles verstand, alles erkennen konnte. Klar und deutlich. »Vauban stirbt. Und nur eine Woche später stürzt Mamans Kutsche unbegreiflicherweise von einer hohen Klippe. Eigentlich sollte ich an dem Tag mit ihr ausfahren.«
    »Mein Gott«, murmelte Grey.
    In ihren Augen loderte es. Sie sah Leblanc an. »War es so schwer, mich umzubringen, dass Ihr auch Maman mitnehmen musstet? Oder dachtet Ihr, ich hätte das Geheimnis mit ihr geteilt?«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.« Leblanc wich ihrem Blick aus. Seine Pupillen zuckten kaum wahrnehmbar. Er war schuldig. Schuldig und zutiefst beunruhigt.
    Er hat Maman getötet . Die Welt wurde blutrot. Sie ließ das Messer fallen und stürzte sich mit bloßen Händen auf ihn.
    Als sich ihre Hände um seine Kehle schlossen, röchelte er. Sie würde ihn auseinandernehmen, ihm das Fleisch vom Leibe reißen. Dann wehrte sie sich gegen Grey, der ihr die Arme auf den Rücken drehte, um zu verhindern, dass sie Leblanc ihre Krallen spüren ließ.
    » Arrête, chérie «, erreichte sie Souliers Stimme.
    »Ich werde ihn töten.« Sie trat nach Grey, der sie nicht zu Leblanc ließ. »Ich werde ihn mausetot machen. Mörder! Schwein! Bestie!« Sie würde ihn in Stücke reißen.
    »Sie lügt. Hört nicht auf sie. Es ist alles gelogen.«
    »Bisher hat sie nur versprochen, dich umzubringen«, sagte Soulier. »Ich bin schon fast geneigt, es zu gestatten. Doch zuerst wollen wir uns anhören, was sie zu sagen hat. Beruhigen Sie sie, Monsieur Grey. Sie wird sich sonst noch verletzen.«
    Sie würde das Universum von diesem Stück Dreck befreien. Sie würde ihn wie eine Zitrone zerquetschen. »Sohn einer Made. Mörder.«
    »Annique, hör auf.« Greys eiserner Griff schloss sich um sie, sodass sie sich nicht mehr rühren konnte. »Erzähl mir alles.«
    Greys Geruch und seine Ruhe erfüllten ihre Sinne, und ihr Zorn verflog allmählich. Sie fühlte sich leer und ließ sich, ruhiger jetzt, gegen ihn sinken. Ihr war schlecht, und sie rang nach Atem.
    Vauban war tot. Nie wieder würde er auf seine schroffe Art ihren Bericht zusammenfalten, nicken und vor aller Ohren »Gute Arbeit« sagen. Nie wieder würde er ihr Wasser in den Wein schütten, als wäre sie immer noch ein Kind. Nie, nie wieder. Ein Nie für Vauban und ein Nie für Maman. Alles war vorbei. In ihren Augen brannten Tränen, und in ihrem Hals saß ein großer Kloß. Grey hielt sie fest, sodass keiner ihren inneren Aufruhr sah.
    »Mein Kind, es ist jetzt keine Zeit für so etwas. Hör auf damit.«
    Sie klammerte sich für eine Minute an Greys Jacke. Die Wut war verflogen und hinterließ eine große Leere. Es war, als habe man sie ihres Herzens und Verstandes beraubt. Sie war nur noch ein kalter Hauch in der Haut einer Frau.
    Sie wollte sich von Grey wegstoßen, fand sich aber nach wie vor in der wärmenden Geborgenheit seiner unnachgiebigen Arme wieder. Er ließ sie nicht los, sondern drehte sie nur um, sodass sie Soulier ansehen konnte. Anscheinend sollte sie seinen Trost spendenden Körper spüren, ob sie nun wollte oder nicht.
    »Es geht jetzt wieder«, sagte sie.
    »Gut. Ich muss mich mit Leblanc befassen«, erwiderte Soulier. »Also erzähl mir die ganze Wahrheit.«
    Die Wahrheit. Schon seltsam, dass sie einfach im Beisein all dieser Leute die Wahrheit erzählen konnte. Es gab keinen alten Mann mehr, der in seinem Steinhaus in der Normandie saß und davon abhängig war, dass sie ihr Schweigen bewahrte. Vauban war tot, und nichts Schlimmes konnte ihm mehr widerfahren.
    »Vauban hatte die Albion-Pläne gestohlen«, eröffnete sie und beobachtete, wie die Worte Soulier mitten ins Herz trafen.
    »Das ist unmöglich.«
    Sie spürte, wie sich Greys ganzer Körper hinter ihr anspannte.
    »Er hatte sie gestohlen, um sie den Briten auszuhändigen. Nicht des Geldes wegen. Darum ging es nie.« Sie schaffte es nicht, den Kloß in ihrer Kehle zu beseitigen. »Es war … Bei Gold als Bezahlung, selbst bei einer geringen Summe, hätte niemand Vauban verdächtigt.«
    »Das hätte ihm niemand zugetraut.« Soulier sackte schwer in seinem Sessel zusammen. »Er hat sich eine makellose Operation ausgedacht, wie immer.«
    »Seine Planung zog sich über Monate und in aller Heimlichkeit hin.« In ihr herrschte selbst nach so vielen Monaten das reinste Gefühlschaos. »Ich glaube … Ich glaube, dass Vaubans Verstand ein wenig gelitten hatte, als seine

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