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Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt

Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt

Titel: Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Tränen aus den Augen zu wischen, aber der blöde Apparat war ihm im Weg.
    Andrew sah zum oberen Stockwerk hinauf, wo eine bis an die Decke gespannte Folie das Licht anders reflektierte als das nackte Mauerwerk der unteren sechs Etagen, aber durch die dicke Plastikschicht war nichts zu erkennen. Er hob das Funkgerät wieder an die Lippen.
    »Warren, Douglas, Darren? Alles in Ordnung bei euch?«
    Wie als Antwort ertönten sieben Schüsse – schnell hintereinander abgefeuert, sehr laut, nicht im Geringsten schallgedämpft – und plötzlich war ein schreckliches Reißen und Schreien in der Nähe des Oberlichts zu hören.
    Andrew riss das Bullpup-Sturmgewehr hoch.
    Er erspähte ein Loch im Plastik. Schlimmer noch, etwas Großes und Lautes schoss schreiend aus enormer Höhe auf ihn zu. Durch sein Sichtgerät wirkte es wie ein riesiges, verzerrtes, grünlich-weißes Fledermausgeschöpf mit glühendem Zyklopenauge. Seine Flügel schienen eine Spannweite von mehr als sechs Metern zu besitzen und sie flatterten wild und ragten nach hinten über den Körper hinweg wie peitschende Streifen weißen Feuers. Das Biest stürzte sich kreischend auf ihn.
    Andrew feuerte das ganze großzügig bemessene Magazin der Bullpup auf die Erscheinung ab. Er konnte gerade noch erkennen, dass das flammende Auge der Kreatur in Wirklichkeit die Spitze seines Laserstrahls war und sich einige seiner Kugeln in das wirbelnde, flatternde Fledermausding bohrten, aber das Kreischen ging weiter – und wurde sogar noch schlimmer, falls das überhaupt möglich war.
    Andrew sprang zurück in den Eingang zum Innenhof, schoss aber weiter – puff, puff, puff –, er hatte noch nie den Schuss einer mit Schalldämpfer ausgerüsteten Vollautomatik gehört. Das reißende Geräusch zusammen mit dem Schreien und dem Flattern versetzten ihn in Panik.
    Die riesige Fledermaus krachte etwa zehn Meter vor Andrew auf den Betonboden. Jetzt klang sie deutlich weniger wie eine Fledermaus und sah eher wie ein riesiger Müllsack voller Eintopf aus, der auf den Boden klatschte. Grünlich-weiße Flüssigkeit lief herunter und spritzte in alle Richtungen. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Andrew begriff, dass es Blut war und ohne das Nachtsichtgerät rot wäre.
    Andrew riss sich die Brille vom Kopf, warf sie zur Seite und rannte zur Eingangstür.
    Kurtz hatte dem großen Kerl nur einen leichten Klaps versetzt: fest genug, um ihn außer Gefecht zu setzen, aber nicht so fest, dass er tot umgefallen oder längere Zeit ausgeschaltet worden wäre. Er sprang vom Gerüst herunter und erledigte routiniert das Notwendige. Zuerst trat er den Colt-M4-Karabiner des stöhnenden Mannes außer Reichweite und durchsuchte ihn nach einer weiteren Waffe – er wurde nicht fündig –, dann konfiszierte er Funkgerät und Nachtsichtbrille und streifte dem anderen die schmierige Armeejacke ab, um sie selbst anzuziehen. Ihm war schweinekalt.
    Das Funkgerät knackte wieder. Kurtz hörte zu, wie der Kerl im Erdgeschoss mit den beiden im fünften Stock redete, die seine Matratze und seinen Schlafsack aufgespürt hatten.
    »Ihr geht wohl besser wieder nach oben«, gab der Schwachkopf unten sein halbdebiles Nuscheln zum Besten.
    Kurtz lauschte, wie entweder Darren oder Douglas dem Vorschlag zustimmten, dann konzentrierte er sich darauf zu überprüfen, ob der Colt M4 des ausgeschalteten Gegners entsichert und das Magazin gefüllt war. Anschließend ließ er sich flach hinter dem stöhnenden – aber immer noch reglosen – Warren nieder, der mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden lag. Kurtz konnte Gewehren nichts abgewinnen, aber er wusste, wie man mit ihnen umging. Wie er so abwartete, den Lauf der M4 auf den Rücken des Hinterwäldlers gestützt, kam er sich vor wie eine der Gestalten auf einem alten Gemälde aus der Pionierzeit – der Kavallerist, der gezwungenermaßen sein Pferd erschießt, um eine Deckung für den Fall zu besitzen, dass die Indianer angreifen.
    Falls die Indianer der Neuzeit hier das nächstgelegene Treppenhaus benutzten, würden sie aus dem Aufgang direkt neben den Fahrstühlen herauskommen, kaum drei Meter von seiner momentanen Position entfernt. Liefen sie stattdessen durch das andere Treppenhaus nach unten, kämen sie entweder links oder rechts über das Zwischengeschoss. In jedem Fall würde Kurtz sie dann früh genug hören.
    Sie entschieden sich für die erste Variante und veranstalteten dabei einen solchen Höllenlärm, dass sogar der bewusstlose Warren fast davon

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