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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Gesettz
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er brauchte das Geschäft. Wie jeder andere Anwalt in Clanton - und von denen gab es viele - wusste er, dass der nächste der Anruf sein konnte: der dicke Fang, der große Fall, der ihm ein üppiges Honorar bringen und vielleicht sogar den Weg in ein neues Leben eröffnen würde. An diesem kalten Wintertag, an dem die Luft ein wenig nach Schnee roch, kam er tatsächlich.
    »Ich hätte gern Mr. Mack Stafford gesprochen«, sagte eine Männerstimme mit einem ungewohnten Nordstaatenakzent.
    Die Stimme klang viel zu kultiviert und zu weit weg, als dass sie Mack gefährlich werden konnte. »Das bin ich«, erwiderte er daher.
    »Rechtsanwalt Mack Stafford?«
    »Genau der. Mit wem spreche ich?«
    »Ich bin Marty Rosenberg von der Kanzlei Durban & Lang in New York.«
    »New York City?«, fragte Mack viel zu eifrig. Natürlich New York City. Obwohl ihn seine Tätigkeit nie auch nur in die Nähe der Metropole geführt hatte, wusste er selbstverständlich, wer Durban & Lang waren. Jeder Anwalt in den Vereinigten Staaten hatte zumindest schon von der Kanzlei gehört.
    »Ganz recht. Darf ich Sie Mack nennen?« Die Stimme klang ein wenig kurz angebunden, aber höflich, und Mack sah Mr. Rosenberg plötzlich vor sich, wie er in einem luxuriösen Büro mit Gemälden an der Wand saß, während untergeordnete Anwälte und Sekretärinnen beflissen seine Aufträge erledigten. Trotz seiner Machtposition legte dieser Mann Wert darauf, freundlich zu bleiben. Eine Welle der Unsicherheit erfasste Mack, als er sich in seinem schäbigen kleinen Büro umsah und sich fragte, ob Mr. Rosenberg bereits zu dem Schluss gelangt war, dass nur Kleinstadt-Loser selbst ans Telefon gingen.
    »Selbstverständlich. Und Sie sind Marty?«
    »Ganz recht.«
    »Normalerweise gehe ich natürlich nicht selbst ans Telefon, aber meine Sekretärin hat gerade Mittagspause.« Das musste gesagt werden, der Mann sollte schließlich wissen, dass er es mit einem richtigen Anwalt mit einer richtigen Sekretärin zu tun hatte.
    »Stimmt, ich hatte ganz vergessen, dass Sie eine Stunde zurück sind.« In Rosenbergs Stimme lag eine Spur Herablassung, der erste Hinweis, dass wohl nicht nur eine Stunde zwischen ihnen lag.
    »Was kann ich für Sie tun?« Mack nahm das Gespräch in die Hand. Genug mit dem Geplänkel. Sie waren beide vielbeschäftigte, bedeutende Anwälte. Fieberhaft überlegte er, welcher Fall, welcher Vorgang, welche Sache für eine so große und renommierte Kanzlei von Interesse sein mochte.
    »Wir vertreten eine Schweizer Firma, die kürzlich eine Mehrheitsbeteiligung am südkoreanischen Tinzo-Konzern erworben hat. Sie kennen Tinzo?«
    »Natürlich«, erwiderte Mack wie aus der Pistole geschossen, während er sich das Gehirn zermarterte. Der Name Tinzo kam ihm tatsächlich bekannt vor, allerdings nur sehr vage.
    »Uns liegen alte Unterlagen von Tinzo vor, denen zufolge Sie mehrere Holzfäller vertreten, die durch angeblich fehlerhafte, von einem Tinzo-Geschäftsbereich auf den Philippinen hergestellte Kettensägen verletzt worden sein sollen.«
    Ach so, Tinzo ! Jetzt war Mack im Bilde. Die Erinnerung kehrte zurück, obwohl er immer noch keine Einzelheiten präsent hatte. Die Fälle waren alt, überholt und fast vergessen, weil er sein Bestes getan hatte, sie zu verdrängen.
    »Schreckliche Verletzungen«, behauptete er zur Sicherheit. Schrecklich mochten sie gewesen sein, allerdings nicht so ernst, dass Mack tatsächlich geklagt hätte. Er hatte die Mandate vor Jahren übernommen, jedoch das Interesse verloren, als es ihm nicht gelang, einen schnellen Vergleich zu erzielen. Seine Theorie bezüglich der Haftung stand auf eher wackligen Beinen. Die fraglichen Tinzo-Kettensägen hatten sich nämlich bis dahin als sicher erwiesen. Vor allem jedoch waren Produkthaftungsprozesse kompliziert, teuer, viel zu anspruchsvoll für ihn und bedeuteten normalerweise den Gang vor ein Geschworenengericht, was Mack möglichst vermied. Scheidungen, Privatinsolvenzen und gelegentlich ein Testament oder ein Vertrag, da fühlte er sich sicher. Die Honorare waren bescheiden, aber für ihn und die meisten anderen Anwälte in Clanton reichte es zum Leben, und es gab praktisch kein Risiko.
    »Bei Ihnen da unten scheint keine Klage eingereicht worden zu sein«, fuhr Rosenberg fort.
    »Noch nicht«, erwiderte Mack so selbstbewusst wie möglich.
    »Wie viele von diesen Fällen vertreten Sie, Mack? «
    » Vier«, gab er zurück, obwohl er das nicht mehr genau wusste.
    »Ja, das stimmt mit

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