Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Gesettz
Vom Netzwerk:
riss den Mund so weit auf, dass er fast das Telefon verschluckt hätte. Eigentlich hatte er mindestens das Dreifache von Rosenbergs erstem Angebot verlangen wollen, das war übliche Anwaltsroutine, aber nun konnte er ein paar Sekunden lang weder sprechen noch atmen.
    »Der gesamte Betrag wird auf einmal ausbezahlt, vertraulich und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Das Angebot gilt dreißig Tage lang, bis zum zehnten März.«
    Schon ein Angebot von zehntausend pro Schadensfall wäre für Mack ein völlig unerwarteter warmer Geldregen gewesen. Er rang nach Luft und suchte nach einer Antwort.
    »Wie gesagt, Mack, wir versuchen nur, die Bilanz zu bereinigen. Was denken Sie?«
    Was ich denke?, wiederholte Mack im Stillen. Wenn ich mich recht erinnere, beträgt mein Anteil vierzig Prozent. Leicht auszurechnen. Ich glaube, letztes Jahr hatte ich Bruttoeinnahmen von fünfundneunzigtausend, von denen die Hälfte für Fixkosten - Fredas Gehalt und die Aufwendungen für das Büro - draufgegangen ist. Das ergibt sechsundvierzigtausend vor Steuern, etwas weniger als meine Frau als Konrektorin der Clanton High School verdient hat. Mir gehen im Augenblick eine Menge Dinge durch den Kopf, die nicht so recht druckreif sind, wie zum Beispiel: 1. Ist das ein Scherz? 2. Wer von meinen Studienkollegen könnte dahinterstecken? 3. Falls es doch kein Scherz ist, wie rette ich dieses wunderbare Honorar vor den Geiern? 4. Meine Frau und die beiden Töchter brauchten keinen Monat, um das Geld auf den Kopf zu hauen. 5. Freda würde einen satten Bonus verlangen. 6. Wie komme ich nach so vielen Jahren wieder an meine Kettensägen-Mandanten ran? Und so weiter. Ich denke eine ganze Menge, Mr. Rosenberg.
    »Das ist sehr großzügig, Marty«, brachte Mack schließlich heraus. »Ich bin sicher, meine Mandanten werden hocherfreut sein.« Nach dem ersten Schock fing sein Gehirn allmählich wieder an zu arbeiten.
    »Gut. Dann sind wir uns also einig?«
    »Lassen Sie mich überlegen. Ich muss natürlich mit meinen Mandanten sprechen, das könnte ein paar Tage dauern. Kann ich Sie in einer Woche anrufen?«
    »Natürlich. Aber wir möchten die Sache abschließen, verlieren Sie also keine Zeit. Und ich kann gar nicht genug betonen, dass wir großen Wert auf Vertraulichkeit legen. Ein solcher Vergleich bleibt doch unter uns, Mack?«
    Bei diesen Summen war Mack zu allem bereit. »Ich habe verstanden. Kein Wort, zu niemandem.« Das meinte er ernst. Er überlegte, wer alles nicht von seinem Lottogewinn erfahren würde.
    »Perfekt. Sie melden sich in einer Woche?«
    »Abgemacht. Hören Sie, Marty, meine Sekretärin redet gern. Es ist besser, wenn Sie nicht hier anrufen. Ich melde mich am nächsten Dienstag bei Ihnen. Welche Uhrzeit?«
    »Sagen wir, elf Uhr Ostküstenzeit?«
    »Abgemacht, Marty.«
    Sie tauschten Telefonnummern und Adressen aus und verabschiedeten sich. Dem Digitaltimer an Macks Telefon zufolge hatte der Anruf acht Minuten und vierzig Sekunden gedauert.
    Das Telefon klingelte erneut, unmittelbar nachdem Rosenberg aufgelegt hatte, aber Mack starrte es nur an. Er wollte das Schicksal nicht herausfordern. Stattdessen ging er zu dem großen Schaufenster an der Vorderseite des Büros, auf das sein Name gemalt war, und blickte über die Straße zum Gericht, wo in diesem Augenblick im ersten Stock im Richterzimmer ein paar gewöhnliche kleine Anwälte kalte Sandwiches mampften, sich über fünfzig Dollar mehr oder weniger Kindesunterhalt stritten und darüber verhandelten, ob die Ehefrau den Honda bekommen sollte und der Ehemann den Toyota. Er wusste, dass sie da waren, weil sie immer da waren und er oft an solchen Gesprächen teilnahm. Ein paar Türen weiter studierten im Büro der Geschäftsstelle andere Anwälte Grundstücksregister, Hypothekenbücher und verstaubte Liegenschaftskarten, wobei sie müde Witze rissen und sich Geschichten und Anekdoten erzählten, die er schon tausendmal gehört hatte. Vor ein oder zwei Jahren hatte irgendwer in Clanton einundfünfzig Anwälte gezählt, deren Kanzleien sich praktisch alle rund um den Platz in der Stadtmitte angesiedelt hatten. Sie aßen in denselben Restaurants, trafen sich in denselben Coffeeshops, tranken in denselben Bars, warben um dieselben Mandanten, und fast alle nörgelten und schimpften gleichermaßen über ihren Beruf. In einer Stadt mit zehntausend Einwohnern gab es genügend Streitigkeiten, um einundfünfzig Anwälte zu ernähren, obwohl tatsächlich weniger als die Hälfte gebraucht

Weitere Kostenlose Bücher