John Grisham
und sie macht da weiter, wo wir aufgehört haben.
»Ich glaube, ich gönne mir einen kleinen Jimmy. Was ist mit Ihnen?«
»Nein danke. Ich muss noch fahren.«
Sie mixt sich einen Drink, und dann geht es los. Ich habe sie zwar nicht ausdrücklich eingeladen, mir und Lyle bei unserem Junggesellenabend Gesellschaft zu leisten, aber als mir klarwird, dass ihr Cadillac nur mit ihr zusammen zu haben ist, ist mir das auch recht. Lyle Spurlock hat bestimmt nichts dagegen. Als wir in unserem Gefährt, das mich an einen Öltanker auf dem Weg zum Meer erinnert, durch die Stadt gleiten, äußert sie die H offnung, dass die Filme nicht zu schlüpfrig sind. Dabei klimpert sie dramatisch mit den Wimpern, und ich komme zu dem Schluss, dass das Daisy Drive-In für Miss Ruby nicht unanständig genug sein kann.
Ich öffne das Fenster einen Spalt, um Miss Rubys Ausdünstungen mit Frischluft zu verdünnen. Anlässlich unseres Ausflugs hat sie sich mit einer Extradosis ihrer verschiedenen Parfüms übergössen. Ihr Fenster lässt sie fest geschlossen, als sie sich eine Marlboro anzündet. Für eine Sekunde fürchte ich, dass die Flamme die um die Vordersitze wabernden Dämpfe entzündet und wir beide verbrennen. Der Augenblick geht vorüber.
Auf dem Weg nach Quiet Haven erfreue ich Miss Ruby mit all dem Klatsch, den ich in der Küche über Mr. Lyle Spurlock und seine lüsternen Blicke und Hände zu hören bekommen habe. Sie behauptet, vor Jahren gerüchteweise von einem älteren Herren gehört zu haben, der mit einer Krankenschwester im Bett war, und scheint ehrlich erfreut über die Aussicht, eine solche Persönlichkeit kennenzulernen. Nach dem nächsten Schluck Jimmy verkündet sie, sie könne sich doch an einen Kunden namens Spurlock erinnern, damals, in ihrer großen Zeit.
Für die zweite Schicht ist Schwester Angel zuständig, eine frömmelnde, harte Frau, die gegenwärtig Nummer zwei auf meiner schwarzen Liste ist und gute Chancen auf den ersten Platz hat. Sie informiert mich unverzüglich darüber, dass sie meine Pläne missbilligt, mit Mr. Spurlock ins Kino zu gehen. (Außer Spurlock und jetzt Miss Ruby habe ich keinem erzählt, was für Filme wir uns ansehen wollen.) Ich halte ihr entgegen, dass das völlig irrelevant ist, weil Mrs. Wilma Drell, die oberste Bienenkönigin, ihre Zustimmung erteilt hat, wobei diese Zustimmung keineswegs freiwillig gewährt wurde, sondern erst nachdem Mr. Spurlock und seine Tochter (per Telefon) mehr Ärger machten, als Ihre Majestät verkraften konnte.
»Das ist schriftlich festgehalten«, sage ich. »Sehen Sie in der Akte nach. Genehmigt von W. Drell.«
Sie knallt ein paar Papiere auf den Tisch, grummelt etwas Unverständliches und runzelt die Stirn, als wäre ein Migräneanfall im Anmarsch. Binnen weniger Minuten schlappen Spurlock und ich zur Eingangstür hinaus. Er trägt seine schönste Hose und sein einziges Sakko, einen alten glänzenden Blazer in Marineblau, den er seit Jahrzehnten hat, und humpelt entschlossen neben mir her.
Vor dem Gebäude nehme ich ihn am Arm. »Hören Sie, Mr. Spurlock, wir haben einen unerwarteten Gast. «
» Wen?«
»Sie nennt sich Miss Ruby und ist meine Vermieterin. Ich habe mir ihr Auto geliehen, und sie war sozusagen inbegriffen. Tut mir leid.«
»Geht schon in Ordnung.«
»Eine nette Frau. Sie werden sie mögen.«
»Ich dachte, wir wollten uns Pornofilme ansehen.«
»Das stimmt. Keine Sorge, Miss Ruby wird nichts dagegen haben. Sie ist keine echte Dame, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Lyle Spurlock versteht. Und wie. Seine Augen funkeln. Wir bleiben an der Beifahrertür stehen, und ich stelle die beiden einander vor, wonach Spurlock auf den riesigen Rücksitz klettert. Bevor wir den Parkplatz verlassen haben, dreht sich Miss Ruby um.
»Lyle, mein Lieber, hätten Sie gern einen Schluck Jim Beam?«
Dabei zieht sie bereits einen 1-Liter-Flachmann aus ihrer roten Großraumhandtasche.
»Lieber nicht«, sagt Spurlock, und ich entspanne mich. Mit Lyle Spurlock in einen harmlosen Pornofilm zu gehen, ist eine Sache, aber wenn ich ihn besoffen ins Heim zurückbringe, könnte es Ärger geben.
Sie beugt sich zu mir. »Der ist ja süß.«
Wir fahren los. Ich warte darauf, dass Miss Ruby den Sonic Drive-In erwähnt, und tatsächlich dauert es nur wenige Minuten.
»Gill, ich hätte gern einen Cheeseburger und Pommes zum Abendessen. Wie wär's mit dem Sonic?«
Mühsam manövriere ich den Öltanker in einen schmalen Parkplatz am Sonic. Es herrscht
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