John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes
ihm Blut über das Gesicht lief. Aber er wusste nicht, wohin er sich wenden sollte, oder was er tun sollte; wenn er doch in Crenshaw den Erste-Hilfe-Kurs absolviert hätte.
Glassplitter knirschten unter seinen Füßen. Als er beinahe über etwas gestolpert wäre, das auf den ersten Blick wie eine blaue Jeanstasche aussah, wurde er schließlich langsamer. Erst auf den zweiten Blick erkannte er, dass die Tasche ein Bein war, ein Bein, das nicht an einem Körper festhing, nicht mehr. Hölle. Dies war die Hölle auf Erden.
Nur wenige Meter entfernt lag ein Mann unter einem schwarzen Jetta, der leise stöhnte. Es war Ricky, der Junge aus der Schlange. O Gott, dachte Bennett. Ich habe ihm noch gesagt, dass er in diese Richtung gehen soll.
Ricky bewegte sich ein wenig. »Verdammt, hilf mir.«
Sofort stemmte sich Bennet mit der Schulter gegen den Jetta, der sich keinen Millimeter bewegte. Er versuchte es noch einmal.
»Kann mir jemand helfen?«, brüllte er.
Ricky begann zu zittern.
»Bleib ganz cool«, sagte Bennett zu Ricky, dem eben ein anderer Weißer zu Hilfe kam. Als es ihnen gemeinsam gelang,
den Jetta ein paar Zentimeter hochzuheben, griff ein anderer Mann nach Rickys Armen, um ihn unter dem Wagen hervorzuziehen.
Augenblicklich schrie Ricky vor Schmerzen auf. Das war das Schlimmste, was Bennett je gehört hatte. Der Jetta hatte seine Schmerzen gedämpft, indem er die Nervenbahnen an der Hüfte unterbrochen hatte. Erst jetzt, wo sie den Schmerz wieder ungehindert leiteten, lernte Ricky die Qualen seiner Verletzungen kennen.
»Ricky, Ricky … «, stammelte Bennet und drückte Rickys Hand, dessen Heulen allmählich in ein Wimmern überging. »Der Krankenwagen wird gleich hier sein. Nur noch …« In diesem Moment wurde Rickys Hand schlaff. Er hatte das Bewusstsein verloren. Bennett wechselte einen Blick mit den anderen beiden Männern. Wortlos beschlossen sie, Ricky zurückzulassen, um zu sehen, ob sie anderen helfen konnten. Helfen? Nie zuvor hatte sich Bennett so hilflos gefühlt.
Dies war der Augenblick, indem er sich entschied, in die Armee einzutreten. Er würde alle töten, die dies hier verursacht hatten. Das war das Einzige, was er tun konnte.
Im Rückspiegel sah Khadri, wie der Lieferwagen verschwand. Einen Sekundenbruchteil fegte die Druckwelle über ihn hinweg und rüttelte an seinem Wagen.
Nun fuhr er los, sorgfältig darauf bedacht, nicht zu schnell zu fahren. Seine Männer und er hatten den USA heute Nacht einen gewaltigen Schlag versetzt. KNX berichtete bereits über eine massive Explosion in der Westwood-Synagoge. Doch noch bevor er den Highway erreichte, verflog seine Jubelstimmung. Vor ihm lag noch so viel Arbeit.
Und seine nächste Mission würde die heutige Nacht kläglich in den Schatten stellen.
Ricky Gutierrez hätte vielleicht überlebt, wenn er das Krankenhaus rechtzeitig erreicht hätte. Aber die beiden Explosionen überforderten die Polizei und Feuerwehr von Los Angeles. Man hatte sie darauf trainiert, mit einer Bombe fertig zu werden, aber nicht mit zweien, die mehrere Kilometer voneinander entfernt hochgingen. Als die ersten Krankenwagen am Ort des Anschlags in Hollywood eintrafen, waren Ricky und Dutzende andere, die die Explosion überlebt hatten, mittlerweile gestorben.
Zwei Wochen später, als das letzte Opfer im Cedars-Sinai-Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen war, und keine neuen Vermisstenmeldungen mehr eintrafen, zeigte sich, dass die Anschläge von Los Angeles 336 Tote gefordert hatten: 132 in der Synagoge und 204 in Hollywood. Dies waren die schlimmsten Anschläge seit dem 11. September, sodass sich niemand wunderte, als die Al-Quaida die Verantwortung dafür übernahm.
Bereits beim ersten Klingeln wachte Exley auf. Allerdings hatte sie auch noch nicht tief geschlafen. Die Grenze zwischen Schlaf und Bewusstsein, die sie einst mühelos überschritten hatte, schien heute von Stacheldraht und Glassplittern bewacht zu werden. Sobald sie das Telefon abnahm, hörte sie Shafers Stimme. »Sie müssen hereinkommen, Jennifer. « Die im Dunkeln leuchtenden Ziffern auf ihrem Wecker zeigten 1:15 Uhr. »Es gab einen Bombenanschlag. In Los Angeles.«
In ihrem Kopf drehte sich alles.
»Die Sache ist schlimm. Es waren zwei Bomben.« Klick.
Als sie auf ihrem Weg nach Langley das Radio einschaltete, erklärte der Bürgermeister von Los Angeles gerade, dass er
als Notmaßnahme eine Ausgangssperre verhängen werde, die in einer Stunde beginne. »Ausschließlich
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