John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
hatte er es ihr gesagt, dieser Frau, die jeden Grund hatte, ihn, wenn nicht zu hassen, so doch zu meiden? Sie hatte mit anhören müssen, wie er ihren Mann praktisch dazu aufforderte, sich zu töten. Sie war dagestanden, die tiefschwarzen Augen weit aufgerissen, das Gesicht kreidebleich vor Entsetzen, als er Dallas befahl, auf den Knopf zu drücken, der sein Leben beenden und ihre Mission abschließen würde. Das war etwas, das eine Frau weder vergaß noch vergab.
Im Moment war sie fast ebenso blass. Ein paar Sekunden lang hoffte er, dass sie noch nie von ihm gehört hatte. Es war möglich; seine Tätigkeit bei der CIA war geheimnisumwittert, man tuschelte zwar über ihn, vor allem im Außendienstbereich, aber sie arbeitete im technischen Zweig des Geheimdienstes und hatte nur selten, wenn überhaupt, mit Außendienstlern zu tun.
Sie schluckte. »John Medina … ist nur eine Legende«, sagte sie mit dünner Stimme, und da wusste er, dass sie doch von ihm gehört hatte.
»Danke«, antwortete er beiläufig, »obwohl, ich weiß nicht, ob mir das Wörtchen ›nur‹ gefällt. Ich bin durchaus real. Kannst mich ruhig beißen, wenn du dich überzeugen willst.« Er setzte sich auf die Kante von Franks Schreibtisch und ließ ein Bein baumeln. Er wirkte vollkommen relaxt, doch innerlich vibrierte er vor Anspannung.
»Ich dachte, Kneifen wäre in dem Fall die bewährte Methode.«
»Mir ist beißen lieber.«
Ein wenig Röte stieg in ihre Wangen, doch sie wandte ihren Blick nicht von ihm ab. »Deine Augen waren braun«, sagte sie anklagend. »Und jetzt sind sie blau.«
»Farbige Kontaktlinsen. Blau ist meine richtige Augenfarbe.«
»Oder du hast jetzt farbige Linsen drin.«
»Komm her und überzeuge dich selbst«, forderte er sie auf, aber wie von ihm nicht anders erwartet, war sie nicht geneigt, ihm so nahe zu treten.
Sie fasste sich wieder und sank in ihren Sessel zurück. Sie schlug die Beine übereinander, mindestens ebenso entspannt wie er, wenn nicht gar entspannter. Ihre Bewegung lenkte sein Augenmerk auf ihre Beine, auf das Stück Wade, das sie ihm zeigte. Er hatte ihre Beine noch nie gesehen; sie hatte ständig Hosen getragen, und oft waren selbst diese unter dem Tschador verborgen gewesen. Sie hatte sehr hübsche Beine: schlank und wohlgeformt und leicht gebräunt. Sie sah nach wie vor sehr gut aus, wie jemand, der regelmäßig Sport treibt.
John, der sich seiner heftigen physischen Reaktion auf sie plötzlich bewusst wurde, riss sich zusammen. Er hob den Blick und sah, dass sie ihn beobachtete. Sofort fragte er sich, ob sie ihre Beine absichtlich übereinander geschlagen hatte, um ihn zu irritieren. Falls ja, war es ihr gelungen. Er ärgerte sich über sich selbst, denn Sex war die älteste, abgedroschenste Methode, jemanden abzulenken, und er war darauf reingefallen. Frank kam herein und unterbrach die zwischen ihnen herrschende Stille. Er trug ein Tablett mit einer großen Thermoskanne Kaffee und drei Tassen. Weder Zucker noch Milch waren dabei. »Habt ihr euch schon bekannt gemacht?«, erkundigte er sich glatt und blickte dabei John an, da er nicht wusste, welchen Namen er Niema gegenüber benutzte.
»Er behauptet, sein richtiger Name sei John Medina«, erklärte Niema. Ihre Stimme klang kühl und gefasst, und wieder einmal musste John ihre Beherrschung bewundern. »Vor fünf Jahren kannte ich ihn als Darrell Tucker.«
Frank warf John erneut einen Blick zu, einen erstaunten diesmal, da dieser so rasch seine wahre Identität preisgegeben hatte. »Er hat ’ne Menge Namen; gehört zu seinem Beruf.«
»Dann könnte John Medina ja ebenfalls falsch sein.«
»Da muss ich Sie leider enttäuschen«, sagte Frank mit trockenem Humor. »Ich kenne ihn schon fast sein ganzes Leben, und er ist der richtige McCoy – oder in diesem Fall Medina.«
Das musste sie erst einmal verdauen, wie John registrierte. Er sah auch das rasche Aufblitzen von Misstrauen in ihren Augen; immerhin könnte Frank sie ja ebenfalls anlügen. Sie war weder naiv noch vertrauensselig, doch besaß sie noch zu wenig Erfahrung, um ihre Gefühle und Gedanken vollkommen verbergen zu können.
»Warum bin ich hier?«, erkundigte sie sich abrupt und richtete sich dabei an John.
Frank lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich. »Wir stecken da … in einer kniffligen Situation.« Er schenkte ihr eine Tasse Kaffee ein und reichte sie ihr.
»Und was habe ich damit zu tun? Könnte ich bitte Zucker und Sahne haben?«
Diese simple Frage brachte den
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