Johann Holtrop. Abriss der Gesellschaft. Roman (German Edition)
weiter. In der Halle blieben die anderen zurück, die sich Hombach eben in der Vorstandssitzung schon unterworfen hatten, da gab es für Hombach nichts mehr zu bereden. Den Gang entlang ging Hombach voraus. »Seele, Diele, Kehle«, sagte er und drehte sich dabei zu Salger nach hinten um. »Wie bitte?« fragte Salger, der Hombach offenbar missverstanden hatte, zurück. Salger hatte nichts dagegen, von Hombach hier als Statist und Null benützt zu werden, er kannte auch das. Chef requiriert sich irgendwen, um den volltexten zu können. Aber als Null kann man dabei viel lernen. Salger folgte Hombach, der ihm die Türe zu seinem Büro aufhielt und dabei sagte: »Wissen Sie schon, was Macht ist?« »Nein«, antwortete Salger höflich und trat ein. »Die Leute kommen lassen.« »Aha.« »Sie müssen aber nicht alles glauben, was ich Ihnen erzähle.« »Ich weiß, Herr Hombach.« »Also, sprechen Sie, was kann ich für Sie tun?«
Salger hatte von Holtrop den Auftrag, den Binzkredit bei der Deutschen Bank neu zu verhandeln, bei Hombach diesbezüglich vorzufühlen. Die Verträge mit Binz waren nach Aussage von Justitiar Blaschke in Ordnung. Aber Binz hielt sich nicht an die vertraglich vereinbarten Absprachen. Im Moment machte Binz nichts, was ihm nicht direkt nützte, egal wozu er sich vertraglich verpflichtet hatte. »Sie können mich natürlich verklagen«, hatte Binz in einem Telefonat am Tag nach dem Gespräch in Oberhaching zu Holtrop gesagt und gelacht, »aber schneller geht es dadurch für Sie auch nicht.« Für Holtrop war das Binzproblem inzwischen eine Frage der Grundlagen seiner Position bei der Assperg AG . Das Vertrauen des alten Assperg in Holtrops Zauberkünste war gestört. Holtrop hatte dem alten Assperg das Risiko des Binzgeschäfts, gegen den damaligen Rat von Finanzvorstand Ahlers, nicht vollumfänglich offengelegt. Es war Holtrop nicht so bedeutend vorgekommen, im Vergleich zu anderen Projekten in Asien, dem TV -Projekt in China, es war auch von der eingesetzten Finanzsumme her kein Megageschäft. Die Binzgeschichte bekam allerdings dauernd starke mediale Aufmerksamkeit, den Effekt davon hatte Holtrop nicht genügend einkalkuliert. Alle zwei Wochen wurden die Verbindlichkeiten der Binzgruppe im Focus und im Spiegel in großen Schautafeln dargestellt, auch die Pseudobeteiligung der Assperg AG an dem inexistenten Multimediaverbund von Binz. Die große Schlacht lieferte sich Binz mit Gosch. Holtrop hatte die Befürchtung, dass Assperg als vergleichsweise kleiner Player seine Interessen nicht genügend druckvoll durchsetzen könnte. Vielleicht könnte die Deutsche Bank, die über den Schwiegervater von Goschchef Messmer gute Kontakte zu Gosch hatte, der Assperg AG bei der Kontaktanbahnung helfen? Vielleicht wäre für die Assperg AG sogar eine strategische Allianz mit dem Konkurrenten Gosch denkbar. In diese Richtung gingen Holtrops Ideen. Vielleicht könnte Gosch oder die Deutsche Bank Assperg den Binzkredit abkaufen, dafür einen Teil des Derivatepakets von Assperg übernehmen? Salger führte mit Hombach zunächst ein allgemeines Gespräch über die Derivateproblematik. Einen kleinen Teil der Milliardengewinne, die Holtrop beim Nobisverkauf Anfang 2000 für die Assperg AG erlöst hatte, hatte Assperg in spekulativen Papieren auch bei der Deutschen Bank angelegt. Aber nur wenn das Binzimperium erhalten bliebe, wäre eine Übernahme des Binzkredits für Gosch oder die Deutsche Bank überhaupt interessant. »Diese Voraussetzung sehe ich im Moment nicht als gegeben an«, sagte Hombach. Für die Zukunft würde es ihn aber freuen, wenn es zwischen Assperg und der Deutschen Bank zu neuen Geschäften kommen würde. Zum Abschied machte Hombach Salger ein Kompliment, das den Unterschied zwischen Salger und Ahlers betraf, dann brachte er Salger zur Türe.
Draußen auf dem Gang sagte Salger im Gehen vor sich hin: »Ich komme jetzt runter.« Der Satz war an Sprißler gerichtet, der Salgers Gespräch mit Hombach vom Operncafé aus mitverfolgt und aufgezeichnet hatte. Sprißler bezahlte seine Rechnung und ging nach draußen, an der Terrorbaustelle vorbei und über die Taunusanlage hinüber zum Eingang der Bank, wo er von Salger die kleine Stiftmikrophonanlage übernahm. Anschließend fuhr Sprißler nach Köln.
VI
Im Kölner Wallraf-Richartz-Museum trat ein kleiner dicker Mann, Finanzimpresario Mack, näher an das goldprangende Altarbild vor seinen Augen, nickte anerkennend vor sich hin und sagte, da er noch allein
Weitere Kostenlose Bücher