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John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung

John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung

Titel: John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Lichterketten erhellt. Kleine Tische und Stühle waren aufgestellt worden, um den Gästen Gelegenheit zu bieten, sich vom Rummel drinnen zu erholen und ein wenig frische Luft zu schnappen.
    Die Witwe saß an einem dieser Tische, die Hände still in den Schoß gelegt, den Blick hinaus in den Garten gerichtet. Sie hatte nicht geweint, wie Ronsard feststellte, als er sich ihr mit langsamen, aber zielstrebigen Schritten näherte. Nein, sie hatte ihre Fassung bewahrt, obwohl er glaubte, ein feuchtes Glitzern in ihren Augen zu erkennen, und auch um ihren Mund lag dieser weiche, traurige Zug, der in ihm den Wunsch weckte, mit einem Kuss ein Lächeln darauf zu zaubern. Ein solch köstlicher Mund sollte immer lächeln.
    »Hallo«, sprach er sie sanft auf Englisch an, und ihr Zusammenzucken verriet ihm, dass sie sein Kommen nicht gehört hatte. »Verzeihen Sie, ich wollte Sie nicht erschrecken.«
    Sie wandte ihm ihre großen, dunklen Augen zu, und abermals spürte er dieses Ziehen in den Lenden. Sie sah so traurig aus, so einsam und verletzlich. Noch während er das dachte, sah er, wie sie sich sichtlich ermannte und wieder jene höfliche Maske aufsetzte, die man ihr wahrscheinlich von klein auf antrainiert hatte.
    »Das macht doch nichts«, sagte sie und machte Anstalten, sich zu erheben. Ihre Stimme klang leise und feminin und besaß nicht jenes irritierende Näseln von so vielen Amerikanern. »Ich wollte sowieso gerade wieder hinein …«
    »Bitte, lassen Sie sich durch mich nicht stören«, warf er rasch ein und berührte sie sanft am Arm. Er ging stets sanft mit Frauen um, und viele von ihnen waren rührend empfänglich für diese Sanftheit, als bekämen sie sonst in ihrem Leben nicht genug davon. Die Witwe jedoch blickte ein wenig schockiert drein und zog sich nahezu unmerklich vor ihm zurück.
    »Ich sah Sie hinausgehen und dachte mir, sie sieht so … traurig aus.« Er musste vorsichtig sein, musste ihre Angst besänftigen.
    Einen Moment lang schwieg sie. Dann wandte sie den Kopf zur Seite und blickte in den Garten hinaus. Er konnte nicht umhin, den anmutigen Schwung ihres Halses und ihrer Wangenknochen zu bewundern. Dann sagte sie: »Die Musik hat mich an eine andere Zeit erinnert.«
    Das war alles. Keine Details, keine näheren Erläuterungen. Er spürte, dass sie ihm, einem Fremden, nichts Persönliches anvertrauen wollte, was ihn faszinierte, denn gewöhnlich überschlugen sich die Frauen in seiner Gegenwart, bemühten sich, seine Aufmerksamkeit möglichst lange zu fesseln. Ja, diese Zurückhaltung faszinierte ihn.
    »Mein Name ist Louis Ronsard«, sagte er und nahm neben ihr Platz.
    »Freut mich, Sie kennen zu lernen«, entgegnete sie höflich. »Ich bin Niema Jamieson.«
    »Niema.« Er sprach den Namen langsam aus, als wolle er den Klang auskosten. »Was für ein schöner, ungewöhnlicher Name.«
    Sie schenkte ihm ein rasches Lächeln. »Manchmal sogar zu ungewöhnlich. Die Leute wissen selten, wie man ihn ausspricht, wenn sie ihn lesen – gewöhnlich sagen sie dann ›Nima‹ statt ›Neijima‹, und wenn sie ihn hören, wissen sie nicht, wie man ihn buchstabiert. Als ich klein war, habe ich mir oft gewünscht, meine Mutter hätte mir einen ganz normalen Namen gegeben, wie Jane oder Susan.«
    »Ist das eine Familientradition?«
    »Das auch wieder nicht«, sagte sie, und aus dem Lächeln wurde ein Lachen. Er war entzückt über die Wandlung, die es in ihrem Gesicht hervorrief, von Trauer zu Freude. »Sie mochte den Klang des Namens Naomi, nicht aber den Namen selbst. Also hat sie so lange rumprobiert, bis« – und dabei breitete sie die Hände aus – »der Name Niema geboren war.«
    »Ich finde ihn reizend.«
    »Danke. Hab’ mich inzwischen daran gewöhnt.« Sie warf einen Blick über ihre Schulter in den Ballsaal. »Es war nett, mit Ihnen zu plaudern, aber ich sollte jetzt wirklich …«
    »Selbstverständlich«, sagte er, sich erhebend. »Sie kennen mich ja überhaupt nicht und fühlen sich unwohl, so allein mit mir.« Er hielt kurz inne, um ihr die Gelegenheit zu geben, dies abzustreiten. Zu seiner Belustigung tat sie es nicht. »Würden Sie mir einen Tanz reservieren, Mademoiselle Jamieson?« Er nannte sie absichtlich Mademoiselle, um ihr Gelegenheit zu geben, ihm zu erzählen, dass sie verwitwet war.
    »Madame«, korrigierte sie, und ihre Aussprache war eine angenehme Überraschung für ihn. Weniger erfreut war er, als sie es dabei beließ, ihm also ihren Witwenstatus vorenthielt; eine Frau, die an ihm

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