Joe Kurtz 02 - Bitterkalt
möglich abhauen. Überleben.
Aber wie? Emilio Gonzaga erzählen, dass der neue Leibwächter, den sie in das Haus des paranoiden Dons eingeschleust hatte, mit der Absicht gekommen war, ihn zu töten? Und dass sie davon wusste, weil sie es arrangiert hatte? Kein guter Plan.
Menstruationsbeschwerden vortäuschen? Diese sizilianischen Machoscheißer hatten eine solche Angst vor weiblichen Monatsblutungen, dass sie nicht einmal Fragen stellen würden, wenn sie für ihre Heimfahrt eine Polizeieskorte anforderte. Blieb ihr noch Zeit für eine kleine Schauspieleinlage?
Plötzlich entstand Unruhe im Vorzimmer und Joe Kurtz kam mit einem wilden Blick in den Augen in den Speisesaal gestürmt.
Kapitel 20
James B. Hansen parkte seinen Cadillac Escalade hinter der Überführung und folgte einem ausgetretenen Pfad durch den Schnee hinab zum Eisenbahndepot. Es war Captain Millworths Mittagspause.
Anrufe bei der Universität hatten ergeben, dass es keinen Dr. Paul Frederick im Kollegium gab. In den Telefonverzeichnissen der Region Buffalo war der Name ebenfalls nicht zu finden. Auf der Wache stieß er lediglich auf einen Bericht über die Verhaftung eines Paul Frederick – keine Fotos, keine Fingerabdrücke, keine Vorstrafen, nur ein Arrestformular 326-B, aus dem hervorging, dass ein Stadtstreicher namens Pruno alias der Prof alias P. Frederick bei einer Razzia von Personen ohne festen Wohnsitz nach dem Mord an einem Obdachlosen vorübergehend in Gewahrsam genommen worden war. Hansen hatte mit einem Streifenpolizisten gesprochen, der sich in der Szene auskannte. Er steuerte die Information bei, dass Pruno auf der Straße lebte, fast nie Obdachlosenasyle aufsuchte und den größten Teil des Jahres in einer Nische unter der Überführung bei den Gleisen in einer Behelfshütte wohnte.
Es stellte für Hansen kein Problem dar, die Hütte aufzuspüren. Der Weg durch den Schnee führte genau dorthin und es gab auf diesem Platz, der im Sommer ein wahrer Pennerdschungel sein musste, keine weiteren Behausungen. Warum bleibt der Kerl bei diesem Wetter hier wohnen?, fragte sich Hansen. Es schneite zwar nicht mehr, aber die Temperaturen waren deutlich unter den Gefrierpunkt gefallen und ein kalter Wind blies vom Fluss und vom Eriesee herüber.
»Hallo?« Hansen erwartete keine Antwort aus der Hütte und bekam auch keine. Eigentlich war »Hütte« eine viel zu großspurige Bezeichnung für diesen elenden Haufen aus Wellblech, Sperrholz und aufgeweichter Pappe. Er zog die 38er, die nach dem Mord an John Wellington Frears in Joe Kurtz’ Besitz übergehen würde, bückte sich und betrat die Hütte, von der er erwartete, sie leer vorzufinden.
Ihn erwartete eine Überraschung. Ein alter Säufer in einem Mantel, der nach Urin stank, hockte dicht neben einem kleinen Brenner. Der Boden bestand aus einer Plastikplane, durch die Wände blies der kalte Wind herein, und der Penner war so high auf Crack oder Heroin, dass er Hansens Ankunft kaum bemerkte. Die Waffe auf die Brust des Mannes gerichtet, versuchte Hansen die Gesichtszüge des Obdachlosen im Dämmerlicht zu erkennen. Graue Bartstoppeln, dreckverschmierte Runzeln, gerötete Augen, einzelne Büschel grauen Haares auf dem fleckigen Schädel, ein rissig aussehender Hühnerhals, der in dem zu großen Mantel verschwand – das entsprach exakt der Beschreibung von Pruno alias der Prof alias P. Frederick, die der Streifenpolizist ihm gegeben hatte. Aber welcher Obdachlose passte nicht in dieses Raster?
»He!«, rief Hansen, um die Aufmerksamkeit des vor sich hin nickenden Süchtigen zu erregen. »He, alter Mann!«
Die roten, wässrigen Augen des alten Obdachlosen wanderten in die Richtung des Polizisten. Die schmutzigen Finger waren gut zu sehen, rot und weiß von der Kälte, und zitterten. Hansen beobachtete den inneren Kampf, den der Junkie mit sich ausfocht, als er widerstrebend versuchte, seine Aufmerksamkeit auf ihn zu konzentrieren.
»Paul Frederick?«, rief Hansen. »Pruno? Paul Frederick?«
Der Säufer blinzelte mehrmals und nickte dann zweifelnd. Hansen war übel. Nichts stieß ihn mehr ab als eines dieser nutzlosen Wracks.
»Mr. Frederick«, wollte Hansen wissen. »Haben Sie John Wellington Frears gesehen? Hat Frears sich bei Ihnen gemeldet?« Der Gedanke, dass dieser Heroinsüchtige ein Freund des kultivierten Frears sein sollte, ganz zu schweigen davon, dass der ihn in dieser Hütte besucht haben könnte, war schlicht absurd. Aber Hansen wartete geduldig auf eine Antwort.
Der
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