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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wäre
ein gefundenes Fressen für Ribbentrop. Der Außenminister würde seine Wut an
Henderson auslassen. Göring malte sich die Situation aus und überlegte, wie
sich daraus Profit schlagen ließ. Ein heikles Unterfangen. Er nahm einen
großen Schluck Whisky. Niemand wusste, was er hier leistete. Es war
Schwerstarbeit, auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen.
    Dank seiner Übersicht und Improvisationsgabe lief
jedoch alles besser als gedacht. Hitler hatte ihm heute den Vorsitz des Ministerrats
für die Reichsverteidigung übertragen. Die Botschaft war angekommen: Der Führer
brauchte ihn - und die Luftwaffe. Ohne die Luftwaffe war ein Krieg nicht zu
gewinnen. Von dieser Seite drohte ihm also keine Gefahr. Die Engländer hatten
ihn dank Dahlerus ohnehin auf der Rechnung; es fragte sich nur, wie lange er
sie noch ergebnislos hinhalten konnte. Denn so gerne er mit den Engländern
Frieden geschlossen hätte, er glaubte nicht mehr daran. Nur durfte er sie das
nicht spüren lassen. Vielleicht zog ja noch jemand in letzter Sekunde einen
Joker aus dem Ärmel. An seinem Image als Friedensstifter durfte er also auf
keinen Fall kratzen. Schließlich wollte er es weit bringen.
    Er zupfte sich den Uniformrock glatt und rülpste laut. Der Kriegszirkus
schlug ihm allmählich auf den Magen. Zu den guten Nachrichten des Tages zählte
Benslers Botschaft aus London. Er hatte den Jungen und war auf dem Weg nach
Berlin. Görings Gefühl, dass Dahlerus ihn zu dem Kind führen könnte, war goldrichtig
gewesen.
    Wenn der Schwede
wüsste, was er angerichtet hatte. Nun, er würde es ihm nicht auf die Nase
binden. Sollte Dahlerus ruhig denken, er habe ein gutes Werk getan. Außerdem
wollte Göring nicht mit einem Mann wie Bensler in Verbindung gebracht werden.
Der Kerl war einfach widerlich. Aber er verstand seinen Job. Was bald
zweitrangig sein würde. Göring beabsichtigte nicht, ihn am Leben zu lassen. Die
ganze Mischpoke musste so schnell wie möglich verschwinden, sobald er das Kind
hatte. Bensler, Edgar, die »Söhne Odins« - er würde endgültig reinen Tisch
machen. Das bereitete ihm keine großen Sorgen. Unbequeme Leute diskret von der
Bildfläche entfernen zu lassen, darin war er gut. In Kriegszeiten ohnehin.
Bensler spekulierte wahrscheinlich auf einen hohen Posten in der Gestapo oder
beim Forschungsamt, Göring hatte ihm nur vage Andeutungen gemacht. Er schnaufte
empört. Wenn es sein musste, würde er dem Kretin selbst eine Kugel in den
Schädel jagen. Er hatte mit dem fetten Schwein vereinbart, den Jungen nach
Schein-Carinhall zu bringen. In den verschachtelten Katakomben waren sie
sicher, zudem ließ sich das Gebäude gut abschirmen.
    Schein-Carinhall würde das Letzte sein, was Bensler zu
sehen bekam.
    Die einzigen Unbekannten in seiner komplizierten
Gleichung waren Oda und Richard Krauss. Bisher gab es keine einzige Spur. Nach
der Schießerei mit Kestner und Bredow waren die beiden abgetaucht. Wie vom
Erdboden verschluckt. Das war eindeutig Odas Handschrift. Sie zur Gegnerin zu
haben, beunruhigte und vergrätzte Göring ein wenig. Seit sie sich auf Krauss'
Seite geschlagen hatte, rätselte er über ihre Motive, suchte in seinen
Erinnerungen nach Anzeichen dafür, dass sie ihn verraten würde. Aber da war
nichts. Nichts, was je seinen Verdacht erregte. Wäre es anders gewesen, hätte
er viel früher gehandelt. Denn Göring hielt Oda für die gefährlichste Frau, der
er je begegnet war. Krauss dagegen war für ihn ein unbeschriebenes Blatt. Aber
nach dem, was Göring von ihm wusste, vermutete er, dass Krauss es auf seinen
Bruder abgesehen hatte. Oda würde ihn zu ihm führen. Der Feldmarschall hoffte,
dass die beiden ihm diesen Teil seiner Arbeit abnahmen. Hinterher konnte er
sich immer noch um sie kümmern. Allerdings zwangen sie ihn, umsichtiger zu
agieren.
    Vorsichtshalber
hatte er die Mannschaft in Schein-Carinhall vervierfacht. Mehrere Patrouillen
überwachten den Wald und die Umgebung. Außer Bensler würde nicht mal eine Maus
in das Gebäude hineinkommen.
    Es klopfte. Göring
brummte ein Ja, und Oberstleutnant Conrad riss die Tür auf. Er übergab dem
Feldmarschall ein Blatt Papier. »Herr Dahlerus ist gerade eingetroffen.«
    »Schicken Sie ihn rein.«
    Göring überflog
den Zettel. Es war eine Meldung vom F. A. darüber, dass Dahlerus nach seiner
Landung zuerst die englische Botschaft aufgesucht hatte. Wahrscheinlich hoffte
er auf eine Nachricht über den Ausgang des Treffens zwischen Henderson

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