John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
zurückkehren.
Keiner sah ihn kommen oder gehen, aber er sah ja auch so überaus durchschnittlich aus.
Später an diesem Abend hielt ein weißer Lieferwagen an der Straße vor dem Apartmentblock an. Zwei Männer stiegen aus und gingen auf das Haus zu; sie trugen weiße Overalls mit Farbspritzern, wie Maler, doch trug der Lieferwagen keinerlei Aufschrift.
Sie betraten den Wohnblock und nahmen die Treppe in den zweiten Stock. Oben angekommen zog jeder eine schwere Automatikpistole aus der Innentasche des Overalls, und so schlichen sie sich den engen, düsteren Gang entlang auf die Tür eines Apartments zu. Der eine postierte sich mit gezückter Pistole neben der Tür. Er nickte seinem Kompagnon zu, der vorsichtig die Hand ausstreckte und die Türklinke ausprobierte. Beide machten überraschte Gesichter, als die Tür aufschwang.
Sie spähten hinein, zuckten sofort wieder zurück und entspannten sich dann; das Zimmer war leer. Dennoch hielten sie ihre Pistolen beim Eintreten bereit und überflogen raschen Blicks den Raum. Nichts. Das Zimmer war nicht nur unbewohnt, es schien seit sehr langer Zeit niemand mehr hier gewohnt zu haben.
Andererseits stand da dieser Computer. Er stand auf einer Kiste und summte leise vor sich hin. Der Monitor zeigte ein leuchtend blaues Bild.
Die beiden waren Profis; sie gingen in die Hocke und inspizierten den Computer, folgten den Kabeln zur Steckdose und zur Telefonbuchse, doch nirgends war irgendetwas Ungewöhnliches festzustellen. Da ihre Suche ohne Ergebnis geblieben war, streckte schließlich einer die Hand aus und schaltete den Computer aus. Der Bildschirm wurde schwarz und das Summen erstarb.
Rasch steckten sie den Computer aus und trugen ihn nach unten zu ihrem Lieferwagen. Sie machten sich nicht die Mühe, die Zimmertür zu schließen.
Villa de Ronsard
Cara drehte gerade ein paar Runden im Swimming-Pool, als Ronsard ihr mitteilen ließ, der Computer wäre eingetroffen. Sie stemmte sich schwungvoll aus dem Wasser und beugte sich vor, um ihre nassen Haare auszuwringen. Sie wusste, dass Hossam sie mit erregt funkelnden schwarzen Augen dabei beobachtete. Ohne ihn zu beachten, schlang sie sich ein Handtuch um den Kopf und ein zweites um die Hüften.
Armer Hossam. All diese eifersüchtige Leidenschaft wurde langsam ermüdend. Hossam selbst wurde ermüdend. Cara langweilte sich schnell mit ihren jeweiligen Liebhabern, denn sobald sie sie im Bett hatten, wurden sie eifersüchtig und Besitz ergreifend. Warum konnten sie sich nicht einfach mit gutem Sex zufrieden geben, so wie sie? Sie wollte ihnen nicht wehtun, denn sie mochte sie alle, bloß nicht so, wie sie es sich vorstellten. Andererseits hatte sie keine Lust, den Rest ihres Lebens mit einem Mann zu verbringen, den sie gar nicht wollte, bloß weil er ihr Leid tat.
Hossam wieder loszuwerden würde nicht leicht sein. Sie war sich ihrer kulturellen Unterschiede durchaus bewusst, ja, hatte sie am Anfang sogar aufregend gefunden. Doch jetzt ging er ihr nur noch auf die Nerven.
Was sie wohl brauchte, war ein netter Junge, der mit sich spielen ließ, einer, der wusste, dass sie der Boss war, zumindest ihrer selbst. Sie wollte nicht auf Teufel komm raus dominieren, sie wollte nur ihre Unabhängigkeit wahren.
In Wahrheit hatte sie, mit Ausnahme von Ronsard, noch nie einen Mann kennen gelernt, der interessanter gewesen wäre als ihre Computer – und sie war klug genug, um zu wissen, dass Ronsard nicht der Typ war, der sich mit Frau und Kinderchen niederließ. Nie. Sie mochte ihn zwar, aber er war nichts für sie. Vielleicht war das ja niemand. Vielleicht würde aus ihr ja eins dieser schrulligen Tantchen werden, die überall in der Welt herumgekommen waren. Die Vorstellung gefiel ihr sogar.
Hossam trat auf sie zu und legte seine Hand auf ihren Arm. »Du kommst heute Abend auf mein Zimmer?«
»Nein, nicht heute Abend«, antwortete sie und entzog sich ihm so unauffällig wie möglich. »Mr. Ronsard hat einen Computer kommen lassen, den ich mir ansehen soll, und das wird die ganze Nacht dauern.«
»Dann also morgen.«
»Du weißt, dass ich dir nichts versprechen kann, wenn ich nicht sagen kann, wann Mr. Ronsard mich braucht und wann nicht.«
»Heirate mich, dann brauchst du nicht mehr zu arbeiten.«
»Aber ich mag meine Arbeit«, wies sie ihn ab. »Gute Nacht.« Rasch eilte sie von ihm fort, bevor er sie noch einmal aufhielt. Ja, die Sache mit Hossam wurde allmählich wirklich schwierig. Eventuell sollte sie Ronsard bitten,
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