Joe Kurtz 02 - Bitterkalt
Wagen in der Garage«, sagte Angelina. »Ein BMW-Kombi.«
Kurtz nickte und sie warteten. Um 7:45 Uhr verließen eine Frau, ein Teenager und ein Irish Setter das Haus und stiegen in den Kombi. Die Frau schloss mit einem Sender das Garagentor, dann setzte sich der Wagen in Bewegung und fuhr davon. »Frau, Kind und Hund«, stellte Angelina fest. »Ist sonst noch jemand da drin?«
Kurtz zuckte mit den Schultern.
»Wir werden es herausfinden«, meinte Angelina. Sie parkten das Town Car direkt auf der lang gezogenen Einfahrt des Hauses und stiegen aus. Angelina nahm eine vollgepackte Sporttasche mit. Kurtz blieb ein paar Schritte zurück, als sie mehrmals energisch an die Tür klopfte. Keine Reaktion.
»Versuchen wir es hinten«, erklärte sie. Er folgte ihr um das Haus und über eine verschneite Veranda. Der nächste Nachbar wohnte etwa 100 Meter entfernt hinter einer hohen Sichtschutzwand.
Sie hielten vor den Schiebetüren der Veranda an und Angelina hockte sich hin und studierte etwas durch das Glas. »Ein SecureMax-System«, analysierte sie fachmännisch. »Teuer, aber nicht das Beste. Würden Sie mir bitte den Glasschneider und den Saugnapf aus der Tasche geben? Vielen Dank.«
Am Abend zuvor hatte sie ihm, obwohl Kurtz fast zu müde gewesen war, um sich zu konzentrieren, vor dem Kamin bei einem Glas Brandy ihre Geschichte erzählt ... oder zumindest den Teil davon, der ihre Belustigung ausgelöst hatte, als Kurtz sagte, dass er jemanden brauchte, der sich mit Tresoren und Einbrüchen auskannte.
Angelina Farino hatte schon immer von einer Karriere als Meisterdiebin geträumt. Ihr Vater, Don Byron Farino, gab sich zwar größte Mühe, sie vor den Realitäten seines Lebens zu schützen, und wäre nie auf die Idee gekommen, sie in die Familiengeschäfte hineinzuziehen. Aber Angelina interessierte sich ohnehin nicht für das Business – jedenfalls damals nicht. Sie wollte einfach nur die beste Diebin im Bundesstaat New York sein.
Ihr Bruder David machte sie mit einigen der legendären alten Fassadenkletterer bekannt, und als sie auf der High School war, besuchte Angelina sie häufig und brachte ihnen Wein mit, um sich ihre Geschichten anzuhören. David stellte ihr auch einige der aufstrebenden jungen Gangster in der Organisation ihres Vaters vor, aber die interessierten sie nicht; sie gaben ständig mit Waffen, Gewalt und Brutalität an. Angelina wollte mehr über die klugen Männer wissen, die subtilen, die ruhigen, die geduldigen Gangster. Angelina wollte nicht irgendeine Mafiosa sein, sondern eine geschickte Einbrecherin. Sie wollte Catwoman sein, die weibliche Variante von Cary Grant in Über den Dächern von Nizza.
Mit Anfang 20 ließ sie sich mit Emilio Gonzaga ein, weil sie glaubte, er würde sie mit einem Safeknacker bekannt machen, den sie schon immer kennenlernen wollte. Stattdessen machte Emilio sie, wie sie es ausdrückte, mit seinem Schwanz bekannt.
Sie ging nach Sizilien ins Exil, um das Kind zu bekommen, und heiratete dort einen örtlichen Mini-Don, der genau ihr Alter, aber nur die Hälfte ihres IQ hatte, »um den Schein zu wahren«. Nachdem der Schein gewahrt war, das Baby starb und der junge Don einen unglücklichen Jagdunfall hatte oder beim Reinigen seiner Pistole ums Leben kam – Angelina stellte es jedem frei, sich die Variante auszusuchen, die ihm am besten gefiel –, floh sie nach Rom, wo sie den berühmten Grafen Pietro Adolfo Ferrara kennenlernte. Der 82-Jährige, der an den Nachwirkungen zweier Schlaganfälle litt, galt nach wie vor als berühmtester Dieb Europas. Er war von seinem Vater, einem legendären Einbrecher, ausgebildet worden, im italienischen Widerstand aktiv gewesen und hatte die Kommuniqués aus dem Gestapo-Hauptquartier gestohlen, die zur Gefangennahme und Tötung von Mussolini und seiner Geliebten geführt hatten. Es wurde oft behauptet, der gut aussehende, kühne Graf Ferrara sei das Vorbild für den Cary-Grant-Charakter in Über den Dächern von Nizza gewesen.
Angelina hatte den bettlägerigen alten Mann vier Tage, nachdem sie ihm das erste Mal begegnete, vom Fleck weg geheiratet. Die nächsten vier Jahre waren, in ihren Worten, ein Trainingslager für die Ausbildung zur Weltklassediebin gewesen.
»Was machen Sie da?«, wollte Kurtz wissen. Er trat auf Hansens Veranda von einem Fuß auf den anderen. Es war verdammt kalt und sein Haar vom Schnee völlig durchnässt.
Angelina hatte aus dem unteren Teil der Verandatür ein kreisrundes Loch herausgeschnitten, das
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