John Sinclair - 0978 - So jagten wir Shimada
normales? – sickerte hindurch.
Die Helligkeit nahm zu. Für mich schälte sich Sukos Gesicht aus der Dunkelheit wie das eines Geistes. Es nahm Konturen an. Für ihn geschah das gleiche bei meinem Aussehen.
Graues Licht. Noch keine Umgebung. Dichte Schwaden, die sich allerdings immer mehr verloren.
Wie Rauch im Wind.
Ich schaute vor meine Füße. Diesmal hätte es mich nicht verwundert, wenn wir in der Luft gestanden hätten, aber die Plattform war tatsächlich noch vorhanden.
Glatt, flach, viereckig. Sie bestand aus diesem harten Gestein, das einstmals Schatten gewesen war.
Mir dämmerte allmählich, daß uns die Festung nicht ganz verlassen hatte. Sie hatte sich nur verändert. Sie war geschrumpft und zu dieser Plattform geworden, die uns einigermaßen Platz, aber keinen Bewegungsspielraum ließ.
Kaum zu fassen.
Nur war bei einem Dämon wie Shimada alles möglich.
»Es läuft alles auf das Finale zu«, murmelte Suko. »Ich weiß es, ich fühle es.« Dann sagte er etwas völlig Verrücktes. »Riechst du das Meer, John? Atme tief ein. Es ist soweit, John, die Ereignisse nähern sich einer Entscheidung – dem Ende.«
Als wollte der Dunst seine Worte bestätigen, so verschwand er von einem Augenblick zum anderen.
Wir bekamen freie Sicht.
Und was unsere Augen da entdeckten, das wollten wir kaum glauben. Die Düsternis der Festung hatte uns verlassen. Wir standen mitten auf der Insel. Wir sahen den grünen Bewuchs. Wir sahen sogar die beiden Hubschrauber.
Zugleich spürten wir festen Boden unter den Füßen, aber wir standen nicht auf der Insel.
Wir schwebten über dem Grund!
Eine schwarze Plattform, die nicht in der Luft schwebte, sondern mit dem Untergrund verbunden war. Unter ihr begann ein ebenfalls schwarzblauer Träger, der sich tief in den Boden hineingerammt hatte. So jedenfalls sah es für mich aus.
Damit mußte ich erst einmal zurechtkommen. Wir wurden von einem Phänomen in das andere geschickt, aber das war nicht das Ende, denn plötzlich konnten wir uns nicht mehr bewegen. Der Boden hatte an Härte verloren. Er wurde weich, aber er weichte nicht auf, sondern verwandelte sich in einen zähen Sumpf, der schon sehr bald unsere Füße bis zu den Knöcheln umklammerte und dafür sorgte, daß wir aus eigener Kraft nicht mehr wegkamen …
*
Yakup Yalcinkaya hatte die Festung gesehen. Ihr Auftauchen war für ihn nicht überraschend gekommen, denn sie und Shimada bildeten eine Einheit. Trotzdem hatte ihn ihr plötzliches Erscheinen überrascht und ihn in den Bann geschlagen.
Sein Zorn steigerte sich noch mehr. Er hatte dieses schwarze, unheimliche Gemäuer gesehen. Aus der Entfernung betrachtet wirkte sie normal, aber er wußte auch, das sie aus Hinterlist und Tücke bestand, denn sie war nicht so, wie sie sich gab. Sie konnte blitzartig ihre Gestalt verändern. Sie war dann als Festung nicht zu erkennen, sondern trieb auseinander wie fliehende Schatten, um sich an einem anderen Ort, auch durchaus in fremden Dimensionen, zu einer neuen Form zusammenzusetzen.
Sie war da.
Shimada ebenfalls.
Und Yakup befand sich leider zu weit entfernt. Er sah den Samurai des Satans nicht. Weshalb der sich zurückhielt, konnte er nicht sagen. Shimada hatte seine eigenen Pläne, aber er würde kommen, und er würde seine Feinde vernichten.
Yakup wartete.
Shimada ließ sich Zeit.
Nichts war von ihm zu sehen. Abgetaucht, einfach weg, nur die Festung stand dort wie ein schwarzer Block.
Bis er das Heulen hörte.
Ein aus dem Nichts kommender Sturm, der seine Beute blitzartig holte wie ein Raubtier.
Yakup hatte bereits auf dem Sprung gestanden, nun aber hielt er inne, und seine Hände verkrampften sich um den Schwertgriff, ohne die Waffe allerdings zu ziehen.
Was er sah, war einfach furchtbar. Von einem gewaltigen Sog gepackt trieben vier Menschen auf die schwarze Festung zu, als sollten sie an deren Außenmauern zerschellen.
Es waren John Sinclair, Suko, Gazza – und auch seine Freundin Eva Karman.
Yakup war zu weit entfernt. Er konnte nichts tun. Er kam nicht rechtzeitig genug hin. Er würde sie niemals aufhalten können, und so blieb ihm nur der Schrei der Enttäuschung und der Wut. Dieser Laut hallte über die Insel wie der eines sterbenden Tiers und endete erst dann, als die vier Personen in der Festung verschwunden waren.
Das Mauerwerk hatte sie nicht abprallen lassen. Sie waren von den Schatten geschluckt worden und befanden sich in Shimadas Gewalt.
Der einsame Kämpfer wußte, was das
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