John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
kann dich doch nicht aufhalten.«
Sein Arm um ihre Taille packte sie fester, als kleine Strafe für das Necken. Sein Oberkörper unter dem seidenen Smokinghemd fühlte sich hart wie Eisen an. Er hielt sie so fest, dass ihre Brüste förmlich platt gedrückt wurden. Seine Körperhitze durchdrang ihre Kleidung, und sein männlich herber Duft umfing sie wie eine Liebkosung. Mmm, sie mochte sein Rasierwasser und seinen ganz eigenen, speziellen Geruch.
»Du hältst mich viel zu fest«, protestierte sie leicht panisch, denn ihre aufkeimenden Gefühle verunsicherten sie zutiefst. Sie stieß mit den Händen gegen seine Brust, nicht so fest, dass es aufgefallen wäre, aber doch genug, um ihren Oberkörper ein wenig zurückbiegen zu können.
Doch er zog sie mühelos wieder an sich; sie hatte nicht den Hauch einer Chance gegen ihn. »Ich bin bis über beide Ohren in dich verliebt, schon vergessen? Und du bist hilflos fasziniert von mir.«
Woher wusste er das bloß? Diese Frage durchzuckte blitzartig ihr Gehirn, doch dann fiel ihr wieder ein, welche Rolle sie zu spielen hatten.
Im Fluss des Tanzes hatten sie sich mehr und mehr den Terrassentüren genähert. Jetzt machte er eine schwungvolle Drehung, und auf einmal waren sie draußen. Es war eine warme Nacht, aber dennoch kühler als im Ballsaal mit all den Menschen und Lichtern. Viele Tische waren mit lachenden und schwatzenden Pärchen oder Gruppen besetzt, dennoch war es hier draußen bedeutend stiller.
Er hörte auf zu tanzen und führte sie die Stufen hinunter in den Garten. Der süße, schwere Duft von Rosen lag in der Luft. Winzige Kieselsteine knirschten unter ihren Füßen, als sie den Weg ein kurzes Stück entlangschritten. Obwohl der Garten zu gut beleuchtet war, als dass es ganz dunkel gewesen wäre, bot er dennoch ein wenig Abgeschiedenheit.
»So, das ist weit genug«, sagte John, blieb stehen und blickte zu ihr hinunter. »Hier kann er uns noch sehen.« Bevor sie auch nur eine Ahnung hatte, was er damit meinte, nahm er ihr Gesicht in beide Hände und begann sie zu küssen.
Automatisch fuhren ihre Hände hoch und umklammerten seine Handgelenke. Zwei Herzschläge lang setzte ihr Atem aus, und ihre Knie wurden weich. Sie hatte das Gefühl, nur durch seine warmen Hände an ihrem Gesicht aufrecht gehalten zu werden, obwohl sein Griff dafür viel zu sanft war.
Zunächst küsste er sie ganz zart und forschend, ein behutsames Erkunden. Sie stand reglos, wie erstarrt da, vollkommen hingerissen von dieser schlichten Liebkosung. Dann erwiderte sie den Kuss vorsichtig, ein sanfter Druck der Lippen. Da bog er seinen Kopf mehr zur Seite und vertiefte den Kuss mit forschender Zunge. Plötzlich explodierte etwas in ihr, etwas Heißes, und sie sackte an ihn. Er ließ ihr Gesicht los und umschlang sie mit den Armen, fester noch als zuvor, so fest, dass sie von den Brüsten bis zu den Oberschenkeln an ihn gepresst war.
Und nun verschlang er sie, wild und zügellos. Er küsste sie auf eine Weise, wie sie es sich nie gewagt hätte vorzustellen: tief und leidenschaftlich, wie ein Mann eine Frau küsst, kurz bevor er sie auf den Rücken rollt und sich zwischen ihre Schenkel drängt. Und sie nahm sie hin, diese Küsse, ja mehr noch, sie hieß sie willkommen, erwiderte sie. Ihre Zunge rang mit der seinen, sie hob die Arme und umschlang seinen Nacken. Unwillkürlich bäumte sie sich auf, drängte die Lenden an ihn, und da merkte sie, dass er beinhart war, dass seine Erektion gegen ihren Bauch drückte.
Diese Entdeckung schockte sie so sehr, dass sie sich von ihm losriss und einige Schritte zurücktaumelte. Er ergriff sie beim Arm, damit sie nicht stolperte, ließ sie aber sogleich wieder los. Im Halbdunkel des duftenden Gartens, das nicht dunkel genug war, starrten sie einander an. Sie sah den kühlen, beherrschten Ausdruck in seinen Augen, und abermals fühlte sie sich, als hätte sie einen Magenschwinger bekommen. Diese Küsse erschütterten ihre Grundfesten, doch John spielte, trotz der automatischen Reaktion seines Körpers, nur seine Rolle. Den hingerissenen, bis über beide Ohren verliebten Verehrer.
Ronsard beobachtete sie abschätzend, wusste noch nicht recht, was er von dem Ganzen halten sollte. Niema schluckte und überlegte, was sie tun sollte. John – Temple – eine Ohrfeige geben? Nein, sie war nur zu willig gewesen, und Niema Jamieson war keine Heuchlerin.
Zum Teufel mit Niema Jamieson; sie war viel zu erschüttert, um jetzt noch eine Rolle spielen zu können.
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