Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt
Millionen! – ging. Er klappte sein Handy auf und rief Malcolm Kibunte an. Malcolm ging grundsätzlich nie selbst an den Apparat.
»Unser K-Paket trifft irgendwann im Lauf des Vormittags in der Wohnung des Buchhalters ein«, berichtete er dem Anrufbeantworter. »Es wäre eine gute Gelegenheit, das Paket dort abzuholen.« Er zögerte einen Augenblick. »Und Ihr Paket sollte besser zur gleichen Zeit abgeholt werden. Ich werde für die Zustellung beider Pakete zahlen, wenn wir uns das nächste Mal treffen. Bitte bringen Sie dann die Quittungen mit.«
Miles klappte das Telefon zu und setzte sich in seinen Cadillac, um den Scheck für Carls Mutter auszustellen. Miles machte sich keine Gedanken darüber, dass er das Handy benutzt hatte, weil er es auf dem Weg zurück in die Stadt in den Fluss werfen würde. Er besaß ein ganzes Arsenal davon, nicht ein einziges war zu Leonard Miles zurückverfolgbar.
Als er auf das Tor zurollte, beschloss er, Carls Mitbewohner die tragische Nachricht selbst zu überbringen.
KAPITEL 9
Es goss in Strömen, als Kurtz auf das riesige Klinkergebäude nur wenige Blocks vom Delaware Park zumarschierte. Malcolm und Cutter beobachteten ihn aus Malcolms gelbem Mercedes SLK, der mit geschlossenem Verdeck einen halben Block von der Stelle entfernt parkte, wo Kurtz seinen Buick abgestellt hatte. Malcolm war aufgefallen, wie vorsichtig Kurtz zu Werke ging. Gleich mehrere Male vergewisserte er sich, dass er nicht verfolgt wurde, bevor er sich einen Parkplatz suchte. Aber Malcolm und Cutter waren schon vor ihm eingetroffen und duckten sich, als Kurtz an ihnen vorbeifuhr. Der strömende Regen half, sie vor neugierigen Blicken zu verbergen, aber Malcolm hatte trotzdem sicherheitshalber den Motor ausgeschaltet. Er wusste, nichts verriet die Anwesenheit eines Beobachters schneller als die Auspuffgase eines am Straßenrand stehenden Autos.
Cutter gab auf dem Beifahrersitz ein leises Geräusch von sich.
»Eine Minute noch, C, alter Kumpel«, sagte Malcolm. »Nur noch eine Minute.«
Kurtz war im Laufe der Jahre nicht vielen Buchhaltern begegnet – er hatte für ein paar von ihnen in Scheidungsfällen ermittelt und einige der wagemutigeren in Attica kennengelernt, wo sie Strafen für die Art von Wirtschaftsverbrechen verbüßten, wie sie solche Zahlenschubser nun einmal begingen – aber Mrs. Richardson kam ihm nicht wie die typische Frau eines Buchhalters vor. Sie wirkte eher wie eines der teuren Callgirls, die ihrem Geschäft in einem der nobleren Hotels an den Niagarafällen nachgingen. Kurtz hatte Fotos von Richardson gesehen und dazu eine Beschreibung von Little Skag bekommen. Der Buchhalter war klein, kahl, in den Fünfzigern und starrte die Welt wie ein arrogantes, kurzsichtiges Frettchen durch eine Hornbrille an. Seine Frau war Ende 20, sehr blond, sehr üppig und – so schien es Kurtz zumindest – sehr munter für eine mutmaßliche Witwe.
»Bitte setzen Sie sich doch, Mr. Kurtz. Aber bitte verrücken Sie den Stuhl nicht. Die Platzierung der Möbel ist Teil des gesamten Wohngefühls.«
»Sicher«, meinte Kurtz, auch wenn er nicht die geringste Ahnung hatte, was die da faselte. Buell Richardson war reich genug gewesen, um sich ein Haus des verstorbenen Stararchitekten Frank Lloyd Wright in der Nähe des Delaware Park zu leisten. »Nicht das Frank-Lloyd-Wright-Haus in der Nähe des Delaware Park«, hatte Arlene gesagt, nachdem sie den Termin für ihn vereinbart hatte. »Auch nicht die Villa von Dewey D. Martin. Die andere.«
»Natürlich«, nickte Kurtz bestätigend. Er hätte zwar eine Villa von Dewey D. Martin nicht von einer Sozialwohnung unterscheiden können, aber die Adresse fand er trotzdem mühelos. Er fand, das Haus sah ganz nett aus, wenn man die ganzen Klinker und überhängenden Traufen mochte, aber die hochlehnigen Stühle vor dem Kamin waren buchstäblich für’n Arsch. Keine Ahnung, ob Frank Lloyd Wright höchstpersönlich die Stühle entworfen hatte, aber das war ihm auch völlig wurscht. Eines wusste er jedenfalls: Bei der Konstruktion hatte die menschliche Anatomie keinerlei Beachtung gefunden. Der Stuhl war hoch und hart wie ein Bügelbrett und die Sitzfläche sogar für einen Zwergenhintern zu klein. Wenn man einen elektrischen Stuhl so konzipierte, überlegte Kurtz, würde sich der Verurteilte noch in seinen letzten Sekunden, bevor der Schalter umgelegt wurde, über diese Zumutung beschweren.
»Es ist sehr freundlich, dass Sie sich bereit erklärt haben, mit mir zu
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