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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Auf dem hügeligen Rasen am Ende des Parks spielten Collegestudenten mit nacktem Oberkörper im Dämmerlicht Frisbee. Junge Frauen in knappen Shirts joggten entlang eines Pfads am Fuß des Hügels. Jenseits des Pfads saß ein Mann allein auf einer Bank und las schweigend die New York Times.
    Khadri.
    Sobald Wells und Qais auf ihn zugingen, erhob er sich und klemmte die zusammengefaltete Zeitung unter den Arm. Jetzt war er noch einhundert Meter entfernt, fünfzig, fünfundzwanzig, zehn. Dann war er nahe genug, um ihn zu berühren. Jetzt ist der Augenblick, um ihn zu töten, sagte sich Wells. Wirf ihn zu Boden und brich ihm das Genick. Oder nimm Qais die Pistole ab und erschieß beide.
    Stattdessen lächelte Wells nur und streckte die Hand aus,
wie Khadri es bei ihrem ersten Treffen getan hatte. Vermutlich würde es ihm gelingen, Qais auszuschalten, aber nicht beide. Vielleicht hatte Khadri auch eine Pistole. Wieder erinnerte er sich an die Jagdausflüge in seiner Jugend. Ihm bliebe nur ein einziger Schuss auf Khadri, deshalb musste er sicher sein.
    Zu Wells’ Überraschung ignorierte Khadri die ausgestreckte Hand und umarmte ihn stattdessen, wobei er ihn fest packte und seine Hände zu einer raschen Leibesvisitation über Wells’ Rücken gleiten ließ.
    Dann gab Khadri ihn wieder frei und trat einen Schritt zurück. »Jalal.« Seit Peschawar hatte ihn niemand mehr mit diesem Namen angesprochen. »Salam aleikum.«
    »Aleikum salam.«
    »Du hast dich verändert.«
    »Ich, ja … Ich habe mein Haar wachsen lassen. Damit ich besser dazupasse.«
    »Warst du auf dem Jazz-Festival?«, erkundigte sich Khadri mit einem Blick auf Wells’ T-Shirt.
    Sein perfekter englischer Akzent schmerzte in Wells’ Ohren. »Ja, für ein paar Stunden. Es war in diesem Park, gleich dort drüben«, dabei deutete er auf die westliche Ecke.
    »Magst du Jazz?«
    »Sicher«, sagte Wells achselzuckend. »Es hat Spaß gemacht. Außerdem hatte ich etwas zu tun.«
    »Während du gewartet hast?«
    »Richtig, während ich gewartet habe.«
    »Qais, gab es irgendwelche Probleme am Flughafen?«
    Qais schüttelte nur den Kopf und schlenderte dann ein paar Schritte weiter, wobei seine Hand wie zufällig wenige Zentimeter neben der Pistole auf der Hüfte lag.
    »Wollen wir ein Stück spazieren gehen? Es ist so ein herrlicher Abend.«

    Während sie langsam über den Joggingpfad schritten, folgte ihnen Qais im Abstand von wenigen Metern, sodass er gerade außer Hörweite war.
    »Hier ist es nett«, sagte Khadri. »Wie ich gelesen habe, wurde der Park von den Söhnen des Landschaftsarchitekten entworfen, der den Central Park in New York anlegte. Allerdings ist der Central Park wesentlich größer.«
    Wells hätte gern gewusst, ob Khadri auf etwas Bestimmtes abzielte, oder bloß laut dachte.
    »Auf dem Weg hierher bist du doch durch New York gekommen, nicht wahr, Jalal?«
    »Ja.«
    »Was hältst du davon?«
    »Von New York? Für mich ist es ein einziges, riesiges Ziel«, sagte Wells wahrheitsgemäß. Am liebsten hätte er Khadri am Hals gepackt und so lange zugedrückt, bis sich das Gesicht des Mannes grau färben und seine Augen aus dem Kopf treten würden.
    »Ist es nicht eine aufregende Stadt? Vor allem der Times Square?«
    »Sicher. Sehr aufregend.«
    »Aber nicht nach deinem Geschmack.«
    »Ich bin in Montana aufgewachsen, Omar. Dort hatte ich die Berge ganz für mich allein.«
    »Wie gefällt es dir hier?«
    »Es ist nett hier, wie du gesagt hast.« Erst jetzt erkannte Wells, dass Khadri tatsächlich nur belanglos über die USA plauderte. Offenbar benötigte selbst er hin und wieder eine Pause.
    »Ist es nicht seltsam, dass einige Orte so … hübsch … sind und andere so grauenvoll, Jalal? Deine Leute leben mit solcher Leichtigkeit.«

    »Zu leicht«, gab Wells zurück. »Sie sollten sich daran erinnern, dass es auf der Welt auch Elend gibt. So viel Ignoranz ist unrecht. Und es sind nicht meine Leute.«
    »Du sagst immer das Richtige, Jalal. Genau das Richtige. Immer klingst du wie einer von uns.«
    Jetzt ist der Augenblick gekommen, dachte Wells. Wenn er Khadri jetzt nicht überzeugen könnte, würde es ihm nie gelingen. »Weil ich einer von euch bin. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll. Bitte mich um etwas, und ich werde es tun.«
    Khadri hielt an und wandte sich zu Wells. »Ich will dir vertrauen, Jalal. Sonst wäre ich erst gar nicht hierhergekommen. Glaubst du mir das?«
    »Ja.«
    »Du kannst für mich – für uns – unglaublich wertvoll

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