Johann Holtrop. Abriss der Gesellschaft. Roman (German Edition)
gebe sogar Belege, Sprißler selbst habe an Duhm Gelder in bar ausgezahlt, außerdem an Mitarbeiter von Duhms Bessemer Consult Unterlagen über Thewe, Schlüssel zu dessen Haus und Auto und mehrere tausend Mark konspirativ in bar übergeben, was alles, wie Sprißler zu Salger gesagt hatte, kompletter Blödsinn war, aber ein, das erkannte Sprißler auch sofort, für ihn konkret nicht ungefährlicher Blödsinn. Nun ging es um die Frage, wie Duhm, der Sprißler einiges zu verdanken hatte, sich in der neuen Ära Wenningrode zu diesen fabrizierten Realitäten positionierte, beziehungsweise konkret um die Höhe des Betrags, den Duhm als Aufwandsentschädigung für angemessen halten würde, wenn er sich aus alter Verbundenheit zu Sprißler dessen Sicht der Vorgänge anschließen und diese Sicht mit Unterlagen und Aussagen belegen würde. Duhm lächelte, als er zur Türe hereinkam, hinter ihm kam Dobrudsch herein. »Schön, Sie wiederzusehen«, sagte Duhm, der in diesem Bauarbeiterloch sein Berliner Büro hatte. »Ich wusste gar nicht«, sagte Sprißler, »dass Sie nach Berlin gewechseltsind.« »Von Leffers vermittelt«, antwortete Duhm, »wir machen hier auch nur Bewachung Außengelände, zusammen mit der Correal«, dabei zeigte er mit seinem Gesicht auf Dobrudsch, der dazu nickte. »Gut«, sagte Sprißler, »was habt ihr dabei?« Duhm legte die Unterlagen vor, die er den Ermittlern der Kanzlei Latham & Watkins vorerst noch nicht übergeben hatte. Aus den Ortungen von Sprißlers Handy ergebe sich der Hinweis, dass Sprißler bei einem Treffen auf dem Parkplatz vor der Diskothek Moon den Leuten von der Bessemer die dort sichergestellten Theweunterlagen übergeben habe. »War ich nie dort«, sagte Sprißler, während er auf die ihm hingehaltenen Protokolle schaute, und Duhm antwortete, »aber Ihr Handy«. Dabei war Duhms Freude unübersehbar, dass er sich an Sprißler für die vielen Mikrobosheiten, die der in seiner Arroganz auf den früher von unten zu ihm hochwinselnden Duhm hinunterfallen hatte lassen, jetzt ein bisschen rächen konnte. Sprißler kam auf das Geld zu sprechen, und Duhm nickte. Um Geld gehe es hier gar nicht primär, aber dann nannte Duhm als Größenordnung doch schnell die grobe Etwasumme von hundert, einhundert, einhunderttausend. »Hunderttausend Euro«, sagte Sprißler, »das ist eine Menge Geld, Herr Duhm.« »Aus alter Freundschaft, Herr Dr. Sprißler«, sagte Duhm und lachte. Dann wurden die Übergabemodalitäten besprochen. »In bar habe ich es nämlich nicht dabei«, sagte Sprißler. »Wie lange brauchen Sie denn?« sagte Duhm, er habe ja auch seine Auslagen. Dabei deutete er mit dem Gesicht zur Türe, wo Dobrudsch Wache hielt. »Nächste Woche in Krölpa, sind Sie da da?« Sie fixierten den Termin für nächsten Freitag, Boriéclub Krölpa, 22 Uhr. Duhm erklärte noch, dass er auf die laufenden Ermittlungen der Lathamanwälte, die in Krölpa natürlich weiter Unterlagen prüfen würden, keinen Einfluss nehmen könne. Sprißler akzeptierte. Dann gingen siezu viert zu dem Kantinencontainer hinüber. Inzwischen war es heller geworden. Das grünlichweiße Flutlicht mischte sich mit dem bläulichen Licht des Morgens, und Sprißler machte im Gehen die Beobachtung, dass Duhm sich hier deshalb so gut fühlte, weil er von seinem Prätorianer Dobrudsch begleitet wurde. Die Bande machte ihn stark.
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KRÖLPA . Bei Henze stand die Polizei vor der Türe. Irgendwo zwischen Henzes Papieren, Henze in seiner Nacht, der Nacht seiner Sachen, lag auch ein einige Monate alter Brief der Staatsanwaltschaft Werra, Zweigstelle Bad Langensalza, der Henze davon in Kenntnis setzte, dass er in dem Ermittlungsverfahren gegen Dr. H. Sprißler als Zeuge geführt werde und einvernommen werden solle. Henze wurde aufgefordert, sich beim Amtsgericht Krölpa, Zimmer Sowieso, zu melden und als Zeuge befragen zu lassen. Weil dieser Brief von Henze aber nicht geöffnet worden, sondern wie andere Behördenpost, die im graublauen Umweltschutzpapierumschlag mit hoheitlichen Adlern im Poststempel ankam und bedrohlich ausschaute, von Henze sofort dort abgelegt worden war, wo die neu-esten Papiere wie Kassenzettel, Werbesendungen, Wurfschriften etc sich ansammelten, dieser schnell wachsende Stapel wegen Platznot immer wieder an einen neuen, anderen Ort gelegt wurde, dort von anderen Gegenständen überlagert, verdrängt und immer tiefer weggedrängt wurde, der Brief zuletzt auf die Art unauffindlich im Nirgendwo von Henzes Zimmer
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