John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
Jobs freute sie sich schon. Wie die meisten Frauen liebte sie schöne Kleider und das Bewusstsein, umwerfend auszusehen.
»Du musst alles anprobieren«, fuhr er fort. »Die Kleider müssen perfekt passen. Was nicht passt, muss ersetzt oder geändert werden.«
»Man kann’s aber nicht mehr zurückgeben, wenn’s mal geändert wurde.«
»Darum mach dir mal keine Sorgen, du kannst die Sachen behalten.« Er blickte sich um. »Also hier trennen wir uns. Bis gleich.« Er rannte nach rechts weg und das in einem Tempo, als hätte er nicht bereits einen einstündigen Dauerlauf hinter sich. Er zischte zwischen zwei Häusern hindurch, übersprang einen Zaun und verschwand.
Niema stellte den Nachbrenner an. Ihre Oberschenkel brannten zwar wie die Hölle, aber sie ließ dennoch nicht nach, rannte immer schneller, ihre Füße trommelten auf den Asphalt. Alles, was sie tun müsste, wäre, gemütlich zum Haus zurückzujoggen, sich bei dem Überwachungsteam blicken lassen, damit sie wussten, dass mit ihr alles in Ordnung war. Sie wusste, dass es dumm war, so zu rennen, tat es aber trotzdem. Keuchend und nach Luft ringend, raste sie den Gehsteig entlang. Jeder, der mich sieht, muss glauben, ich renne um mein Leben, dachte sie, bloß dass niemand hinter mir her ist.
Weiter vorne sah sie den Wagen der Agenten oder glaubte zumindest, dass er es war, Sie hatte ihn in der Dunkelheit zuvor nicht richtig erkennen können, aber die Rücklichter sahen genauso aus, und es saßen zwei Männer im Fond. Das Auto parkte am Straßenrand; sie zischte daran vorbei, ohne den Männern auch nur einen Blick zuzuwerfen. Als sie zwanzig Meter weiter war, hörte sie, wie der Wagen ansprang.
Es waren noch zwei Blocks bis zu ihrem Haus. Sie ignorierte ihre brennenden Beinmuskeln und zwang sich, ihre Geschwindigkeit beizubehalten. Als sie ihr Haus erreichte, lief sie durch den kleinen Vorgarten und sprang auf die Veranda. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie der Wagen langsam vorbeifuhr. Sie schloss die Tür auf und fiel, nach Luft ringend, praktisch ins Haus.
Sie musste sich an die Wand neben der Haustür lehnen und fragte sich unwillkürlich, ob das Ganze die Anstrengung überhaupt wert gewesen war. Ihr Herz pochte so stark, dass es ihr in den Ohren rauschte.
Oder kam das Rauschen aus ihren Ohren? Sie zwang sich, tief und regelmäßig zu atmen, und lauschte mit zur Seite geneigtem Kopf.
Das Rauschen kam aus der Dusche des zweiten Badezimmers.
Verwünschungen vor sich hinmurmelnd, stapfte sie durch den Gang, um selbst eine Dusche zu nehmen.
Niema stand Medina gegenüber auf der blauen Schaumstoffmatte. »Heute werde ich dir ein paar ganz besondere Stellen zeigen, auf die man Schläge ausführen kann«, erklärte er. »Richtig ausgeführt – und man braucht eine Menge Übung, um sie richtig auszuführen –, kann ein Schlag auf eine von diesen Stellen zum sofortigen Tod führen.«
Sie wich zurück, stemmte die Fäuste in die Hüften und beäugte ihn argwöhnisch. »Wieso sollte ich so was lernen müssen? Wird es zum Kampf kommen?«
»Wenn das der Fall wäre, würde ich dich nicht mitnehmen. Ich zeige dir diese Dinge einerseits zur Sicherheit und andererseits, weil ich gerade Zeit dafür habe.« Er winkte ihr, an ihn heranzutreten. »Jetzt komm schon.«
»Du willst eine Killermaschine aus mir machen, weil du gerade nichts Besseres zu tun hast?«
Er grinste breit. »Du wirst schon keine Killermaschine. Das Höchste der Gefühle wird sein, dass du dein Gegenüber für einen Moment außer Gefecht setzt, damit du wegrennen kannst. Ich habe doch gesagt, dass man jahrelange Übung braucht, um diese Schläge richtig auszuführen. Du könntest höchstens aus Versehen jemanden umbringen, wenn du es zufällig richtig hinkriegst.« Abermals winkte er ihr, näher zu kommen.
Sie gehorchte misstrauisch, blieb aber noch außerhalb seiner Reichweite.
»Nur die Ruhe, es gibt heute kein Hauen und Stechen. Ich werde dir nur die Stellen zeigen und die andeutungsweise Ausführung der Schläge.« Er trat blitzschnell vor, packte sie am Handgelenk und zog sie zur Mattenmitte, bevor sie überhaupt reagieren konnte.
»Also, das hier sind Techniken, die zum Tai Chi gehören, eigentlich sogar die Grundlagen. Dim-Mak sind Todesschläge. Die Schläge werden auf Akupressurpunkte ausgeführt. Benutze diese Schläge ja nie leichtsinnig, nur wenn’s um Leben und Tod geht, denn, wie gesagt, du könntest versehentlich treffen.« Er nahm ihre Hand und führte ihre
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